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       # taz.de -- Rolle von Schulen bei Coronaverbreitung: Viele offene Fragen
       
       > Kinder haben bei Corona-Infektionen zwar oft keine Symptome, können das
       > Virus aber weitertragen. Wie ansteckend sie sind, ist wissenschaftlich
       > unklar.
       
   IMG Bild: Der Umgang mit Schulen in der Pandemie wird intensiv diskutiert
       
       Berlin taz | Noch Mitte Oktober behauptete Bundesfamilienministerin
       Franziska Giffey felsenfest: [1][Kinder seien weder Infektionsherde noch
       Infektionstreiber.] Deswegen könnten Schulen und Kindergärten offen
       bleiben. Sie seien sicher, versicherte die SPD-Politikerin.
       
       Sie berief sich auf Zwischenergebnisse einer unter anderem von ihrem
       Ministerium in Auftrag gegebenen Studie. Diese ergab, dass zwischen Mitte
       März und Mitte September lediglich rund zehn Prozent der beteiligten Kitas
       einen Verdachtsfall für Corona aufwiesen. Höchstens ein Prozent der
       Einrichtungen hatte mit einem tatsächlichen Infektionsfall zu tun. Nur:
       Genau in diesen Zeitraum fielen die Sommermonate. Und in dieser Zeit war
       das Infektionsgeschehen in Deutschland insgesamt niedrig.
       
       Wie ansteckend Kinder sind, ist wissenschaftlich tatsächlich nicht
       abschließend geklärt. Zwar gibt es viele Untersuchungen – jedoch mit teils
       recht unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Meta-Analyse britischer Forscher
       vom Herbst kam zu dem Ergebnis, dass Kinder eher eine untergeordnete Rolle
       bei der Weitergabe des Virus spielen.
       
       Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hingegen fasste jüngst mehrere
       weltweit erhobene Studien zusammen und kam zu dem Ergebnis: Kinder jeden
       Alters können infiziert sein und das Virus auf andere übertragen. Sie
       zeigten bloß seltener Symptome als Erwachsene. „Wer weniger Symptome hat,
       ist in der Regel weniger ansteckend“, vermutet auch der Abteilungsleiter am
       Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Uniklinik Freiburg, Philipp
       Henneke.
       
       Unentdeckte Infektionen als Tücke Coronas 
       
       Doch eben weil sie weniger oder oft auch gar keine Symptome zeigen, werden
       infizierte Kinder von den Eltern gar nicht als solche erkannt, ergo auch
       nicht getestet. Aus epidemiologischer Sicht sind aber genau diese
       unentdeckten Infektionen das Tückische an der Pandemie. Ansteckungen lassen
       sich nicht mehr eindeutig nachvollziehen.
       
       Christian Drosten, Chefvirologe der Berliner Charité, hatte auf Basis einer
       eigenen Studie schon im vergangenen Mai darauf hingewiesen, dass Kinder
       beim Infektionsgeschehen durchaus eine Rolle spielten. Kleinkinder seien
       nur deswegen weniger ansteckend, weil sie aufgrund ihrer Größe in
       geschlossenen Räumen nicht ganz so viele Aerosole einatmeten wie etwa
       Erwachsene, lautete damals seine Vermutung. Ihre geringere Empfänglichkeit
       würden viele von ihnen durch ihr Verhalten, also ihre vielen und engen
       Sozialkontakte, ausgleichen.
       
       Für diese Feststellung wurde Drosten in der Bild-Zeitung scharf kritisiert.
       Eine Antikörperstudie des Helmholtz Zentrums München an 11.000 Kindern in
       Bayern, die im April erhoben wurde, gab ihm wenig später recht. Sie ergab,
       dass in Bayern sechsmal mehr Kinder mit dem Coronavirus infiziert waren als
       in den offiziellen Zahlen benannt.
       
       Dass [2][Schulen keine Infektionsgefahr] darstellten, hält Drosten
       inzwischen für widerlegt. „Man sieht durchaus, dass es ein erhebliches
       Infektionsgeschehen in Schulen gibt“, warnte Drosten Mitte Dezember in
       seinem Podcast, „das muss man einfach langsam mal anerkennen.“
       
       Schulen, so Drosten, hätten „Netzwerkfunktion“ – er spricht von einem
       „Pingpong-Effekt“: Das Virus werde von einem Kind in die Familie getragen,
       vom Geschwisterkind dann in eine andere Klasse und so weiter. Studien aus
       England zeigten sogar, dass es in den Jahrgängen oberhalb der Grundschule
       „mehr Infektionsgeschehen als in der normalen Bevölkerung“ gebe. Für
       Deutschland gebe es zwar bisher keine vergleichbaren Studien, aber auch
       „keinen Grund, zu denken, dass das bei uns anders wäre als in England“.
       
       6 Jan 2021
       
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