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       # taz.de -- Die Wahrheit: „Auch ich bin kein Ponyhof!“
       
       > Das Wahrheit-Interview zum wirtschaftlichen Marktgeschehen in der
       > Coronapandemie mit einem parteiischen Superexperten.
       
   IMG Bild: Auch in der Auslage gilt Maskenpflicht
       
       Dr. Ulrich-Horst Bohnekamp ist Sprecher des Vereins Marktwirtschaft für
       alle. Die Wahrheit traf ihn zum Interview draußen vor der Redaktionstür. 
       
       taz: Herr Bohnekamp, Sie haben von Anfang an die wirtschaftspolitischen
       Maßnahmen im Kampf gegen die Coronaseuche in Grund und Boden kritisiert.
       Warum? 
       
       Ulrich-Horst Bohnekamp: Der Staat wirft Billionen Euro in Deutschland,
       Europa und den Vereinigten Staaten zum Fenster hinaus mit dem einzigen
       Zweck, draußen in der Natur das frei gewachsene Wirtschaftsleben zu
       manipulieren. Das führt zu einer üblen Verzerrung des Marktgeschehens.
       
       Aber sichert es nicht Arbeitsplätze? 
       
       Und rettet Menschenleben, ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Aber wenn wir
       alle etwas aus den gut geölten Jahrzehnten seit Reagan und Thatcher gelernt
       haben, dann, dass der Staat seine dicke Nase von der Wirtschaft
       fernzuhalten hat. Der Wettbewerb kann nur funktionieren, wenn alle
       Teilnehmer unter denselben Bedingungen agieren und der Staat nicht durch
       Geschenke, Subventionen oder Gesetze die einen bevorteilt, die anderen
       benachteiligt und manche einfach aus dem Wettbewerb kegelt, wie eine blinde
       Kuh, wenn Sie verstehen.
       
       Nein. Aber geht es, wie Ihnen zu Recht herausgerutscht ist, nicht auch um
       Menschenleben? 
       
       Man muss immer beide Seiten betrachten. Und dann sieht man, dass es die
       längst ins Schwimmen geratenen Wettbewerber sind, die zu Lasten ihrer
       starken und gesunden Konkurrenten vom Staat mit Unsummen an nacktem Geld
       künstlich beatmet werden. Niemand würde doch von fairem Wettbewerb
       sprechen, wenn der eine Läufer beim 100-Meter-Sprint mit seinen natürlichen
       Beinen laufen muss und sein Konkurrent mit einem vom Staat finanzierten
       Popotriebwerk in zwei Sekunden von null auf unendlich beschleunigt.
       
       Herr Dr. Bohnekamp, soll sich Ihrer Meinung nach der Staat aus der
       Wirtschaft vom Scheitel bis zur Sohle herauszuhalten? 
       
       Das Wirtschaftsleben ist kein Ponyhof, wo einen am Ende schon der liebe
       Gott aus dem Schlamassel herausholen wird, wenn Sie verstehen. Die
       Wirtschaft lebt vom freien Spiel ihrer Kräfte, und der Staat mit seinen
       Zwangsmitteln und Bandagen ist ihr natürlicher Feind. Wir haben doch nicht
       die DDR weggepustet, damit sich die Wirtschaft erneut die Leine umlegen
       lässt! Und ich ebenso wenig, auch ich bin kein Ponyhof!
       
       Darf ich das so verstehen, dass schlechtsitzende Unternehmen kein Recht
       haben, den Staat auf allen Vieren anzugehen und Geld abzumelken? 
       
       Die Regierung anbohren?! Das ist in einer offen lebenden Marktwirtschaft
       ein absolutes No-Go! Sonst wachen wir morgen im Sozialismus auf und sind
       tot!
       
       Nun schiebt die Bundesregierung aber seit Anbeginn der Zeiten der
       Autoindustrie, den Stahlkonzernen und Energieriesen, gerade jetzt auch den
       Fluggesellschaften und Reiseunternehmen säckeweise Milliarden zu. Falsch? 
       
       Richtig, das ist falsch. Am Ende der Kette zahlen doch die Bürger alles und
       noch viel mehr. Besser, sie wählen selber durch ihre freie und gleiche
       Entscheidung an der Ladentheke oder im Internet, was sie kaufen wollen und
       was nicht. So geht Demokratie!
       
       Apropos Bürger, jahrhundertelang haben Unternehmer und Politiker
       Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft des zweibeinigen Individuums
       beschworen. 
       
       Alles liberale Tugenden, die ihnen nun selber bis unter die Hose abgehen!
       Es ist eine Schande, dass sie sich dem weichgespülten Zeitgeist anpassen,
       statt ihr liberales Ethos unbeirrt hochzuhalten und die Krise als Chance zu
       begreifen, ihre liberal eingesessene Weltanschauung vom Kampf ums Dasein im
       Hexenkessel der Wirtschaft und dem Überleben der Tüchtigsten jetzt erst
       recht zu vertreten. Im Sturm zeigt sich der Charakter wie die Wurst auf dem
       Brot, wenn Sie verstehen!
       
       Ich rudere zurück zum eigentlichen Anlass unseres Gesprächs: Muss man
       folglich jemanden sterben lassen, der im Coronabett liegt und mit
       Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft nicht mehr weiterkommt? 
       
       Fehlverhalten gehört bestraft, sehr richtig. Das ist in der Wirtschaft
       nicht anders als in der freien Wildbahn, deshalb heißt es freie
       Marktwirtschaft, auch im Gesundheitswesen! Entweder bin ich Pudding oder
       Löffel, wenn Sie verstehen. Dass niemand es gerne sieht, wenn nützliche
       Arbeitnehmer und geldwerte Kunden sterben, können Sie mir aber glauben.
       
       Jeder ist seines Glückes wie seiner Gesundheit Schmied? Jeder ist ein
       Einzelfall, wohingegen die Gesellschaft … 
       
       So etwas wie Gesellschaft gibt es nicht. Das hatte doch schon damals in den
       goldenen Zeiten die gute, alte Margaret Thatcher mit ihrem hellen Köpfchen
       oben unter der Frisur ganz richtig und betonhart erkannt!
       
       Nicht die Gesellschaft, aber den Staat gibt es auf dieser Erde. Hat der
       denn wenigstens eine gute Seite? 
       
       Als überzeugter Liberaler bin ich der Auffassung, dass nicht der mündige,
       kaufkräftige Bürger, sondern der Staat in Quarantäne muss. Und zwar
       stupido. Äh, subito!
       
       Herr Dr. Bohnekamp, wir danken Ihnen für das Gespräch.
       
       19 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Köhler
       
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