URI: 
       # taz.de -- US-Regierung und der Iran-Deal: Alte Gesichter, neue Weltlage
       
       > Joe Biden hat Robert Malley zum US-Beauftragten für Iran gemacht. Kehren
       > die USA zum Atomabkommen zurück oder wollen sie einen neuen Deal?
       
   IMG Bild: Gleiches Thema, anderer Chef: Robert Malley 2015 – damals noch unter Außenminister John Kerry
       
       Berlin taz | Es ist ein alter Schulfreund von Außenminister Antony Blinken,
       der mit einer der heikelsten Missionen der neuen US-Regierung beauftragt
       ist. Der Nahostexperte Robert Malley soll als Iranbeauftragter dem
       internationalen Atomabkommen neues Leben einhauchen, um das iranische
       Atomprogramm „zurück in die Kiste“ zu holen, wie es aus dem Weißen Haus
       heißt.
       
       Für Malley, der die letzten drei Jahre die Denkfabrik International Crisis
       Group (ICG) leitete, geht es damit zurück in die Politik. Schon unter Barak
       Obama verhandelte der heute 58-Jährige über Irans Atomprogramm, was 2015 im
       Wiener Atomabkommen gipfelte.
       
       Doch an seine damalige Arbeit kann Malley nur bedingt anknüpfen; die Zeit
       der Annäherung ist vorbei. Unter Donald Trump sind die USA 2018 einseitig
       aus dem Abkommen ausgestiegen, woraufhin Iran seine Nuklearaktivitäten
       wieder hochfuhr. Malley steht nun vor der Aufgabe, sein kurz nach der
       Geburt verstorbenes Baby wieder auferstehen zu lassen.
       
       In Teheran ist das Misstrauen groß. Weder die USA noch [1][die europäischen
       Vertragsparteien, die an dem Abkommen festgehalten haben] und wie
       versteinert auf ein Ende der Präsidentschaft Trumps warteten, haben ihre
       Zusagen eingehalten und iranische Ölexporte möglich gemacht. [2][Zu groß
       war der Druck aus Washington].
       
       Selbst Instex, eine von Deutschland, Frankreich und Großbritannien
       gegründete Gesellschaft, über die Iran-Geschäfte abgewickelt werden
       sollten, um etwa private Banken vor US-Sanktionen zu schützen, war ein
       Rohrkrepierer: Bis heute wurde nur eine einzige Finanztransaktion über
       Instex abgewickelt.
       
       ## Biden hält sich alle Optionen offen
       
       Trotzdem hat die Führung in Teheran die USA aufgefordert, dem Abkommen
       wieder beizutreten. „Wenn Washington zurückkehrt, werden wir unsere
       Verpflichtungen ebenfalls vollständig erfüllen“, sagte der iranische
       Präsident Hassan Rohani am Tag der Amtsübernahme Bidens.
       
       Allein: Einfach zurückkehren kann das Team Biden/Blinken/Malley kaum. Die
       Trump-Regierung hat das Abkommen regelrecht zerstört und seinen
       vehementesten Gegnern – im US-Kongress bis hin zur israelischen Regierung –
       Aufwind gegeben, denen die iranischen Zugeständnisse von 2015 nicht weit
       genug gehen. Selbst aus Europa kamen zuletzt kritische Töne.
       
       Biden wird sich die Frage stellen müssen, ob er darauf besteht, das
       ballistische Raketenprogramm sowie die aggressive Regionalpolitik Irans im
       Rahmen von Neuverhandlungen des Abkommens zu thematisieren. Er hatte im
       Wahlkampf eine Rückkehr zum Abkommen [3][versprochen], sich gleichzeitig
       aber für weitere Verhandlungen ausgesprochen – offenbar, um sich alle
       Optionen offen zu halten.
       
       ## Wer macht den ersten Schritt?
       
       Zunächst aber stellt sich die Frage: Wer blinzelt zuerst? Iran will, dass
       die USA zuerst ihre Sanktionen gegen das Land aufheben. Biden dagegen
       erwartet, dass sich Iran wieder an seine Verpflichtungen aus dem Abkommen
       hält, bevor irgendetwas geschieht.
       
       Gleichzeitig schließt Teheran Neuverhandlungen rigoros aus. Das Abkommen
       von 2015 sei „nicht verhandelbar und seine Partner sind unveränderlich“,
       hieß es am Samstag aus dem Außenministerium. Am Vortag hatte Frankreichs
       Präsident Emmanuel Macron gesagt, an neuen Gesprächen solle auch
       Saudi-Arabien beteiligt werden, also ein neuer Vertragspartner.
       
       Wie Israel dringt Saudi-Arabien darauf, dass ein neuer Iran-Deal auch das
       Raketenprogramm des Landes beschränkt. Im Abkommen von 2015 haben sich die
       USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland mit dem
       Iran lediglich geeinigt, dass Iran die Menge niedrig angereicherten Urans
       beschränkt und der Grad der Anreicherung 3,67 Prozent nicht überschreiten
       darf.
       
       Der Iran stimmte einer internationalen Kontrolle seiner Atomanlagen zu –
       [4][eine Verpflichtung, der Teheran noch immer nachkommt], während es
       [5][die Anreicherungsgrenzen von Uran nach dem US-Ausstieg Schritt für
       Schritt überschritten hat].
       
       31 Jan 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politologe-ueber-Krise-im-Mittleren-Osten/!5654745
   DIR [2] /Europa-und-das-Iranabkommen/!5675285
   DIR [3] https://edition.cnn.com/2020/09/13/opinions/smarter-way-to-be-tough-on-iran-joe-biden/index.html
   DIR [4] /Juergen-Trittin-kritisiert-Bundesregierung/!5656136
   DIR [5] /Vor-Amtsantritt-Joe-Bidens/!5741239
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
       ## TAGS
       
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Atomabkommen
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Schwerpunkt Iran
   DIR Nordkorea
   DIR US-Army
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Präsidentschaftswahl im Iran: Reaktionärer Sieger
       
       Das Ergebnis der Präsidentschaftswahl lässt einen anti-westlichen
       Konfrontationskurs erwarten. Die iranische Opposition ist machtlos und
       desillusioniert.
       
   DIR Atomabkommen mit Iran: Eile ist geboten
       
       Seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen ist Teheran einer atomaren
       Bewaffnung näher gekommen. Der Vertrag muss gerettet werden.
       
   DIR Nuklearabkommen mit Iran: USA bewegen sich im Atomstreit
       
       Die Zeichen stehen auf Kehrtwende: Nach Beratungen mit den europäischen
       Vertragsparteien machen die USA erste Zugeständnisse an den Iran.
       
   DIR Iran und der Westen: Ewiger Gegenspieler
       
       Doppelte Standards, Moral und Menschenrechte: Warum es so schwerfällt,
       einen progressiven und postkolonialen Blick auf Iran zu entwickeln.
       
   DIR Kritik von UN-Expert*innen: Nordkorea baut Atomprogramm aus
       
       Nordkorea arbeitet unbeirrt an seinem Atom-Arsenal und kooperiert mit Iran
       beim Bau von Raketen. Das dürfte zum Problem für US-Präsident Biden werden.
       
   DIR Außenpolitische Rede des US-Präsidenten: Bidens beredtes Schweigen
       
       Joe Biden hat in seiner ersten außenpolitischen Rede einige der wichtigsten
       US-Konfliktherde mit keinem Wort erwähnt. Das lässt nichts Gutes ahnen.
       
   DIR Neun Stimmen zur Amtsübergabe: Was kommt nach Trump?
       
       Joe Biden ist offiziell im Amt als 46. US-Präsident. Was bedeutet das für
       Menschen in Deutschland? Die taz hat neun Personen angerufen.
       
   DIR Vor Amtsantritt Joe Bidens: Iran trotzt Wiener Abkommen
       
       Ein weiterer Verstoß gegen die Zusagen im Atomdeal: Eigenen Angaben zufolge
       hat Iran mit der Anreicherung von Uran auf bis zu 20 Prozent begonnen.