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       # taz.de -- Spaltung zwischen Fatah und Hamas: Abbas verspricht Wahlen
       
       > Der Palästinenserführer kündigt gemeinsame Wahlen für das Westjordanland,
       > den Gazastreifen und Ostjerusalem an. Doch die Hindernisse sind groß.
       
   IMG Bild: Fans von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas bei einer Demo im Westjordanland, September 2020
       
       Tel Aviv taz | Angekündigt hat Mahmud Abbas Wahlen schon oft, seit er bei
       der letzten Präsidentschaftswahl vor fünfzehn Jahren zum Präsidenten der
       Palästinensischen Autonomiebehörde gewählt wurde. Doch so konkret wie jetzt
       ist es noch nie geworden: Am Freitag hat der Palästinenserführer per
       Präsidialdekret gemeinsame Wahlen für das Westjordanland, den Gazastreifen
       und Ostjerusalem angekündigt. Die Wahl für den Palästinensischen
       Legislativrat soll am 22. Mai stattfinden, die Präsidentschaftswahl am 31.
       Juli.
       
       „Dass Abbas die Wahlen dieses Mal per Präsidialdekret angeordnet hat, lässt
       es wahrscheinlicher erscheinen, dass es tatsächlich Wahlen gibt“, sagt
       Nidal Foqaha von der Palästinensischen Koalition für Frieden zur taz. „Doch
       eine Garantie gibt es nicht“, fügt er hinzu.
       
       Viele Analyst*innen haben große Zweifel. Sie sehen Abbas’ Ankündigung eher
       als Versuch, seine Legitimität in den Augen der internationalen
       Gemeinschaft wiederzugewinnen und als Zeichen an den künftigen
       US-Präsidenten Joe Biden, zu Friedensverhandlungen mit Israel bereit zu
       sein.
       
       Die Palästinenser*innen fanden sich im vergangenen Jahr zunehmend isoliert
       wieder. Trumps vermeintlicher Friedensplan wurde über ihre Köpfe hinweg
       entschieden. Die in den letzten Monaten abgeschlossenen
       [1][Normalisierungsabkommen] zwischen verschiedenen arabischen Ländern und
       Israel ließen die Frage nach einem [2][palästinensischen Staat] in der
       Bedeutungslosigkeit verschwinden.
       
       ## Kein Interesse an Palästinenser-Wahlen
       
       Tatsächlich scheinen die Wahlen weder im Interesse der im Gazastreifen
       regierenden terroristischen Hamas-Organisation noch der im Westjordanland
       regierenden Fatah-Partei zu liegen. Keine der beiden will riskieren, der
       gegnerischen Partei die Kontrolle über ihren bisherigen Herrschaftsbereich
       überlassen zu müssen.
       
       Zuletzt haben die Palästinenser*innen 2006 ihren Legislativrat
       gewählt. Hamas siegte im Gazastreifen, doch die USA und andere westliche
       Länder weigerten sich, mit der Einheitsregierung zusammenzuarbeiten, weil
       die Hamas internationale Forderungen wie Gewaltverzicht und die Anerkennung
       des Existenzrechts Israels nicht akzeptieren wollte.
       
       Es kam zu einem kurzen Bürgerkrieg zwischen beiden palästinensischen
       Gruppen. Er endete im Juni 2007, als die Hamas im Küstenstreifen Gaza die
       Kontrolle übernahm und Abbas eine Notstandsregierung im Westjordanland
       bildete. Die politische und geografische Spaltung machte seitdem gemeinsame
       Wahlen unmöglich.
       
       Auch Israel hat laut Ronni Shaked vom Jerusalemer Harry-S.-Truman-Institut
       für Friedensentwicklung kein Interesse an Wahlen in den palästinensischen
       Gebieten: „Das rechtsgerichtete Israel des Likud wird den Palästinensern
       keine Chance auf Wahlen geben, und der Hamas nicht die Möglichkeit, ins
       Westjordanland zu kommen“, so Shaked zur taz.
       
       Außerdem könnte ein Urnengang eine Versöhnung zwischen Gaza und
       Westjordanland bedeuten – auch dies wolle Israel nicht erlauben.
       Dementsprechend werde Israels Regierung beispielsweise nicht ermöglichen,
       dass die in Ostjerusalem lebenden Palästinenser*innen von dort ihre
       Stimme für eine palästinensische Führung abgeben dürfen, obwohl sie seit
       den Oslo-Abkommen dazu berechtigt sind.
       
       17 Jan 2021
       
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