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       # taz.de -- Corona und der Westen: Die Ignoranz der Reichen
       
       > Das Nein der Industriestaaten zur Aussetzung der Patentrechte ist nicht
       > nur ein moralisches Versagen. Es ist auch kurzsichtig gedacht.
       
   IMG Bild: Überwunden wird die Coronapandemie nur global
       
       Mit der Coronapandemie ist fast die gesamte Weltbevölkerung von einem
       gravierenden Gesundheitsnotstand betroffen. Das Ende ist nicht absehbar.
       Dennoch verhindern Deutschland und andere reiche Industriestaaten weiterhin
       [1][eine global gerechte Versorgung mit Impfstoffen] zur Bekämpfung der
       Pandemie.
       
       Das ist die brutale Zuspitzung eines politischen und moralischen Skandals,
       der bereits 1994 begann. Damals setzten die USA, Deutschland, Japan, die
       Schweiz, Großbritannien und Frankreich mit dem TRIPS-Abkommen über
       handelsrelevante intellektuelle Besitztümer weitgehende Patentschutzrechte
       durch – zum Nutzen der in ihren Ländern beheimateten Pharmakonzerne.
       
       Damit sind die Regierungen der reichen Industriestaaten mitverantwortlich
       für die mangelnde medizinische Versorgung von vielen Millionen Menschen,
       für die wegen der Patentschutzrechte in den vergangenen 25 Jahren keine
       günstigen Generika produziert werden durften. Und auch für den Tod von
       vielen Menschen im globalen Süden. Seit 2001 gibt es laut TRIPS-Abkommen
       die Möglichkeit, die Patentschutzrechte auszusetzen. Doch das ließen die
       Industriestaaten bisher nur bei Aids-Medikamenten zu.
       
       Das Hauptargument des Westens: Nur der Patentschutz sichert die künftigen
       Gewinne der Pharmaunternehmen. Und ohne Gewinne würden diese nicht die
       erforderlichen Investitionen für Erforschung und Entwicklung von
       Medikamenten und Impfstoffen unternehmen. Doch dieses Argument gilt in der
       Coronakrise weniger als je zuvor. Denn der größte Teil der seit Anfang 2020
       eingesetzten Finanzmittel sind staatliche Fördergelder und Subventionen.
       
       ## Pharmakonzerne profitieren von Subventionen
       
       Auch die Behauptung, ärmere Länder im globalen Süden seien technisch nicht
       in der Lage, hochwertige Medikamente und Impfstoffe herzustellen, wurde
       bereits in der Aids-Krise durch Indien, Thailand und Südafrika widerlegt.
       In der aktuellen Krise beweist die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen
       Oxford/AstraZeneca und dem [2][Serum Institute of India], was bereits seit
       einem Jahr im großen Maßstab möglich gewesen wäre – wenn die
       Industriestaaten nicht auf nationalen oder europäischen Egoismus gesetzt
       hätten.
       
       Das Nein der reichen Industriestaaten zur Aussetzung der Patentrechte ist
       nicht nur ein moralisches und politisches Versagen. Es ist auch überaus
       kurzsichtig. Denn die Coronapandemie wird weder in Deutschland noch in der
       EU überwunden werden. Auch wenn im Laufe dieses Jahres die erforderliche
       Milliarde Impfdosen allen EU-BürgerInnen zur Verfügung stehen sollten –
       überwunden wird die Coronapandemie, wenn überhaupt, nur global.
       
       4 Feb 2021
       
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