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       # taz.de -- Klub-WM im Männerfußball in Katar: Wir nennen es Weltmeisterschaft
       
       > Bei der Klub-WM in Katar waren wie selbstverständlich Europa und
       > Südamerika fürs Halbfinale gesetzt. Denn was soll das schon sein, Asien
       > oder Afrika?
       
   IMG Bild: Nur Beiwerk? Seol Youngwoo von Ulsan Hyundai (l) und Luis Quinones von Tigres UANL in Aktion
       
       Freundlicherweise hat Karl-Heinz Rummenigge darauf hingewiesen, dass es bei
       der Klub-WM um Macht geht. [1][Er teilte nämlich mit], „dass Bayern München
       als deutscher Verein für unser Land bei diesem Turnier in Doha antritt“.
       Doch so kennt man den bescheidenen Kalle aus dem beschaulichen Lippstadt:
       Immer macht er sich kleiner, als er ist. Denn Bayern war ja europäischer,
       nicht deutscher Vertreter bei der Klub-WM. Schließlich hat es 2020 die Uefa
       Champions League gewonnen und es treten bei der Klub-WM, sieht man vom
       katarischen Landesmeister ab, die jeweiligen Champions-League-Sieger der
       Kontinente an.
       
       Südamerika wurde von Palmeiras São Paulo vertreten, [2][ganz frischer
       Copa-Libertadores-Sieger], und für diesen Erfolg ist es nicht so wichtig,
       dass der Verein aus Brasilien kommt. Der Kairoer Klub al-Ahly SC (CAF
       Champions League) trat ja auch nicht für Ägypten an, sondern für Afrika.
       Ähnlich die Tigres aus Monterrey (Concacaf Champions League), die nicht für
       Mexiko dabei waren, sondern für Nord- und Mittelamerika. So etwas gilt auch
       für das südkoreanische Ulsan Hyundai (AFC Champions League): es
       repräsentierte Asien.
       
       Südamerika, Afrika, Asien, Nord-Mittelamerika, Europa. Das ist zwar nicht
       die ganze Welt, aber halbwegs vollständig ist es schon. Könnte man meinen.
       Jedoch wie selbstverständlich waren Europa und Südamerika fürs Halbfinale
       gesetzt, wo für Palmeiras gleich Schluss war. Eine bemerkenswerte WM, bei
       der Champions-League-Gewinner minderer Güte aus eher unwichtigen
       Kontinenten kommen (wo liegt schon Afrika? was soll das sein, Asien?), sich
       durch die ersten Spiele beißen durften, bis die Teams eingeflogen wurden,
       die dem Veranstalter des Turniers erst eine profitable Vermarktung
       garantierten.
       
       Früher wurde die Botschaft, dass der Weltfußball europäisch-südamerikanisch
       ist, und nichts sonst!, sogar noch dreister demonstriert. An der
       allerersten Männer-WM 1934 nahm zwar Ägypten teil, aber dann dauerte es bis
       1970, bis endlich wieder ein Team aus Afrika mitspielen durfte. Und zwar
       gerade mal ein Team! Das war 1970 Marokko, 1974 das damalige Zaire, und
       1978 Tunesien.
       
       ## Europa ist dreimal so viel Wert wie Afrika
       
       Bis 1982 musste man warten, bis dieser große Kontinent bei der WM
       wenigstens mit zwei Teams vertreten war, und noch zuletzt, 2018, war das
       Verhältnis europäischer zu afrikanischer Mannschaften 14 zu 5. Grob
       überschlagen lautet also die Botschaft: Trotz des generösen Entgegenkommens
       der Fifa ist Europa immer noch dreimal so viel Wert wie Afrika, zumindest
       fußballerisch.
       
       Blickt man nach Asien, verhält es sich sehr ähnlich: Bis 1994 war der
       Kontinent mit maximal zwei Teams bei einer Fußball-WM vertreten. Oft –
       1958, 1962 und 1974 – waren jedoch gar keine asiatischen Vertreter dabei.
       Schaut man noch genauer hin, wird es noch interessanter: 1970 war Israel
       der Repräsentant der Kontinente Asien und Ozeanien.
       
       ## Weltfußball als europäisch-südamerikanisches Projekt
       
       Allerdings nicht, weil der Mittelmeerstaat geografisch wirklich in Asien
       liegt, sondern weil er sich gegen Australien durchgesetzt hatte – als
       bestes Team Ozeaniens! Der jüdische Staat war nämlich (und ist immer noch)
       aus den asiatischen Sportverbänden ausgeschlossen; mittlerweile gehört das
       Land fußballerisch zur europäischen Uefa, davor wurde es von der Fifa
       kurzerhand nach Ozeanien verfrachtet.
       
       Der Weltfußball ist halt ein europäisch-südamerikanisches Projekt. Dabei
       klingt das immer so harmlos, wenn man es sich von Karl-Heinz Rummenigge
       erklären lässt. „Man hatte immer den Eindruck, in Brandenburg ist
       irgendeiner, der den FC Bayern nicht mag“, hatte der verständnisvoll nach
       dem gescheiterten Versuch seines Teams, nach Mitternacht vom BER
       wegzufliegen, erklärt. Was er damit sagen wollte, ist vermutlich, dass da
       gewiss Kräfte am Werk waren, die etwas gegen die europäische Herrschaft der
       Fußballwelt haben.
       
       10 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-klub-wm-flug-verspaetung-1.5198730
   DIR [2] https://www.sport.de/news/ne4331533/palmeiras-gewinnt-copa-libertadores/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Krauss
       
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