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       # taz.de -- Coronakrise in Spanien: Die dritte Welle ist da
       
       > In Spanien steigen die Neuinfektionen wieder so schnell wie im Frühjahr
       > 2020. In bevölkerungsstarken Regionen gehen die Impfungen schleppend
       > voran.
       
   IMG Bild: Die dritte Coronawelle hat Spanien erreicht, Krankenhäuser könnten bald an ihre Grenzen stoßen
       
       Madrid taz | Weihnachten – oder besser gesagt das Weihnachtsgeschäft –
       musste in Spanien um jeden Preis gerettet werden. Darin waren sich Zentral-
       und Regionalregierungen einig. Und es funktionierte: Fotos von überfüllten
       Fußgängerzonen und Einkaufszentren machten die Runde.
       
       Doch nun kommt die Rechnung: Die Zahl der [1][Corona-]Neuinfektionen steigt
       so schnell wie seit dem Frühjahr nicht mehr. Je nach Region vermelden die
       Gesundheitsbehörden eine Zunahme zwischen 30 und über 40 Prozent in nur
       sieben Tagen. Pro 100.000 Einwohner sind es im spanischen Schnitt 184 neue
       festgestellte Fälle in einer Woche. Die Zahl der Krankenhauspatienten
       steigt, die Kranken auf den Intensivstationen ebenfalls. Über 24 Prozent
       der Intensivbetten sind mit Covid-Fällen belegt. Tag für Tag sterben
       zwischen 200 und 300 Patienten. Die dritte Coronawelle ist da, daran
       zweifelt niemand mehr.
       
       Plötzlich redet niemand mehr von der Bewegungsfreiheit der Bürger oder vom
       Recht darauf, die Familie zu besuchen. Gesundheitsminister Salvador Illa
       fordert die Spanier auf, die Mobilität und soziale Kontakte „so weit wie
       möglich einzuschränken“. Die Regionalregierungen erlassen alle nur
       erdenklichen Maßnahmen und stützen sich dabei [2][auf den Alarmzustand],
       der noch bis zum 9. Mai gültig ist.
       
       In Katalonien dürfen die Menschen bis auf weiteres ihre Gemeinde nicht
       verlassen. Gaststätten und Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmetern dürfen
       nicht öffnen. Das Gleiche gilt für Fitnessstudios und Sporthallen. Seit dem
       23. Dezember ist im Nordosten Spaniens rund um Barcelona die Zahl der
       Intensivpatienten um 32 Prozent gestiegen. Geht dies so weiter – und alles
       spricht dafür –, dann werden die Intensivstationen bereits in einer Woche
       an ihre Grenzen stoßen.
       
       ## Bildungseinrichtungen bleiben geöffnet
       
       Auch in der Region Madrid dürfen 1,2 der 6,6 Millionen Einwohner ihre
       Gemeinde oder Stadtteil nicht verlassen. Und im zentralspanischen Castilla
       y León wird die Abschottung der gesamten Region ab Montag bis zum 9. Mai
       verlängert. Überall im Lande gelten weiterhin nächtliche Ausgangssperren.
       Im südspanischen Andalusien müssen Kneipen und Restaurants um 18 Uhr
       schließen. Die Ausgangssperre wird von bisher 23 Uhr auf 22 Uhr vorgezogen.
       In der Region Valencia müssen Gaststätten gar um 17 Uhr die Jalousien
       runterlassen. Und auf Mallorca schließen ab Dienstag für mindestens zwei
       Wochen alle Einkaufszentren, Kneipen und Fitnessstudios. Schulen und Unis
       bleiben jedoch fast überall in Spanien geöffnet.
       
       Einen vollständigen Lockdown, wie der von Mitte März bis Ende Mai 2020,
       schließt das spanische Gesundheitsministerium bisher aus. Minister Illa
       hofft, dass die regionalen Maßnahmen greifen. Zudem sollen die am 27.
       Dezember angelaufenen Impfungen gegen Covid-19 helfen, der Lage Herr zu
       werden.
       
       ## Impfungen teilweise nur schleppend
       
       Doch das könnte ein frommer Wunsch bleiben. Denn während einige Regionen –
       allen voran das nordspanische Asturien – mit allen Mitteln die wöchentlich
       ankommenden Impfdosen verabreichen, läuft die Kampagne ausgerechnet in
       bevölkerungsstarken und von Covid-19 extrem betroffenen Regionen mehr als
       zögerlich an.
       
       Am schlechtesten schneidet die Hauptstadtregion Madrid ab. Dort wurden
       bisher nur 14,3 Prozent der Impfungen eingesetzt. Die konservative
       Regionalregierung habe die Impfkampagne nicht vorbereitet, kritisieren
       Ärzte und Pfleger. Es sei zudem kein zusätzliches Personal eingestellt
       worden. Jetzt, [3][da die Regionalregierung unter Druck gerät], wird die
       Impfung an private Dienstleister übergeben. Das Ganze hat System:
       Regierungschefin Isabel Díaz Ayuso verhielt sich bereits im Herbst bei der
       Kontaktverfolgung ähnlich. Auch damals fehlte es an Personal, woraufhin der
       Dienst privatisiert wurde.
       
       Auch im Nachbarland Portugal steigen die Neuinfektionen nach Lockerungen an
       Weihnachten schnell an. Mit mehr als 10.000 Fällen in 24 Stunden liegt der
       Wert mittlerweile über denen vom Frühjahr. „Wir stellen erneut einen
       enormen Druck auf die staatlichen Gesundheitsdienste fest“, sagte
       Gesundheitsministerin Marta Temido. Seit Beginn der Pandemie starben knapp
       7.500 Portugiesen an Covid-19.
       
       9 Jan 2021
       
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