URI: 
       # taz.de -- Aktuelle Sprachkritik: Unwörter des Jahres gekürt
       
       > Wenig verwunderlich, dass die Coronapandemie bei der Auswahl des
       > „Unwortes“ des Jahres 2020 eine Rolle spielt. Doch die Jury hat auch eine
       > Überraschung.
       
   IMG Bild: Nina Janich, Sprachwissenschaftlerin an der TU Darmstadt, stellt die Unwörter des Jahres vor
       
       Darmstadt dpa | Die Jury der sprachkritischen Aktion in Darmstadt hat für
       das Jahr 2020 erstmals ein Unwörter-Paar gekürt. Die „Unwörter des Jahres“
       sind „Corona-Diktatur“ und „Rückführungspatenschaften“, wie die Jury am
       Dienstag mitteilte.
       
       Das vergangene Jahr sei in bisher kaum gekannter Weise von einem einzigen
       Thema geprägt worden, teilte die Jury zur Begründung mit. Mit der Wahl
       eines Unwort-Paares nehme man darauf Rücksicht, dass die Pandemie in der
       Öffentlichkeit, wie auch in den Vorschlägen dominiert habe. Sie mache aber
       zugleich darauf aufmerksam, dass auch in anderen Themenbereichen inhumane
       und unangemessene Wörter geprägt und verwendet wurden.
       
       „Rückführungspatenschaften“ sei ein Begriff der [1][EU-Kommission], mit dem
       neue Mechanismen der Migrationspolitik bezeichnet wurden. Das Wort sei
       zynisch und beschönigend. Mit Rückführung sei nichts anderes gemeint als
       Abschiebung, und die Patenschaft sei ein eigentlich positiv besetzter
       Begriff. Der Begriff der „Corona-Diktatur“ sei seit Beginn des öffentlichen
       Diskurses in der Pandemie von selbst ernannten [2][„Querdenkern“] und
       rechten Propagandisten gebraucht worden, um regierungspolitische Maßnahmen
       zur Eindämmung zu diskreditieren.
       
       Die Coronapandemie war bei den Vorschlägen das dominierende Thema der 1.826
       bis zum 31. Dezember eingegangenen Einsendungen. Es gab 625
       unterschiedliche Vorschläge. 75 der Wörter entsprachen einem der vier
       Unwort-Kriterien.
       
       Die sprachkritische Aktion „Unwort des Jahres“ möchte mit ihrer
       alljährlichen Aktion auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen
       und so sensibilisieren. Dabei werden Wörter gerügt, die gegen die
       Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die
       gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistische,
       verschleiernde oder irreführende Formulierungen sind. Reine Schimpfwörter
       zählen nicht. Vorschläge müssen eines der Kriterien erfüllen. Die Jury
       richtet sich nicht nach der Menge der Vorschläge für ein einzelnes Wort.
       
       Das „Unwort des Jahres“ wird seit 1991 gekürt. 2019 war es „Klimahysterie“.
       Ab dem kommenden Jahr wird eine neue Jury über die Unwörter entscheiden.
       
       12 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umweltschutz-in-EU-Agrarpolitik/!5738911
   DIR [2] /Geschaeftsoeffnung-trotz-Lockdown/!5738742
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Deutsche Sprache
   DIR Sprachkritik
   DIR Antisemitismus
   DIR Migration
   DIR Willkommenskultur
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Regisseur Leo Khasin über Antisemitismus: „Als wäre ‚Jude‘ ein Schimpfwort“
       
       Die Leute tänzeln um das Wort „jüdisch“ herum, sagt Regisseur und Autor Leo
       Khasin. Im Film „Das Unwort“ zeigt er die Hilflosigkeit der Gesellschaft.
       
   DIR Neues Asyl- und Migrationspaket der EU: Unwort des Jahres
       
       Die „Rückführungspatenschaft“ des EU-Migrationspakets kehrt Solidarität um.
       Es geht nicht mehr um das Teilen der Asyl-, sondern der Abschiebelast.
       
   DIR Debatte über Umgang mit Geflüchteten: Kultur des Willkommens
       
       Verpflichtende Menschlichkeit für die einen, politisch aufgeladenes
       Schimpfwort für die anderen. Zur Geschichte des Reizbegriffs
       Willkommenskultur.