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       # taz.de -- Oppositioneller in Belarus: Wiktor Babariko vor Gericht
       
       > Der Ex-Banker wollte bei der Präsidentenwahl im August 2020 Lukaschenko
       > herausfordern. Nun ist er angeklagt wegen Korruption.
       
   IMG Bild: Der belarussische Oppositionelle Wiktor Babariko muss sich seit Mittwoch vor Gericht verantworten
       
       Berlin taz | Es waren aufbauende Worte, die Wiktor Babariko Anfang der
       Woche an seine Landsleute richtete. In Belarus sei eine Generation
       herangewachsen, die einen neuen Blick auf sich selbst, ihr Land und die
       Zukunft habe. Eine Generation, die bereit sei dafür zu kämpfen, nicht
       länger eine Viehherde zu sein, sagte Babariko.
       
       Auch er braucht jetzt Durchhaltevermögen. Seit Mittwoch steht der
       57-jährige Ex-Banker, der Alexander Lukaschenko bei der
       [1][Präsidentenwahl] am 9. August 2020 hatte herausfordern wollen, in Minsk
       vor Gericht. Die Anklage lautet auf Korruption, Geldwäsche und Annahme von
       Schmiergeldern. Die Summe soll sich auf umgerechnet knapp 50 Millionen Euro
       belaufen.
       
       Babariko wurde in Minsk geboren, wo er auch aufwuchs. Ein Hang zum
       Unternehmertum zeigte sich bereits nach der 7. Klasse. Er arbeitete in
       einer Holzwerkstatt des Minsker Automobilwerkes (MAZ), schaffte einiges
       Material beiseite und stellte heimlich Clogs her. Das erste selbst
       verdiente Geld investierte er in den Kauf eines Kassettenrekorders.
       
       Im vierten Jahr seines Mathematik- und Mechanikstudiums an der Staatlichen
       Belarussischen Universität (BGU) wurde er aus dem kommunistischen
       Jugendverband Komsomol ausgeschlossen, da „er sich nicht dem System
       unterordnen könne“. Dennoch gelang es ihm, seine Ausbildung zu beenden.
       Nach dem Abschluss an der Akademie für Management, die heute direkt dem
       Präsidenten untersteht, ging er in den Bankensektor. 2000 übernahm er die
       Leitung der Belgazprombank, eine Tochter der russischen Gazprombank.
       
       ## Banker und Mäzen
       
       Parallel dazu machte sich Babariko als Mäzen einen Namen. Unter anderem
       gründete er eine Stiftung für kranke Kinder, finanzierte die Herausgabe von
       Werken der Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch und wirkte
       daran mit, Bilder emigrierter belarussischer Künstler wieder nach Belarus
       zurückzuholen.
       
       Zwischendurch meldete sich der verwitwete Vater eines Sohnes und einer
       Tochter auch immer mal wieder kritisch in den Medien zu Wort. Den
       Belaruss*innen schrieb er ins Stammbuch, sie seien unfähig, ihre
       eigenen Lebensumstände zu verbessern, und würden die Verantwortung auf
       andere abwälzen. Nach dem Ausbruch der Coronapandemie warf er der
       Staatsmacht vor, keine Maßnahmen zu ergreifen. Spätestens da orakelten
       Beobachter*innen, Babariko wolle vielleicht in die Politik gehen.
       
       Sie sollten recht behalten. Am 12. Mai 2020 gab die Belgazprombank bekannt,
       Babariko ziehe sich zurück und wolle bei der Präsidentenwahl kandidieren.
       Lukaschenko kommentierte diese Ambitionen mit dem ihm eigenen sprachlichen
       Feinschliff: Babariko sei ein „Schuft“ und ein „fetter Bourgeois“. Am 18.
       Juni 2020 wurde Babariko festgenommen, seine Kandidatur dadurch vereitelt.
       Am Mittwoch versuchten Vertreter*innen unabhängiger Medien vergeblich,
       in den Gerichtssaal zu gelangen. Dafür saßen ihre regimetreuen
       Kolleg*innen in der ersten Reihe.
       
       18 Feb 2021
       
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       ## AUTOREN
       
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