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       # taz.de -- Repressionen in Russland: Attacke auf soziale Medien
       
       > Nach den Protesten vom Sonntag versucht die Regierung, die Mobilisierung
       > im Netz zu stoppen. Die Opposition plant derweil für Dienstag neue
       > Aktionen.
       
   IMG Bild: Julia Nawalnaja am Montag auf dem Weg zu einer Anhörung vor einem Moskauer Gericht
       
       Berlin taz | Perfektes Timing: Nachdem am Sonntag in mehreren Städten
       Russlands erneut [1][Tausende Regierungskritiker*innen auf die
       Straße gegangen sind], holt die Staatsmacht zum nächsten Schlag aus: Am
       Montag trat ein Informationsgesetz in Kraft, das die Betreiber sozialer
       Netzwerke verpflichtet, Aufrufe zur Teilnahme an nicht genehmigten Aktionen
       zu löschen. Auch Mitteilungen, die den Staat und dessen Symbole sowie die
       Würde des Menschen oder die gesellschaftliche Moral beleidigen, sind
       innerhalb von 24 Stunden zu tilgen.
       
       Wird diese Anordnung nicht befolgt, drohen Geldstrafen in Höhe von
       umgerechnet 8.700 bis 44.400 Euro. Warum die Behörden jetzt auch den
       sozialen Netzwerken den Garaus machen wollen, liegt auf der Hand;
       schließlich sind sie derzeit das zentrale Instrument der Opposition, um
       ihre Anhänger*innen zu mobilisieren.
       
       Tausende Menschen waren am Sonntag dem Protestaufruf des inhaftierten
       [2][Kremlkritikers Alexei Nawalny] und seiner Unterstützer*innen
       gefolgt. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation OWD-Info wurden
       landesweit 5.135 Personen festgenommen – darunter 91 Journalisten sowie
       vorübergehend die Ehefrau Nawalnys.
       
       Am Montag verurteilte ein Moskauer Gericht Julia Nawalnaja wegen Teilnahme
       an einer nicht genehmigten Protestaktion zu einer Geldstrafe von
       umgerechnet 220 Euro. In St. Petersburg nahmen Sicherheitskräfte kurzzeitig
       auch ein 11-jähriges Mädchen fest, das offenbar zufällig in die Menge der
       Protestierenden geraten war.
       
       ## Offene Worte
       
       Erstaunlich offen äußerte sich der Ombudsmann für Menschenrechte in St.
       Petersburg zu den Vorgängen vom Wochenende. „Schlagstöcke und
       Elektroschocker lösen die bestehenden Probleme nicht. Die Gewalt verstärkt
       nur noch die Unnachgiebigkeit und bringt noch mehr Bitterkeit hervor.
       Dieser Weg führt in großes Elend. Es ist Zeit aufzuhören“, sagte
       Alexander Schischlow laut dem Onlineportal [3][insider.ru].
       
       Doch ans Aufhören scheinen weder die Staatsmacht noch die Protestierenden
       zu denken. An diesem Dienstag entscheidet ein Moskauer Gericht, ob eine
       Bewährungsstrafe für Nawalny wegen Unterschlagung aus dem Jahr 2014 in eine
       dreieinhalbjährige Haftstrafe umgewandelt wird.
       
       Der 44-Jährige war am 17. Januar [4][bei seiner Einreise nach Russland
       sofort festgenommen] und zunächst zu 30 Tagen Haft verurteilt worden. Die
       russische Staatsanwaltschaft ließ am Montag verlauten, die Strafe wegen
       Verstößen gegen die Bewährungsauflagen in Haft umwandeln zu wollen.
       
       Fast zeitgleich veröffentlichten Nawalnys Unterstützer*innen am
       Montag über soziale Netzwerke einen Aufruf, sich am Dienstag um 10 Uhr vor
       dem Moskauer Stadtgericht einzufinden, wo die Sache Nawalny verhandelt
       wird. „Seid ihr bereit aufzugeben und Wladimir Putin zu erlauben, das zu
       tun, was er plant?“, heißt es in dem Aufruf. Und: „Das ist die Rache dafür,
       dass Nawalny es gewagt hat, nicht zu sterben.“
       
       1 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-fuer-Nawalny-in-Russland/!5748278
   DIR [2] /Kritik-an-Alexei-Nawalny/!5743337
   DIR [3] https://insider.ru/sorry.html
   DIR [4] /Nawalny-in-Moskau-festgenommen/!5744611
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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