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       # taz.de -- Kommentar von Kai von Appen über Union-Busting im Tierpark: Die Schikane hat System
       
       Eigentlich war der 75-jährige Dirk Albrecht vom zerstrittenen Familienclan
       der Hagenbecks im April 2020 ins Amt des Geschäftsführers gehievt worden,
       um den Tierpark zu befrieden. Der Manager, der auch beim HSV sein
       Stelldichein hatte, sollte den lang anhaltenden Streit der Familiendynastie
       mit ihren ErbInnen beenden. Er war auch der erste alleinige Herrscher in
       der jüngeren Tierparkgeschichte. Jahrelang hatten sich zuvor Patriarch
       Claus Hagenbeck und sein Widersacher und angeheirateter Neffe Joachim
       Weinlig-Hagenbeck unversöhnlich gegenübergestanden.
       
       Seit Albrecht im Amt ist, ist aber kein Frieden eingekehrt, im Gegenteil.
       Immer wieder berichten Beschäftigte von schlechter Stimmung und
       Einschüchterungsversuchen, von einem „Klima der Angst“. Zum Jahreswechsel
       offenbarte Albrecht dann wohl gänzlich sein wahres Gesicht. Obwohl eine
       Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit wegen des Lockdowns zum Greifen nahe
       war, inszenierte er einen Arbeitsstreit im Wildwest-Stil.
       
       Die Drohungen mit Massenentlassungen, Hausverbot für GewerkschafterInnen
       und Kündigungen von Betriebsräten – all das sind keine Maßnahmen eines
       senilen 75-Jährigen, sondern Bestandteil einer US-Unternehmensstrategie:
       Dem Union-Busting und Betriebsrat-Bashing. So nennt man das systematische
       und professionell geplante Vorgehen gegen gewerkschaftliche
       Interessenvertretungen. In Deutschland geht es dabei meistens um die Be-
       oder Verhinderung von Betriebsratsarbeit. Es ist ein Phänomen, das es gar
       nicht geben dürfte: Im Betriebsverfassungsgesetz ist die Mitbestimmung von
       ArbeitnehmerInnen klar geregelt und gesetzlich geschützt. Wer die Wahl oder
       die Arbeit eines Betriebsrats behindert oder stört, muss mit einer
       Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr rechnen.
       
       In Deutschland ist Union-Busting ein relativ neues Phänomen, dennoch gibt
       es ein etabliertes Geschäftsfeld für hochbezahlte AnwältInnen, BeraterInnen
       und Coaches, die sich auf Gewerkschaftsvermeidung spezialisiert haben.
       Obwohl betriebliche Interessenvertretungen hohe gesellschaftliche Akzeptanz
       genießen, häufen sich auch in Deutschland Fälle von Union-Busting – der
       Problemdruck steigt. Deshalb gilt es, solchen Phänomen schon im Keim
       Einhalt zu gebieten. Die Beschäftigten in Hagenbeck machen es vor, indem
       sie sich nichts gefallen lassen.
       
       21 Jan 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
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