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       # taz.de -- Australiens Ex-Botschafter zu China: „Strategie basiert auf Schwäche“
       
       > Australiens Exbotschafter in China warnt vor zu viel „strategischem
       > Misstrauen“ im Umgang mit Peking. Das sei antagonistisch – und auch
       > unnötig.
       
   IMG Bild: Zu schnell und zu laut: Ausschluss von Huawei für das 5G-Netz in Australien
       
       taz: Herr Raby, Sie haben als Botschafter vier Jahre lang Chinas Aufstieg
       verfolgt. Wie wird China die Weltordnung verändern? 
       
       Geoffrey Raby: Die neue Weltordnung formiert sich nicht gerade, sondern
       existiert bereits! Wir haben mit China und den USA zwei Weltmächte, wobei
       Chinas Einflusssphäre de facto über ganz Eurasien bis nach Warschau reicht.
       Auch Russland hat sich im Zuge der Sanktionspolitik zunehmend nach Osten
       gewandt. In dieser neuen Weltordnung hat Australien Schwierigkeiten,
       seinen Platz zu finden. In den letzten Jahren hat sich das Land zunehmend
       mit den USA verbrüdert, was keinen Sinn macht, da wir wirtschaftlich von
       China abhängen und auch von der Volksrepublik nicht strategisch
       herausgefordert werden.
       
       Aber wohl kein Staat hat zuletzt wirtschaftliche [1][Vergeltungsaktionen
       von China] stärker zu spüren bekommen – nur, weil Premier Morrison eine
       Untersuchungskommission zum Ursprung des Coronavirus forderte … 
       
       Unsere bilaterale Beziehung ist derzeit stark von strategischem Misstrauen
       geprägt. Wenn es etwa um den Territorialstreit im Südchinesischen Meer geht
       oder auch beim Ausschluss von Huawei für das 5G-Netz, dann sind wir stets
       die Lautesten und Ersten. All das ist total antagonistisch – und auch
       unnötig.
       
       Wie soll denn eine kluge China-Politik Australiens aussehen? 
       
       Bleiben wir beim [2][Beispiel Huawei]: Mir geht es nicht so sehr darum, ob
       man Huawei ausschließen muss oder nicht. Ich kritisiere vielmehr die Art
       und Weise, wie das gemacht wurde. Wir waren die Ersten, hatten die größte
       Klappe, haben gar öffentlich von einer „bösartigen Infiltrierung“ unseres
       Sicherheitsnetzes gesprochen. Wir sollten zwar klar im Umgang mit China
       sein und auch mit Ländern in der Region zusammenarbeiten, die ähnliche
       Sorgen über Chinas Verhalten haben – gleichzeitig sollten wir jedoch die
       Bedrohung, die von China ausgeht, nicht übertreiben.
       
       Wie meinen Sie das? 
       
       Man kann zwar auf Chinas Führung die bösartigsten Dinge hineinprojizieren,
       doch sind ihre Fähigkeiten eingeschränkt – etwa durch die Verteidigung von
       22.000 Kilometern Landesgrenze oder einer völligen Abhängigkeit vom
       Weltmarkt in Bezug auf Mineralien. Chinas Strategie basiert auf Schwäche,
       nicht Stärke – und einer existenziellen Unsicherheit. Ein wichtiges Element
       Teil von Chinas Strategie ist bis heute, den Nationalstaat zusammenzuhalten
       in einer Welt, die von der Staatsführung als außerordentlich bedrohlich
       wahrgenommen wird. Vieles von Chinas Verhalten kann man auf diesen Weg
       verstehen – etwa in Tibet, Xinjiang, Taiwan oder Hongkong. Chinas
       außenpolitische Machtdemonstrationen sind hingegen vor allem dadurch
       motiviert, die Welt angenehmer für die KP zu machen – indem die chinesische
       Diaspora im Ausland nicht zur Brutstätte der Opposition wird.
       
       30 Dec 2020
       
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