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       # taz.de -- Militärputsch in Myanmar: Vorwärts in Myanmars Vergangenheit
       
       > Den neuen Machthabern geht es neben Macht um den Zugriff auf staatliche
       > Ressourcen. Es ist eine Rolle rückwärts, die die Bevölkerung ausbaden
       > muss.
       
   IMG Bild: Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi im September 2017
       
       Seit Myanmars Militärs dem südostasiatischen Land 2008 ihre Verfassung
       aufdrückten, enthält diese quasi ein Blanko-Putschrecht der Generäle. Davon
       haben sie nach ihren Drohungen der vergangenen Woche [1][am Montag Gebrauch
       gemacht]. Demnach konnte ein nationaler Sicherheitsrat, in dem Generäle das
       Sagen haben, selbstherrlich und an der zivilen Regierung vorbei den
       Notstand feststellen, den vom Militär gestellten Vizepräsidenten zum
       Staatsoberhaupt erklären und das Militär mit der Regierungsführung des
       Landes beauftragen.
       
       Glaubt man den Generälen, haben sie sich jetzt also nur treu an die
       Verfassung gehalten. Diese konstitutionelle Selbstermächtigungsmöglichkeit
       konnte bisher nicht abgeschafft werden, weil die Generäle mit ihren
       Abgeordneten im Parlament eine Sperrminorität in Verfassungsfragen haben.
       
       Natürlich redet sich das Militär jetzt seine Verfassungstreue schön, denn
       das Grundgesetz sagt nicht, dass der Präsident – ein Vertrauter der
       De-facto-Regierungschefin [2][Aung San Suu Kyi] – wie diese einfach so vom
       Militär festgenommen und durch dessen eigenen Vizepräsidenten ersetzt
       werden kann. Die Berufung auf die Verfassung ist ein Feigenblatt für den
       Machtwillen der Generäle. Abgesehen davon sind sie gerade selbst über ihre
       eigene Verfassung gestolpert, als sie beim Obersten Gericht wegen
       angeblicher Wahlfälschung klagen wollten, das Gericht sie aber an die laut
       Verfassung allein zuständige Wahlkommission verwies.
       
       Es geht also allein um die Macht im Staat. Die Generäle, die einst brutal
       an die Macht kamen und das Land heruntergewirtschaftet haben, mussten in
       den Nullerjahren einsehen, dass sie nicht fähig waren, das Land gut zu
       führen. Sie waren dann schlau genug, sich in die zweite Reihe
       zurückzuziehen und die Macht letztlich mit der damaligen
       Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi zu teilen.
       
       ## Militär erbt alle Probleme
       
       Diese hat seitdem viele Demokratieaktivisten und
       Menschenrechtsorganisationen enttäuscht, weil sie selbst zwar immer mehr
       Macht für sich wollte, aber das Land weder demokratisch reformiert noch
       sich für die Menschenrechte eingesetzt hat. Trotzdem hat sie mit ihrer
       Partei die letzte Parlamentswahl deutlich gewonnen. Denn die Bevölkerung
       hat gemerkt, dass es Fortschritt nur mit der „Lady“, wie sie im Land
       genannt wird, aber nicht mit dem Militär geben kann.
       
       Der Putsch dreht jetzt das Rad zurück. Damit erbt das Militär jetzt alle
       Probleme wie etwa die Coronapandemie, die schon die Regierung von Aung San
       Suu Kyi bisher nicht meistern konnte und für die Militärs keine
       qualifizierte Ausbildung haben. Dass die Generäle das Risiko, ihren Ruf
       erneut zu ruinieren, auf sich nehmen, zeigt, dass es ihnen neben der Macht
       vor allem um den Zugriff auf staatliche Ressourcen und damit verbundene
       Einkommensmöglichkeiten geht.
       
       Der Putsch ist ein Schritt in die falsche Richtung und wird kein Problem
       des Landes lösen. Zu hoffen bleibt, dass die Militärs sich jetzt vollends
       diskreditieren. Doch ausbaden müsste das wieder die Bevölkerung.
       
       1 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
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