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       # taz.de -- Kritik an der EU-Kommissionschefin: Wider die Merkeleyen
       
       > Ursula von der Leyen verweigert sich der internationalen Presse. Auch von
       > Schuldzuweisungen will die EU-Kommissionschefin nichts hören.
       
   IMG Bild: Kanzlerin Merkel besucht ihre ehemalige Ministerin Ursula von der Leyen in Brüssel
       
       Erst wurden „Brüssel“ und „die EU“ zur Zielscheibe, nun steht die
       Kommissionschefin am Pranger: Wegen der [1][schleppenden Lieferung von
       Corona-Impfstoff] wird sogar der Ruf nach dem Rücktritt von Ursula von der
       Leyen laut. Zeitungen in Großbritannien, Frankreich und Luxemburg werfen
       der CDU-Politikerin Inkompetenz und Deutschlastigkeit vor.
       
       Tatsächlich geriert sich die Vertraute von [2][Bundeskanzlerin Angela
       Merkel] allzu oft so, als sei sie immer noch eine deutsche Ministerin. Den
       letzten Beweis lieferte ihr ZDF-Interview am vergangenen Sonntag. Während
       ganz Europa auf Erklärungen für das Debakel um AstraZeneca wartete, wandte
       sich von der Leyen ausschließlich an das deutsche Publikum.
       
       Das war ein ungeschickter Fehltritt, mit dem sie sich einen Shitstorm
       frustrierter EU-Korrespondenten einhandelte. Seit Monaten werden die mehr
       als 1.000 akkreditierten Journalisten mit Erfolgsmeldungen abgespeist.
       Mitten in der schlimmsten Krise der EU bleiben kritische Fragen
       unbeantwortet. Kein Wunder, dass da vielen der Kragen platzt.
       
       Doch es geht nicht nur um kommunikative Fehler, sondern im Kern um die
       Frage, ob die EU von einer unabhängigen Behörde mit europäischen
       Kommissaren geführt wird – oder von einem kleinen Zirkel aus deutschen
       (CDU-) Politikern und ihren Beratern. Und es geht darum, wer hier
       eigentlich die politische Verantwortung trägt. Von der Leyen ist dazu
       offenbar nicht bereit.
       
       Die EU-Kommissionschefin, die nicht durch eine Wahl, sondern durch
       politische Ränkespiele an die Macht gekommen ist, verweist bei Nachfragen
       stets auf die 27 EU-Staaten, die an allen Entscheidungen über die
       Impfstrategie beteiligt waren. Sie selbst will keine Verantwortung
       übernehmen. Dies ist inakzeptabel. Entweder die Kommissionschefin steht zu
       ihren Entscheidungen und korrigiert ihre Fehler oder sie tritt ab.
       
       Allerdings greift es zu kurz, im [3][Streit über die Impfstrategie] nur auf
       „Brüssel“ und von der Leyen einzudreschen. Mindestens ebenso große
       Verantwortung trägt Kanzlerin Merkel, die im Sommer 2020 den EU-Vorsitz
       führte. Im Kanzleramt müssen denn auch die kritischen Nachfragen ansetzen –
       nicht nur in Brüssel. Nur so lassen sich die „Merkeleyen“ – also die
       vertraulichen Absprachen zwischen Merkel und von der Leyen – aufklären.
       
       Und vielleicht auch abstellen. Diese Absprachen am Beginn des Impfdebakels
       führten zu Verzögerungen bei den Bestellungen, aber auch zu Intransparenz
       und Kompetenzwirrwarr. Das zu entflechten wäre wichtiger, als den Schwarzen
       Peter immer nur nach Brüssel zu geben.
       
       3 Feb 2021
       
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