# taz.de -- Verurteilung von Alexei Nawalny: Angst vor dem Kremlkritiker
> Die angespannte Wirtschaftslage und das harte Vorgehen gegen den
> Kremlkritiker Alexei Nawalny könnten seinen Mitstreiter*innen Auftrieb
> geben.
IMG Bild: Alexei Nawalny am Sonntag in Berlin vor seinem Rückflug nach Moskau
Erbärmlich: Das ist die Vorstellung, die seit Sonntagabend in Moskau über
die Bühne geht. Der Kremlkritiker Alexei Nawalny [1][wird im
Schnellverfahren zu 30 Tagen Arrest] verurteilt, seine Festnahme am
Flughafen Scheremetjew folgte dem Drehbuch der föderalen Behörde für
Strafvollzug (FSIN): Die Bewährung wegen Verstoßes gegen Auflagen
rückwirkend in eine dreieinhalb jährige Haftstrafe umzuwandeln – ein
Vorhaben, das selbst nach russischen Gesetzen juristisch fragwürdig ist.
Auch das Vorspiel war aufschlussreich. Ein von Sicherheitskräften
belagerter Flughafen Wnukowo, Dutzende Festnahmen und eine Umleitung der
Maschine aus „technischen Gründen“. Das ist erstaunlich viel Aufhebens um
einen angeblich politischen Niemand, den der Geheimdienst FSB, um mit
Präsident Wladimir Putin zu sprechen, mühelos hätte ins Jenseits befördern
können, so er willens gewesen wäre.
[2][Die Demonstration der Stärke lässt tief blicken]. Im Kreml geht
offensichtlich die Angst um, aus gutem Grund. Selbst wenn Nawalny auf Jahre
hinter Gittern verschwinden sollte, wäre das „Problem“ für Russlands
Regierung, auch im Hinblick auf die Duma-Wahlen im September, [3][nicht aus
der Welt geschafft]. Im Gegenteil: Angesichts eines wachsenden Unmuts in
der Bevölkerung auch aufgrund einer angespannten Wirtschaftslage könnte das
harte Vorgehen gegen Nawalny dessen Mitstreiter*innen sogar Auftrieb
geben.
Die Reaktionen vieler westlicher Politiker*innen sind so ritualisiert
wie hilflos: die Forderung nach sofortiger Freilassung sowie Einhaltung
rechtsstaatlicher Prinzipien. Den Vogel schießt Bundesaußenminister Heiko
Maas mit seiner Äußerung ab, die Festnahme Nawalnys sei völlig
unverständlich.
Die baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland haben die EU zu einer
deutlichen Reaktion an die Adresse Moskaus aufgefordert. Gerade diese
Stimmen sollten in Brüssel ernst genommen werden. Alles andere bedeutete
einen weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit und wäre um keinen Deut besser
als das, was in Moskau geschieht.
18 Jan 2021
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## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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