# taz.de -- Nawalny will nach Russland zurück: In todernster Lage
> Alexej Nawalny plant die Rückkehr nach Russland – obwohl ihm dort Haft
> droht. Politisches Märtyrertum aber zahlt sich in Russland nicht aus.
IMG Bild: Will weiter in der Heimat Oppositionsarbeit machen: Regimekritiker Alexej Nawalny
Es ist Realsatire: Ausgerechnet mit der russischen Fluglinie Pobeda, was
auf Deutsch „Sieg“ bedeutet, will der Kremlkritiker [1][Alexej Nawalny] am
kommenden Sonntag in sein Heimatland zurückkehren. Fragt sich jedoch, wer
am Ende über wen triumphiert. Denn Nawalny könnte nicht nur auf dem
Moskauer Flughafen Wnukowo festgenommen werden, sondern gleich auch
schnurstracks im Gefängnis landen.
Nichts anderes legt die jüngste Ankündigung der föderalen Behörde für
Strafvollzug (FSIN) nahe, eine Bewährungsstrafe von Nawalny per
Gerichtsbeschluss in eine mehrjährige Haft umwandeln zu lassen, da er gegen
Auflagen verstoßen habe. Da sage mal jemand, in Russland herrsche keine
Transparenz. Michail Gorbatschow, der Vater von Glasnost, lässt grüßen!
Leider gibt es wenig Anlass zu der Annahme, dass die Behörden ihrer
Ankündigung im Falle Nawalnys, der seit Ende Dezember auf der landesweiten
russischen Fahndungsliste steht, nicht auch Taten folgen lassen werden.
Schließlich würde Präsident Wladimir Putin diesen Mann, dessen Namen er
nicht in den Mund nimmt, am liebsten unter der Erde, zumindest jedoch nicht
in Russland wissen.
Über Nawalnys Gründe, sich dennoch in die Höhle des Bären zu begeben, lässt
sich nur mutmaßen. Unstrittig ist, dass [2][Oppositionsarbeit] aus dem
Ausland, allen digitalen Möglichkeiten zum Trotz, mühselig ist. Und in
Russland stehen im kommenden September Duma-Wahlen an. Diese Erfahrung
macht übrigens gerade auch die belarussische Präsidentschaftskandidatin
Swetlana Tichanowskaja in ihrem litauischen Exil. Ihr ist, anders als
Nawalny, ein Aufenthalt im Gefängnis bis jetzt glücklicherweise erspart
geblieben.
Bei [3][Nawalny] kommt noch hinzu, dass er gerne den agent provocateur
gibt, der Konfrontation nicht scheut. Doch Märtyrertum, ob auf dem Friedhof
oder hinter Schloss und Riegel, bringt in Russland keine politische
Dividende. Wie sonst wäre zu erklären, dass Nawalnys Zustimmungswerte nach
den Enthüllungen über die mußmaßlichen Drahtzieher des Anschlages mit dem
Gift Nowitschok Ende Dezember sogar noch ein wenig gesunken sind.
Sollte Nawalny am Wochende wirklich in Moskau auftauchen, wäre wenigstens
klar, dass er nicht zu der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden
eingeladen worden sei, schreibt ein Telegram-Nutzer. Über diesen schwarzen
Humor könnte man sich fast amüsieren, doch das Lachen bleibt einem im Halse
stecken. Denn für Nawalny ist die Lage todernst.
15 Jan 2021
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## AUTOREN
DIR Barbara Oertel
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