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       # taz.de -- Soziologe über Kundgebung für Nawalny: „Putin ist nicht Russland“
       
       > Igor Eidman erwartet ein hartes Vorgehen der Staatsmacht gegen die
       > Unterstützer*innen des Kremlkritikers. Von Berlin fordert er klare
       > Worte.
       
   IMG Bild: Auch in Berlin wollen Menschen für seine Freiheit demonstrieren: Alexei Nawalny
       
       taz: An diesem Samstag sind die [1][Menschen in Russland] dazu aufgerufen,
       für die [2][Freiheit von Alexei Nawalny] auf die Straße zu gehen. Es gibt
       bereits mehrere Festnahmen von Aktivist*innen. Erwarten Sie auch weitere
       brutale Bilder aus Moskau und St. Petersburg? 
       
       Igor Eidman: Die Regierung wird erbarmungslos gegen die
       Demonstanet*innen vorgehen. Die Polizei wird versuchen, die Proteste
       vor allem in den Großstädten durch harte Maßnahmen zu beenden. Zum Beispiel
       Gewalt und Massenfestnahmen. Und das sage ich nicht nur aufgrund der
       Erfahrungen aus der Vergangenheit.
       
       Sondern? 
       
       Die Regierung in Moskau hat bereits in den vergangenen Tagen begonnen, den
       Menschen Angst einzujagen. Sie warnt die Bevölkerung öffentlich davor, an
       den Demonstrationen teilzunehmen. Vor allem das Bildungsministerium
       versucht, die Student*innen sowie Schüler*innen von den Protesten
       fern zu halten, weil viele junge Menschen sich gegen die Repressionen des
       Kremls zur Wehr setzen.
       
       Am Samstag finden Protestaktionen auch in der Bundesrepublik statt. Die
       größte Mahnwache in Berlin haben Sie mit organisiert. Sie wollen vom
       Kanzleramt zur russischen Botschaft marschieren. Was wollen Sie damit
       erreichen? 
       
       Wir kommen nicht nur zusammen, um Alexei Nawalny zu unterstützen. Wir
       kämpfen auch für die Freilassung aller anderen politischen Gefangenen in
       Russland sowie für ukrainische Bürger, die in russischen Gefängnissen
       sitzen. Wir wollen aber auch der deutschen Gesellschaft zeigen, dass Putin
       nicht Russland ist und dass viele in Deutschland lebende russischsprachige
       Menschen gegen die Diktatur und für Freiheit und Demokratie in Russland
       sind. Von der deutschen Regierung und von Bundeskanzlerin Angela Merkel
       persönlich fordern wir, sich ganz konkret für die Freiheit von Nawalny und
       anderen Gefangenen einzusetzen.
       
       Warum glauben Sie, dass Angela Merkels Worte Gewicht haben? 
       
       Ich bin mir absolut sicher, dass die Bundeskanzlerin die Situation
       beeinflussen kann. Es gab viele Beispiele dafür, dass der Kreml politische
       Gefangene frei gelassen hat, nachdem der Westen bzw. Berlin den Druck auf
       Moskau erhöht hatten. Da ist die Freilassung des Oppositionellen Michail
       Chodorkowsky (Putin-Kritiker, der von 2003 bis 2013 in Haft war, Anm. d.
       Red.) oder der Sänger*innen der Punkband „Pussy Riot“.
       
       Sie haben Ihren Verein mit dem Ziel gegründet „den Vormarsch des Putinismus
       nach Europa zu stoppen“. 
       
       Der Kreml hat in Deutschland agitiert, damit russischsprachige
       Bürger*innen ihre Stimme bei der letzten Bundestagswahl der AfD geben.
       Das passiert zum Beispiel über russische Fernsehkanäle, die in Moskau
       ansässig sind und in Deutschland senden. Wir versuchen, [3][dieser
       Propaganda] in Zukunft etwas entgegen zu setzen.
       
       Sie kritisieren aber auch die Position der Linken, die Sie als
       „kremlfreundlich“ bezeichnen sowie Vertreter der SPD. Also fast jeden, der
       oder die sich quasi nicht gegen Putin äußert.
       
       Nein, wir kritisieren nur diejenigen, die die Position des Kreml verbreiten
       und die Politik von Präsident Wladimir Putin unterstützen wie Sahra
       Wagenknecht und Gerhardt Schröder. Wir wollen aber eher Menschen
       zusammenbringen, die sich für europäische Werte, wie Freiheit und
       Demokratie einsetzen. Werte, die jeden Tag in Russland missachtet werden.
       
       23 Jan 2021
       
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