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       # taz.de -- Studie zu Nord Stream 2: Pipeline ohne Berechtigung
       
       > Der Naturschutzbund stellt fest: Nord Stream 2 konterkariere das Pariser
       > Klimaabkommen und gefährde Vögel in der Ostsee.
       
   IMG Bild: Rohre für den Bau der Pipeline lagern auf Rügen
       
       Berlin taz | Der Weiterbau der Gaspipeline Nord Stream 2 konterkariert die
       deutsche Energiewende, ist energiepolitisch unsinnig und gefährdet die
       Winterquartiere von Seetauchern und Meeresenten in der Ostsee. Dies ist das
       Ergebnis einer [1][Untersuchung des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Umweltverbands Nabu]. „Das
       Gutachten enttarnt die rückwärtsgewandten Argumente der
       Pipeline-Befürworter und auch die [2][Rechtfertigungsversuche der
       Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung der
       Klimaschutzstiftung MV]“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger am
       Donnerstag.
       
       „Weder geht ohne fossile Energieträger das Licht aus, noch ist Gas eine
       klimafreundliche Brückentechnologie. Das Gegenteil ist der Fall. Durch die
       Methanemissionen bei Förderung, Transport und Nutzung ist Erdgas ein
       Klimakiller, genau wie Kohle. Wir müssen Nord Stream 2 stoppen“, betonte
       Krüger.
       
       Die Verlegearbeiten an der rund 1.200 Kilometer langen Pipeline zwischen
       Russland und der Insel Rügen sind seit Dezember 2019 unterbrochen. Durch
       die Pipeline soll Gas nach Deutschland und in weitere Staaten strömen. Es
       müssen dem Nord Stream-Konsortium zufolge noch etwa 120 Kilometer Pipeline
       in dänischen und etwas über 30 Kilometer in deutschen Gewässern verlegt
       werden.
       
       Das Gutachten des Nabu widerspricht der energiewirtschaftlichen
       Argumentation der Nord Stream 2 AG, die die Gaspipeline während der
       besonders sensiblen Zeit der Winterrast im Vogelschutzgebiet Pommersche
       Bucht – Rönnebank weiterbauen will. Der entsprechende Antrag liegt derzeit
       beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH) in Hamburg. Die
       Pipeline „konterkariert, ja missachtet deutsches Planungs- und
       Naturschutzrecht. Für den eiligen Weiterbau auf Kosten von Seetauchern und
       Meeresenten gibt es keine planungsrechtliche Legitimation“, sagte Kim
       Detloff, Nabu-Experte für Meeresschutz.
       
       ## Verstoß gegen Pariser Klimaabkommen
       
       Nord Stream 2 verstoße zudem gegen das Pariser Klimaabkommen: „Die
       Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen 2015 sowie die 2020 damit im
       Einklang verschärften Klimaziele der Europäischen Union führen eindeutig
       dazu, dass keine fossile Infrastruktur – und damit auch keine
       Erdgasinfrastruktur – mehr errichtet werden darf.“
       
       Es bestehe zudem weder kurz- noch langfristig eine Deckungslücke für Gas.
       Die Nachfrage in Europa sei seit 15 Jahren stabil, die bestehende
       Infrastruktur reiche für den heutigen und zukünftigen Bedarf vollkommen
       aus. Mit fortschreitender Energiewende werde der Gasbedarf in den nächsten
       Jahren deutlich zurückgehen, in Deutschland zwischen rund 70 Prozent und
       über 95 Prozent, meint das DIW.
       
       Nord Stream 2 gefährde die Energiewende, heißt es in dem Gutachten weiter.
       Denn jede neue Infrastruktur für Erdgas erhöhe das Risiko des sogenannten
       fossilen Lock-Ins – es werde also damit schwieriger, die Abhängigkeit von
       klimaschädlichen fossilen Energieträgern zu verringern. Erdgas sei zudem
       aufgrund des darin enthaltenen klimaschädlichen Methans ungeeignet als
       Brückentechnologie.
       
       ## US-Außenministerium warnt
       
       Auch das US-Außenministerium warnte indes vor dem Weiterbau der Pipeline.
       Das Ministerium habe sich seit Jahresbeginn an am Bau beteiligte Firmen
       gewandt und sie auf mögliche Folgen aufmerksam gemacht, bestätigte ein
       Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwochabend. „Wir versuchen,
       die Unternehmen über das Risiko zu informieren und sie zu drängen, sich
       zurückzuziehen, bevor es zu spät ist“, sagte ein US-Regierungsmitarbeiter.
       
       Demnach könnte das Außenministerium am Donnerstag oder Freitag einen
       Bericht über Unternehmen veröffentlichen, von denen es glaubt, dass sie den
       Bau der Pipeline unterstützen. Dazu gehören auch solche, die Versicherungen
       anbieten, bei der Verlegung der Unterwasserrohre helfen oder die
       Bauausrüstung des Projekts überprüfen. Dazu könne auch der Versicherer
       Zurich Insurance Group gehören, sagte der Regierungsmitarbeiter. Zurich
       sagte dazu, es sei verpflichtet, „alle anwendbaren Sanktionsbestimmungen
       vollständig einzuhalten“.
       
       Zu den Finanzpartnern von Nord Stream gehören die deutschen Konzerne Uniper
       und die BASF-Tochter Wintershall Dea sowie OMV aus Österreich.
       
       Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der BUND Niedersachsen veröffentlichten
       am Donnerstag ein [3][Gutachten], dass sich klar gegen ein
       Flüssiggasterminal in Deutschland wendet, in dem US-amerikanisches Gas
       anlanden könnte. Das bei Stade an der Elbe geplante Terminal für
       Flüssigerdgas (LNG) sei aus Umwelt- und Sicherheitsgründen nicht
       genehmigungsfähig.
       
       Mit der geplanten jährlichen Menge von 12 Milliarden Kubikmetern Flüssiggas
       wäre ein CO2-Ausstoß von rund 21 Millionen Tonnen verbunden. „Der geplante
       Import von durch Fracking gewonnenem Flüssigerdgas wäre ein
       klimapolitischer Sündenfall und passt nicht in die Zeit“, sagte
       DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.
       
       14 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nabu.de/modules/presseservice/index.php?popup=true&db=presseservice&show=30522
   DIR [2] /Streit-um-Ostsee-Pipeline/!5738339
   DIR [3] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/rechtsgutachten-der-deutschen-umwelthilfe-belegt-klimaschaedliches-lng-terminal-bei-stade-ist-nicht/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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