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       # taz.de -- Coronakrawalle in den Niederlanden: Gefährliche Entfremdung
       
       > Die gewalttätigen Anti-Corona-Ausschreitungen in Holland sind auch
       > Ausdruck einer Entfremdung zwischen Bevölkerung und staatlichen
       > Institutionen.
       
   IMG Bild: In Eindhoven kam es am 24. Januar zu gewaltsamen Anti-Corona-Ausschreitungen
       
       Diffus ist eines der Worte, das am Tag nach diesem historischen Wochenende
       in den Niederlanden häufig genannt wird. Der ersten nächtlichen
       Ausgangssperre seit der deutschen Besatzung folgten die am schwierigsten
       einzuordnenden Ausschreitungen der letzten Jahrzehnte.
       
       In mehr als zehn Städten eskalierten Proteste gegen die Sperrstunde,
       inklusive gewaltsamer Demonstrationen in Eindhoven und Amsterdam. Läden
       wurden geplündert und verwüstet, Journalisten angegriffen, eine
       [1][Coronateststraße] wurde angezündet, ein Krankenhaus mit Steinen
       beworfen.
       
       Die Reaktionen aus der Politik sind so geharnischt wie hilflos. Die
       Niederlande wirken derzeit wie eine Polder-Version des Films „Joker“: ein
       amorpher, reflexhafter Gewaltausbruch ohne klares Konzept, ein
       silhouettenhaftes Bild derer, die sie anwenden.
       
       Doch es gibt zwischen all den Flammen und Scherben durchaus deutliche
       Entwicklungslinien: eine wachsende Entfremdung zwischen Bevölkerung und
       staatlichen Institutionen. Sie zeigte sich zuletzt im
       [2][Kindergeld-Skandal,] der zum Rücktritt der Regierung führte. Seit
       Jahren nehmen Angriffe auf Journalisten zu, die von einer Kampagne
       legitimiert werden, die den öffentlich-rechtlichen Sender NOS konsequent
       „Fake News“ nennt. Das verbale Zündeln der [3][Rechtspopulisten] in der
       brandgefährlichen Rhetorik eines Landes, das sich „im Widerstand“ befinde,
       nimmt stetig zu.
       
       ## Anlass zur Schnellpolitisierung
       
       Im Rahmen einer solchen Deutung der Realität haben sich immer mehr Gruppen
       in ihre Nischen zurückgezogen. Die Coronakrise als Anlass zur
       Schnellpolitisierung bringt sie zusammen. Dieser Trend ließ sich schon vor
       einer Woche beobachten, als sich in Amsterdam Esoteriker, Alternative,
       „Identitäre“ und Trump-Fans im vermeintlichen Freiheitskampf gegen die
       Coronamaßnahmen trafen.
       
       All dies fällt nicht vom Himmel. Es ist eine Saat, die aufgeht. Dass im
       März in den Niederlanden gewählt wird, bringt sie nun auch international in
       den Fokus. Allerdings: Viele Elemente des „Jokers“ im Polder sind auch
       anderswo bekannt, nicht zuletzt in Deutschland.
       
       26 Jan 2021
       
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