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       # taz.de -- Mehr Platz für den Radverkehr: Bäume oder Parkplätze
       
       > Die Tangstedter Landstraße soll ordentliche Radwege bekommen. Dafür
       > müssen entweder Parkplätze weichen oder Bäume fallen.
       
   IMG Bild: Baum im Weg: Der Bezirksagbeordnete Kranz demonstriert das Dilemma in der Tangstedter Landstraße
       
       Hamburg taz | Was muss weichen? Autos, Bäume oder Radwege? Um diesen
       [1][Konflikt] geht es in der Tangstedter Landstraße unweit der
       U-Bahnstation Langenhorn Nord. Die [2][Bürgerinitiative „Neue Tala – Platz
       für alle“] sammelt Unterschriften für ein Bürgerbegehren zur Erhaltung von
       mindestens 220 und damit fast allen Parkplätzen im öffentlichen Raum.
       
       Timo B. Kranz, Fraktionschef der Grünen Nord, warnt: „Wer zur Forderung der
       Initiative ja sagt, unterschreibt gleichzeitig dafür, rund 90 Bäume für
       Anwohnerparkplätze zu fällen.“ Dagegen versichert die Initiative, ihre
       Maximalforderung stehe nur auf dem Papier: Sie strebe eine „einvernehmliche
       Lösung“ an. Doch die wechselseitigen Wünsche sind schwer miteinander zu
       vereinbaren.
       
       Die Tangstedter Landstraße führt durch eine Reihenhaussiedlung mit lang
       gestreckten Gartengrundstücken. Sie ist eine in die Jahre gekommene
       Nord-Süd-Achse, die grundlegend saniert werden muss. Das schließt die
       schmalen Geh- und Radwege ein. Die Sanierung soll nach den [3][Plänen des
       Bezirksamtes Nord] „Verbesserungen für alle Verkehrsteilnehmer/innen“
       bringen.
       
       Hierzu sollen 1.000 Meter Fahrbahn auf die Mindestbreite von 6,50 Meter
       verschmälert und auf der einen Seite ein 2,25 Meter breiter Radfahrstreifen
       abmarkiert werden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sollen die
       Längsparkplätze wegfallen, sodass dort ein zwei Meter breit gebauter Radweg
       plus Sicherheitsstreifen angelegt werden kann. Bei dieser Lösung würden
       rund 90 bis zu 200 Jahre alte Bäume erhalten bleiben, aber 200 von 242
       Parkplätzen wegfallen.
       
       ## Pflegedienste drohen mit Kündigung
       
       Die Unterstützer der Bürgerinitiative halten das für Unsinn. „Wenn wir
       abends nach Hause kommen, würden hier die Autos kreisen“, prognostiziert
       Olaf Reichelt, Vertrauensmann des Bürgerbegehrens. Nur wenige Anwohner
       haben Parkplätze auf ihren Grundstücken. Pflegedienste hätten gedroht, zu
       kündigen, wenn sie nicht mehr parken könnten, sagt Reichelt. Außerdem gebe
       es ein Altenheim und einen Kindergarten in der Straße. Nach einer Zählung
       des Bezirksamts sind die Parkplätze je nach Straßenabschnitt zu 60 bis 80
       Prozent belegt.
       
       Reichelt beteuert, dass auch die Bürgerinitiative die Bäume erhalten wolle.
       Ein möglicher Kompromiss wäre aus seiner Sicht, die [4][Radwege] nicht auf
       die ordnungsrechtlich vorgesehene Maximalbreite hin auszulegen und
       beidseits auf die Straße zu verlegen. In Kombination mit Tempo 30 könne das
       eine Lösung sein. Den Grünen wirft er in diesem Zusammenhang eine
       „dogmatische Haltung“ und „Schwarzweiß-Denkweise“ vor.
       
       Das Bezirksamt unter seinem grünen Leiter Michael Werner-Boelz sieht das
       anders. „Bei dem letzten Gespräch mit der Initiative wurde gemeinsam
       festgestellt, dass deren Alternativplanungen aus Gründen der
       Verkehrssicherheit nicht umsetzbar wären“, teilte dessen Sprecher mit.
       Aufgrund des Verkehrsaufkommens und des Busverkehrs dürften bestimmte
       Regelbreiten nicht unterschritten werden.
       
       Auf dem betreffenden Abschnitt der Tangstedter Landstraße herrscht mit
       15.000 bis 20.000 Autos täglich viel Verkehr. Ab 10.000 Fahrzeugen täglich
       zwang die Polizei Radfahrer früher auf Radwege. Dazu kommt in jeder
       Richtung alle fünf bis zehn Minuten ein [5][192er-Bus]. Den Radfahrstreifen
       auf die zulässig Mindestbreite zu verschmälern, würde 40 Zentimeter bringen
       – nicht genügend Platz für einen Radweg auf der anderen Straßenseite.
       
       Das Bezirksamt schreibt weiter: „Im Ergebnis waren sich die Beteiligten
       einig, dass die politischen Gremien die Frage beantworten müssen, ob für
       den Erhalt von Parkplätzen Bäume geopfert werden sollen.“ Die rot-grün
       dominierte Bezirksversammlung hat sich für die Bäume ausgesprochen.
       
       „In 2020 Bäume für Parkplätze zu opfern, finde ich nicht mehr angemessen“,
       sagt Grünen-Fraktionschef Kranz. Radwege hätten die gleiche
       Erschließungsfunktion wie Fußwege und Autostraßen. Im Übrigen habe, wer
       sich ein Auto anschaffe, kein Anrecht auf einen Parkplatz im öffentlichen
       Raum. Weitere Parkplätze in den Gärten zu schaffen, verbiete der
       Denkmalschutz.
       
       Obwohl es Gespräche zwischen der Initiative und dem Bezirksamt gab,
       kritisiert die Initiative „die immer noch anhaltende Nichtbeteiligung aller
       Betroffenen“. Das Bezirksamt plant deshalb jetzt eine digitale
       Informationsveranstaltung. Unterdessen sammelt die Initiative
       Unterschriften für ihr [6][Bürgerbegehren]. Bei 4.900 Unterschriften muss
       sich die Bezirksversammlung mit ihrem Anliegen noch einmal befassen.
       
       Die SPD, Koalitionspartnerin der Grünen in Nord, hat in einer
       Pressemitteilung bereits angemahnt, der tatsächliche Platzbedarf für
       parkende Autos und den Fahrradverkehr müsse neu ermittelt werden. Für den
       Ausbau von Radwegen sei eine breite Akzeptanz nötig „und daher auf
       Baumfällungen und den Rückbau von Parkplätzen zu verzichten“.
       
       Reichelt erinnert daran, dass in der nächsten Parallelstraße die
       [7][Veloroute 4] verläuft und die Radler damit gut bedient seien. Einige
       der großen Bäume zerstörten die Gehwege und die Straße und machten damit
       die Instandsetzung in kürzester Zeit zunichte. Möglicherweise sei es schon
       aus diesem Grund nötig, einige davon zu fällen. Auf das scharf formulierte
       Ziel des Bürgerbegehrens angesprochen sagt er: „Letztendlich wollen wir ins
       Gespräch kommen.“
       
       5 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kampf-fuer-neue-Verkehrspolitik/!5671362
   DIR [2] https://neue-tala.de/
   DIR [3] https://sitzungsdienst-hamburg-nord.hamburg.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1009409
   DIR [4] /Automobilclub-kritisiert-Infrastruktur/!5721404
   DIR [5] https://geofox.hvv.de/jsf/showLineScheduleResult.seam?LANGUAGE=de_DE&language=de_DE&cid=6291
   DIR [6] https://www.hamburg.de/buergerbegehren/11642772/buergerbegehren-und-buergerentscheid/
   DIR [7] https://veloroute.hamburg/article/2018-12-29-4-immenhoeven-foorthkamp?bounds=10.017338%2C53.661741%2C10.025291%2C53.663909&img=m2_JOfDqPdoW18ayqFTlQA
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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