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       # taz.de -- Menschenrechte in den Lieferketten: Kompromiss gesucht
       
       > Gegen Kinderarbeit und für mehr Arbeitsschutz: Kanzlerin und Minister
       > wollen klären, was aus dem versprochenen Lieferkettengesetz werden soll.
       
   IMG Bild: Näherinnen in Bangladesch: vor fast sieben Jahren stürzte die Textilfabrik Rana Plaza bei Dhaka ein
       
       Berlin taz | Fast sieben Jahre nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana
       Plaza in Bangladesch, bei dem über tausend Menschen starben,
       [1][entscheidet die Bundesregierung an diesem Mittwoch über das
       Lieferkettengesetz]. Nach der normalen Kabinettssitzung besprechen sich
       Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide
       CDU), Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sowie Arbeitsminister Hubertus
       Heil und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD). Unklar ist, ob das Gesetz,
       das hiesige Firmen zum Schutz der Menschenrechte in ihren ausländischen
       Zuliefererfabriken verpflichten soll, dann kommt – oder ob es beerdigt
       wird.
       
       Die Koalition aus Union und SPD schleppt das Thema seit der vergangenen
       Bundestagswahl mit sich herum. Bereits im Februar 2019 verfügte Müller über
       einen fertigen Gesetzentwurf, Heil unterstützte ihn. Das
       Wirtschaftsministerium dagegen verzögerte das Vorhaben immer wieder. Merkel
       äußerte sich jüngst ebenfalls skeptisch über zu strenge Regeln.
       
       Im Zentrum des regierungsinternen Konflikts steht die Frage der
       zivilrechtlichen Haftung. Müller und Heil wollen festlegen, dass
       geschädigte Zulieferer-Beschäftigte deutsche Unternehmen vor hiesigen
       Gerichten verklagen können. Das Risiko von Schadenersatzzahlungen soll die
       Firmen anspornen, die ökologischen und sozialen Bedingungen in den
       ausländischen Werken zu verbessern, die Umsetzung würde ihnen aber auch
       zusätzliche Kosten verursachen. Altmaier sieht darin Belastungen für die
       Wirtschaft, die er unter anderem wegen der Coronakrise vermeiden will.
       
       ## Ökonom:innen machen Druck
       
       Denkbar ist ein Kompromiss, der die zivilrechtliche Haftung dadurch
       ersetzt, dass eine staatliche Behörde die Menschenrechtsverstöße zumindest
       registriert oder auch ahndet.
       
       Leichter beizulegen scheint der Disput über die Größe der Unternehmen, für
       die das Gesetz gilt. Müller und Heil wollen Firmen mit mehr als 500
       Beschäftigten einbeziehen. Auch größere Mittelständler müssten ihre
       Zulieferer überprüfen. Altmaier dagegen plädiert für eine deutlich höhere
       Grenze von vielleicht 5.000 Beschäftigten. Das würde den Kreis der
       betroffenen Firmen reduzieren. Vielleicht einigt man sich in der Mitte und
       auf Übergangsfristen.
       
       Ebenfalls am Mittwoch wollen sich 70 Ökonom:innen für das
       Lieferkettengesetz aussprechen, darunter Elisabeth Fröhlich, Präsidentin
       der privaten CBS-Management-Hochschule in Köln. Ihre Forderung: Die
       Regierung solle das Gesetz noch vor der Bundestagswahl auf den Weg bringen.
       Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der [2][Initiative
       Lieferkettengesetz statt, in der Kirchen, Gewerkschaften und
       Entwicklungsorganisationen mitwirken]. Auch Unternehmen wie Adidas, H&M,
       KiK, Nestlé oder Tchibo unterstützten die Regulierung. Unternehmensverbände
       wie BDA (Arbeitgeber), BDI (Industrie), VDMA (Maschinenbau) oder
       Textil&Mode waren dagegen.
       
       13 Jan 2021
       
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