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       # taz.de -- Repression in Russland: Überall Agenten
       
       > Kurz vor Jahresende hat die Duma ein paar schärfere Gesetze
       > durchgepeitscht. So will sie im Wahljahr die Opposition unter Kontrolle
       > bekommen.
       
   IMG Bild: Die Anti-Korruptionsstiftung von Alexei Nawalny ist bereits als „ausländischer Agent“ registriert
       
       Gegen Ende Dezember werden in Russland gern in großer Eile neue Gesetze
       beschlossen, Urteile gefällt, neue Verfahren eingeleitet. Im gerade
       ausgelaufenen Jahr fielen Eile – und Härte – besonders groß aus. Im Blick:
       die [1][Duma-Wahl] in diesem Jahr.
       
       „Irrer Drucker“ nannten manche russische Journalist*innen das russische
       Parlament, nachdem dieses kurz vor Jahresende ein repressives Gesetz nach
       dem anderen verabschiedet hatte. Manche Abgeordnete schafften es nicht
       einmal, die Gesetzestexte zu lesen, für oder gegen welche sie stimmen
       sollten, manche Vorlagen passierten innerhalb nur eines Tages alle drei
       Lesungen.
       
       Vor allem die Verschärfung des sogenannten Agentengesetzes macht das Leben
       der Opposition schwer. Bereits seit 2012 müssen sich
       Nichtregierungsorganisationen und Medien, die finanzielle Unterstützung aus
       dem Ausland bekommen, [2][als „ausländischer Agent“ registrieren], jede
       Kommunikation mit diesem Zusatz markieren und besondere Rechenschaft vor
       dem Staat ablegen.
       
       Nun sollen auch Organisationen und Menschen, die auch nur ideell
       Unterstützung aus dem Ausland bekommen, zu „Agenten“ werden. Medien müssen
       ebenfalls darauf verweisen, wenn sie über die Organisationen oder Menschen
       schreiben.
       
       [3][Die Auslegung des Gesetzes öffne staatlicher Willkür alle Türen], sagen
       Beobachter*innen. Das Gesetz könnte leicht auch die Unterstützer von Alexei
       Nawalny treffen. Seine Anti-Korruptionsstiftung ist bereits als
       „ausländischer Agent“ registriert.
       
       [4][Nawalnys Methode des „Klugen Wählens“], mit der er dazu aufruft, für
       bestimmte Kandidat*innen zu stimmen, nur nicht für solche der
       Regierungspartei, gilt als Instrument ausländischer Einmischung, ebenso
       seine Seminare für Wahlbeobachter*innen oder Politikkurse. Auch
       jegliche kritische Publikation über Politiker*innen von „Einiges
       Russland“, selbst in sozialen Medien, werden als Agententätigkeit gewertet.
       
       In den Augen der Behörden muss zudem klar sein, wer „Kandidaten-Agent“ und
       wer „Kandidat, verbunden mit einem ausländischen Agenten“ sei. Als so
       Gebrandmarkte dürfte der Opposition der Wahlkampf schwerfallen.
       
       Zumal auch das Versammlungsrecht eingeschränkt worden ist. Ein „Agent“ darf
       keine Proteste mehr anmelden. Einzelmahnwachen, bislang nicht
       genehmigungspflichtig, sind ebenfalls erschwert. Bilde sich eine Schlange
       an Wartenden daneben, gelte das als nicht genehmigte Demonstration und
       müsse sofort unterbunden werden.
       
       ## Kreml signalisiert Entschlossenheit
       
       „Es sind überall Minen“, sagt Grigori Melkonjanz, der Vorsitzende der
       [5][Wahlbeobachtungsorganisation „Golos“ (Stimme)]. Auch seine Organisation
       hatten die Behörden 2013 zum „ausländischen Agenten“ erklärt.
       
       Die neuen Gesetze geben vor, das Land vor angeblicher Einmischung aus dem
       Ausland zu schützen. „Wir werden dieser Einmischung effektiv
       entgegenwirken, wenn die überwiegende Mehrheit unserer Bürger versteht,
       dass es Einmischung ist“, sagte [6][der russische Präsident Wladimir Putin
       bei seiner Jahrespressekonferenz im Dezember].
       
       „Bei der Wahl muss alles reibungslos ablaufen, ohne jeglichen Lärm“,
       zitiert das russischsprachige Online-Portal Meduza einen Mitarbeiter der
       Duma.
       
       18 Jan 2021
       
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   DIR Inna Hartwich
       
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