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       # taz.de -- Politologe über EU-Vertreter in London: „Was zählt, ist Symbolik“
       
       > Der Politologe Hussein Kassim vermutet ideologische Gründe hinter Londons
       > Entscheidung, einem EU-Vertreter den diplomatischen Status zu entziehen.
       
   IMG Bild: Europe House in London: kein Diplomaten-Status für EU-Botschafter João Vale de Almeida
       
       taz: Herr Kassim, am Donnerstag wurde João Vale de Almeida, dem
       EU-Botschafter für das Vereinigte Königreich bestätigt, dass er keinen
       diplomatischen Status in London erhalten werde. Was bedeutet das genau? 
       
       Hussein Kassim: Dass die britische Regierung der Ansicht ist, die EU sei
       eine internationale Organisation und kein Staat sei und deshalb nicht als
       solcher anerkannt werden dürfe.
       
       Welche Konsequenzen hat das für den EU-Botschafter?
       
       Der EU-Vertreter in London wird nur den Status eines Gesandten haben und
       nicht den eines Botschafters. So darf er zum Beispiel an offiziellen
       Empfängen der Queen nicht teilnehmen. [1][In der Welt der Diplomatie]
       zählen Dinge wie Protokoll, Status und Prestige. Hier ist Symbolik wichtig.
       Dahinter steht, dass an die 104 Nationen EU-Gesandte als
       Botschafter*innen anerkannt haben und diesen die gleichen Rechte wie
       den Repräsentanten von Mitgliedstaaten gewähren. Jedoch hatte auch die
       Trump-Regierung den Status des EU-Botschafter*in herunter gestuft, obwohl
       diese Entscheidung danach wieder rückgängig gemacht wurde. Gleichzeitig
       London hat den Status seines eignen Gesandten in die EU herab gestuft. Tim
       Barrow, ein Diplomat des vierten Hoheitsgrades, wurde von der Gesandten
       Lindsay Croisdale-Appleby abgelöst, die einen niedrigeren diplomatischen
       Rang hat und dem des Botschafters in Paris und Berlin entspricht.
       
       Warum hat sich das Vereinigte Königreich zu diesem Schritt entschieden? 
       
       Offensichtlich stecken ideologische Gründe dahinter. Das Ganze ist Teil
       einer Weltansicht, die nur Staaten als Hauptakteure in der internationalen
       Rangordnung versteht. Anzumerken ist, dass gerade die Euroskeptiker die EU
       als Staat angesehen haben, jetzt jedoch die EU als internationale
       Organisation klassifizieren.
       
       Welche Konsequenzen hat das? 
       
       Diese Entscheidung wird Unterstützung in den Reihen der konservativen
       Hinterbänkler und Brexeteers finden, in Brüssel wurde das jedoch negativ
       aufgenommen. Die Europäische Kommission spricht von einer sehr seltsamen
       Art, den Vertreter desjenigen Partners zu behandeln, mit dem gerade [2][ein
       Handelsabkommen] unterschrieben worden ist.
       
       Sollte das Vereinigte Königreich diese Entscheidung rückgängig machen? 
       
       Irgendwann in der Zukunft vielleicht, aber wahrscheinlich wird das erst
       passieren, wenn die Beziehung zur EU weniger im Fokus des politischen
       Geschehens sind.
       
       23 Jan 2021
       
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