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       # taz.de -- Traditions-Duell Braunschweig gegen HSV: Harte Landung für die Eintracht
       
       > Zwei Traditionsclubs in der Zweiten Liga: Nur kurz konnte Aufsteiger
       > Eintracht Braunschweig dem Herbstmeister HSV Paroli bieten.
       
   IMG Bild: Freudensprung im Sitzen: der Braunschweiger Torschütze Marcel Bär
       
       Braunschweig taz | Die Fußballer des [1][Hamburger SV] haben einen
       Gesamtmarktwert von mehr als 35,5 Millionen Euro. [2][Eintracht
       Braunschweig] erreicht dagegen als einziges Team der [3][Zweiten
       Fußball-Bundesliga] nicht mal die Zehn-Millionen-Marke, wenn man den
       Schätzungen des Fachdienstes Transfermarkt.de traut. HSV-Torwart Sven
       Ulreich etwa ist exakt zehn Mal so viel Ablöse wert wie sein Gegenüber
       Jasmin Fejzić.
       
       Diese Fakten bilden sich auch in der Tabelle ab, wo der HSV ganz oben
       steht, aber im dritten Zweitligajahr auch unbedingt aufsteigen muss,
       während die Braunschweiger irgendwie die Klasse halten wollen. Jeder hat
       also auf seine Art Druck.
       
       Diese Voraussetzungen nahm Eintracht-Trainer Daniel Meyer schon vor dem
       Anpfiff zum Anlass für verbales Trommeln: Er bemühte den einst von Oliver
       Kahn gesellschaftsfähig gemachten Spruch von den dringend benötigten
       Testikeln. Und die zeigt die Heimmannschaft in der ersten Halbzeit.
       
       Der große HSV rennt an, Braunschweig verteidigt richtig clever und nutzt
       gleich die erste Chance durch Felix Kroos zu einem Stochertor. Hamburg
       versucht eine Antwort zu geben – und fängt sich nach einer viel zu kurzen
       Rückgabe von Toni Leistner auf Ulreich das zweite Gegentor durch Marcel
       Bär.
       
       ## Die Sensation scheint möglich
       
       „Das sieht ja mal richtig nach Fußball aus“, entfährt es dem Radiokollegen
       mit blau-gelbem Braunschweig-Schal um den Hals. Ja, das stimmt. Und die
       Sensation scheint tatsächlich möglich. Bis zur Nachspielzeit der ersten
       Hälfte, als David Kinsombi den Anschlusstreffer ins Tor wuchtet.
       
       Was danach passiert, ist selbst mit reinem Druck, fehlender Klasse oder
       Unkonzentriertheit kaum mehr zu erklären. Denn Braunschweig entscheidet
       sich, dem nicht sonderlich gut aufgelegten HSV unter die Arme zu greifen.
       Innerhalb von nicht mal 15 Minuten macht der arme Zweitligaaufsteiger den
       reichen Kollegen aus dem Norden drei wertvolle Geschenke.
       
       Erst lässt Behrendt seinen eigenen Keeper ins Leere rutschen und legt
       lieber Simon Terodde auf, dann schiebt der eingewechselte Aaron Hunt die
       Kugel aus spitzem Winkel Torwart Fejzić durch die Beine, und schließlich
       dreht der gebürtige Hamburger Lasse Schlüter am linken Eck des eigenen
       Strafraums lieber drei Pirouetten, als die Kugel Richtung benachbartes
       Wolfenbüttel zu bolzen. Kinsombi macht den Deckel drauf.
       
       Erstaunlicherweise bleiben die ganz in Weiß spielenden Hamburger danach in
       der eigenen Abwehr wackelig, jede Standardsituation scheint Gefahr zu
       schaffen. Aber die Eintracht hat sich mit der Rolle des tragischen
       Underdogs, der seine Erfolge mit dem Hintern selbst wieder einreißt, längst
       arrangiert. Neun Ecken segeln in die gegnerische Gefahrenzone, nicht ein
       Ball kommt im Anschluss auf das Tor.
       
       ## „Keine Eier, ey“
       
       Ein weiteres Beispiel liefert die 83. Minute, als der Ball im Hamburger
       Strafraum von Spieler zu Spieler weitergereicht wird und Bär erst
       abschließt, als wirklich alle Hamburger den Weg Richtung Tor verstellen.
       Torhunger? Oder die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen?
       
       Nie gehört. Trainer Meyer dreht sich in diesem Moment resigniert um und
       stellt fest, dass es mit den geforderten Fortpflanzungsorganen doch nicht
       so weit her ist: „Keine Eier, ey.“ Es ist nur einer der Nachteile dieser
       Geistersaison, dass man die Äußerungen des sportlichen Personals in all
       ihrer Schlichtheit eins zu eins mitverfolgen kann.
       
       So endet diese Geschichte erwartungsgemäß. Der HSV bleibt weiter
       Spitzenreiter der Zweiten Liga, feiert die Hinrundenmeisterschaft und kann
       von der Champions League im übernächsten Jahr träumen (mindestens), während
       Braunschweig die ums Überleben kämpfende Kirchenmaus gibt, die stets auf
       den niedrigen Etat verweist.
       
       Fazit: Geld schießt vielleicht nicht zwangsläufig Tore, aber kein Geld
       macht eindeutig mehr Fehler.
       
       24 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ermittlungen-gegen-HSV-Profi-Bakery-Jatta/!5741739
   DIR [2] /Rueckkehr-in-die-Zweite-Liga/!5693566
   DIR [3] https://www.bundesliga.com/de/2bundesliga
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marc Halupczok
       
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