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       # taz.de -- Katholiken in Belarus: Der Erzbischof ist wieder da
       
       > Zu Weihnachten kam auf Bitte des Papstes Tadeusz Kondrusiewicz in die
       > Heimat zurück. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk.
       > Folge 46.
       
   IMG Bild: Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz während der Heilige Messe an Heiligabend in Minsk
       
       In der „Weißen“ Kirche hielt der Erzbischof von Minsk-Mogilew [1][Tadeusz
       Kondrusiewicz] in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember die Heilige Messe.
       Als sie ihn sahen, begrüßten ihn die Menschen in der überfüllten Kirche mit
       langem, tosendem Applaus. Einige der Besucher weinten.
       
       Ende August hatte der Kleriker öffentlich das Vorgehen der Sonderpolizei
       OMON verurteilt, als die Siloviki (Einsatzkräfte aus Armee und
       Geheimdienst, Anmerkung d.Redaktion) in der Minsker Roten Kirche während
       ihrer Jagd auf Demonstranten Protestierende eingesperrt hatten.
       
       Nachdem der Erzbischof aus kirchlichen und familiären Gründen nach Polen
       gereist war, konnte er nicht zurückkehren. Kondrusiewicz wurde an der
       Grenze zurückgeschickt, sein belarussischer Reisepass für ungültig erklärt
       und er kam auf die Liste derer, die Einreiseverbot haben. Lukaschenko
       beschuldigte den Priester der Absicht, „das Land zu zerstören“ und der
       Spionage gegen Minsk im Auftrag polnischer Behörden.
       
       „Als ich heute die Grenze überquerte, habe ich den Fahrer gebeten
       anzuhalten, ich kniete nieder, küsste die Erde, dankte Gott für meine
       Rückkehr. Das ist mein Land, hier bin ich aufgewachsen. Und ich möchte hier
       leben, ich möchte hier dienen. Ich habe mich nie gegen Belarus geäußert und
       habe immer die Interessen meines Landes verteidigt“, sagte Kondrusiewicz
       vor Journalisten.
       
       Während eines Arztbesuches kommentierte Präsident Alexander Lukaschenko die
       Rückkehr Kondrusiewicz': „Die Position war immer, dass es wichtig ist, dass
       er zu diesen katholischen Feiertagen nach Belarus zurückkehrt. Wissen Sie,
       Katholiken sind besondere Menschen, aber sie haben uns noch nie
       irgendwelche Probleme bereitet. Und ich dachte, das wird wahrscheinlich ein
       kleines Plus für diese Katholiken und sie werden das zu schätzen wissen.
       Und er [Tadeusz Kondrusiewicz], inwiefern ist er jetzt für uns
       gefährlich?“Und Lukaschenko fasst zusammen: „Es gab keine politischen
       Spiele. Ich schwöre.“
       
       In Belarus gehen unterdessen die Festnahmen weiter. Vor wenigen Tagen
       nahmen Siloviki die Leitung des „Presse-Clubs“, einer Bildungsplattform für
       Journalisten, fest. Gegen die Gründerin wurde ein Strafverfahren eröffnet
       wegen Nichtzahlung von Steuern in besonders großem Maßstab, und gegen ihre
       Mitarbeiter wegen der Mitschuld an dem Verbrechen.
       
       Während ich diese Kolumne schreibe, höre ich durch das Fenster, wie
       Dutzende von Menschen schon den zweiten Sonntag in Folge [2][mit
       weiß-rot-weißen Fahnen] an meinem Haus vorbeiziehen und skandieren:
       „Schaltet die Gehirne ein und nicht die Fernseher!“ Die Proteste gehen
       weiter.
       
       Aus dem Russischen [3][Gaby Coldewey]
       
       31 Dec 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Olga Deksnis
       
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