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       # taz.de -- Impfstoff-Entwickler Biontech: Kein Dank an Tierquäler
       
       > Biontech setzte das umstrittene Hamburger Tierversuchslabor LPT auf seine
       > öffentliche Dankesliste – allerdings nur kurz.
       
   IMG Bild: LPT hat einen miesen Ruf: Demonstration auf dem Jungfernstieg im September 2020
       
       Hamburg taz | Die Coronapandemie hat dem umstrittenen Tierversuchslabor LPT
       in Neugraben unverhofft zu positiver PR verholfen. Das „Laboratory of
       Pharmacology and Toxicology“ – so der vollständige Name – tauchte in einer
       Danksagungsliste des Corona-Impstoff-Entwicklers Biontech auf, weil es an
       der Entwicklung des Impfstoffes beteiligt war. Doch schon einen Tag nachdem
       LPT das publik gemacht hatte, verschwand das Labor wieder von der Liste –
       zusammen mit vier weiteren Unternehmen, die Tierversuche machen oder
       Versuchstiere züchten.
       
       LPT steht Jahrzehnten in der Kritik von Tierschützern. Im Oktober 2019
       veröffentlichte die Soko Tierschutz heimlich gemachte Videos vom
       LPT-Standort Mienenbüttel vor den Toren Hamburgs, auf denen zu sehen ist,
       wie Versuchstiere misshandelt werden. Daraufhin musste LPT den Standort
       schließen. Auch der Standort in Neugraben war übergangsweise geschlossen,
       durfte aber nach gerichtlichen Auseinandersetzungen und unter strengen
       Auflagen wieder öffnen.
       
       Auf der Danksagungsliste von Biontech war LPT gelandet, weil das Labor in
       einer frühen Phase der Impfstoffentwicklung einen Teil der gesetzlich
       vorgeschriebenen Untersuchungen an Tieren erledigt hatte – die
       Voraussetzung dafür, dass Wirkungsstudien bei Menschen zugelassen werden
       konnten. Tierversuche sollen in dieser Phase sicherstellen, dass die
       Wirkstoffe keine Organismen schädigen.
       
       LPT-Geschäftsführer Thomas Wiedemann nutzte den mit der Danksagung
       verbundenen Prestigegewinn, um gegen Kritiker:innen auszuholen: „Während
       vor den Laboren Demonstranten gegen Tierversuche protestierten, haben
       unsere Mitarbeiter trotz vieler Anfeindungen an der Sicherheit des
       Impfstoffes gearbeitet“, schrieb er.
       
       LPT war, wie eine stichprobenartige Recherche ergab, offenbar das einzige
       der 134 Unternehmen, bei denen sich Biontech bedankt hatte, das seine
       Nennung medienwirksam nach außen trug. Die Frage, warum LPT zusammen mit
       vier weiteren Unternehmen von der Liste entfernt worden ist – nur einen Tag
       nach der Pressemitteilung von LPT –, wollte Biontech nicht beantworten.
       
       Eine Biontech-Sprecherin sagte lediglich, dass die Änderung der Liste
       vorgenommen worden sei, nachdem „hunderte Unternehmen“, die Biontech
       ebenfalls im vergangenen Jahr unterstützt hatten, um eine Ergänzung der
       Liste gebeten hatten. Daraufhin habe man sich entschieden, nunmehr
       „ausschließlich Unternehmen abzubilden, die über die Dauer der
       Impfstoffentwicklung und -produktion involviert waren“.
       
       LPT war eines von mehreren Unternehmen, die die sogenannten präklinischen
       Studien durchgeführt hatten. Man habe einen „bedeutenden“ Teil der
       toxikologischen Untersuchungen übernommen, teilte das Unternehmen mit.
       
       Die Tierschützerin Britta Rehr steht seit 2013 regelmäßig mit anderen vor
       den Toren von LPT, um Mahnwachen abzuhalten und eben solche Untersuchungen
       zu verhindern. Bei LPT werde „Ausbeutung an Tier und Mensch“ betrieben,
       kritisiert Rehr, die die Hamburger Arbeitsgruppe von Ärzte gegen
       Tierversuche leitet. Wiedemanns Aussage, LPT habe „an der Sicherheit des
       Impfstoffes gearbeitet“, bezeichnet sie als „Farce“. Sie fragt sich, welche
       Sicherheit das sein solle, wo doch die Übertragbarkeit der Ergebnisse von
       Tier auf Mensch nicht gewährleistet sei.
       
       Gegen die LPT-Aktivitäten am Standort Mienenbüttel ermittelt derzeit die
       Staatsanwaltschaft Stade. Eine Klage gegen die Schließung des Standorts
       hatte LPT im November zurückgezogen und angekündigt, den Ort an einen
       Tierschutzverein zu übergeben, damit dort Hunde behandelt werden können.
       
       Die Tierschutzinitiative Lobby Pro Tier – Mienenbüttel sieht in dieser
       Ankündigung eine PR-Masche, um von den problematischen Praktiken des
       Unternehmens abzulenken. LPT selbst verkündete in einer Pressemitteilung,
       dass die Firma nun mit dem Kapitel Mienenbüttel abgeschlossen habe.
       
       Der LPT-Standort Neugraben ist seit Juli wieder in Betrieb, jedoch unter
       strengen Auflagen und verschärften Kontrollen, wie Viola Landau von der
       Behörde für Justiz und Verbraucherschutz in Hamburg betont. Für Rehr ist
       das nicht genug. Sie fordert eine komplette Schließung des Unternehmens.
       Aufgrund der Historie könne erst eine Besserung eintreten, wenn LPT nicht
       mehr arbeiten dürfe.
       
       26 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hagen Gersie
       
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