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       # taz.de -- Konflikt um Staudamm in Uganda: Die Flussgeister sind verstummt
       
       > Für die Bevölkerung ist die Quelle des Nils ein Kulturgut, für die
       > Regierenden eine Stromquelle. Auch deutsche Geldgeber mischen mit.
       
       Früher war diese Stelle am Ufer des Victoriasees ein Touristenmagnet. Jetzt
       steht der ugandische Touristenführer Ronald Mukuye ganz allein auf dem
       Holzsteg, der ins Wasser hineinführt. Betrübt guckt er auf die gewaltigen
       Wassermassen, die sich majestätisch in die Flussmündung hineinschieben.
       
       Nur wenige Meter vor ihm ragt ein rostiges, rundes Schild aus den braunen
       Fluten: „Die Quelle des Nils“ steht dort mit weißen Lettern auf blauem
       Hintergrund geschrieben – eine perfekte Kulisse für ein Erinnerungsfoto.
       
       „Diese Stelle ist weltweit berühmt“, sagt der 29-jährige Ugander Mukuye.
       Bis heute ist der Abfluss des Weißen Nils aus dem größten See Afrikas ein
       Pilgerort für weiße Safaritouristen. Aus afrikanischer Sicht erinnert das
       Schild hingegen an die [1][koloniale Fremd- und Gewaltherrschaft]. Deswegen
       ist der Ort heute auch ein Wahrzeichen des antikolonialen Widerstands. Ein
       Teil der Asche von Mahatma Gandhi wurde nach seinem Tod 1948 hier in den
       Nil gestreut – auf seinen Wunsch, als Anerkennung der Inspiration aus
       Afrika für seinen Freiheitskampf in Indien.
       
       Touristenführer Mukuye sagt, vor dem Ausbruch der Coronapandemie habe er
       hier wöchentlich über 400 Besucher aus allen Teilen der Welt empfangen und
       ihnen die Geschichte dieses Ortes erzählt. Heute kommen nur noch ugandische
       Familien zum Sonntagsausflug. Sie schießen Fotos und sitzen auf
       Plastikstühlen zwischen den Souvenirshops und den Holzbuden, wo es
       „Nile“-Bier und Süßgetränke gibt.
       
       An manchen Tagen spaziert Mukuye ganz alleine durch das sumpfige, nasse
       Gras bis zum Steg. Libellen schwirren umher. Am Himmel kreist ein
       Raubvogel. Es riecht nach Algen und Fisch. Aufgrund außergewöhnlich langer
       Regenzeiten ist der [2][Wasserstand des Victoriasees] seit vergangenem Jahr
       extrem hoch. Vielerorts sind die Ufer überschwemmt, Häuser und Brücken
       zerstört. Der Boden unter Mukuyes Füßen ist matschig.
       
       Der Nil gilt als längster Fluss der Welt neben dem Amazonas. Er ist auch
       der einzige Abfluss aus dem riesigen Victoriasee im Herzen Afrikas. Rund
       5.500 Kilometer schlängelt sich der Weiße Nil von hier aus gen Norden:
       durch die Savannenlandschaft Nordugandas, durch die Sümpfe Südsudans,
       weiter durch die steinigen Tiefebene Sudans, wo der viel mehr Wasser
       führende Blaue Nil aus Äthiopien auf ihn stößt und ihm die Kraft verleiht,
       die ihn durch die Wüste Sahara bis nach Ägypten führt: „Drei Monate braucht
       das Wasser von hier aus bis ans Mittelmeer“, sagt Mukuye.
       
       ## Der Nil als ungelöstes Rätsel
       
       Um die Quelle des Nils gibt es seit Jahrhunderten Streit. Früher wollten
       die britischen Kolonialherren den Fluss und seine Kraft für ihre Zwecke
       nutzen und errichteten die ersten Wasserkraftanlagen. 2012 wurde mithilfe
       der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau, der KfW, ein Staudamm
       fertiggestellt – obwohl der Ort für die Menschen, die am Ufer leben, heilig
       ist. Nicht nur Corona schadet dem Tourismus, auch der Damm vertreibt die
       Besucher. Aber der Reihe nach.
       
       Der ugandische Touristenführer schlendert zu einem Obelisken aus
       braun-rotem Sandstein, der neben dem Ufer knapp zehn Meter in den Himmel
       ragt. „Hier stand einst der britische Forscher John Hanning Speke“, erzählt
       er und zeigt auf den Säulensockel. Dort prangt ein Datum: der 28. Juli
       1862. An jenem Tag, so lernen hier die Touristen, machte der britische
       Forschungsreisende Speke im Auftrag der Royal Geographical Society in
       London hier die Nilquelle ausfindig, nach jahrelangen mühsamen Reisen durch
       das tropische Afrika.
       
       Bis dahin wussten die Europäer nur wenig über ihren Nachbarkontinent
       Afrika. Jahrtausendelang war es für sie ein ungelöstes Rätsel, wo all das
       Wasser herkommt, das in Ägypten ins Mittelmeer fließt. Klar war: Der Fluss
       wird gespeist von Regenfällen in den Tropen am Äquator, denn zu
       Monsunzeiten führt der Nil weit mehr Wasser als zu Trockenzeiten. Damit war
       der wasserintensive Anbau von Baumwolle an den Ufern des Nils in Ägypten
       für die britische Textilindustrie nur zu bestimmten Monaten im Jahr
       möglich. Ein Damm an der Nilquelle, der das Wasser zu Regenzeiten staute
       und zu Trockenzeiten entließ, sollte die Baumwollproduktion ganzjährig
       möglich machen. Das war die Idee.
       
       Und so wurde für Großbritannien die Suche nach dem Nil-Ursprung im Herzen
       Afrikas zur wirtschaftlich-strategischen Unternehmung. Und die Kontrolle
       über den Nil galt zugleich als Kontrolle über diesen Teil Afrikas. Die
       Nil-Erforschung war ein Eroberungsfeldzug.
       
       „Die Expedition hat nun ihre Aufgaben erfüllt“, notierte Speke an jenem Tag
       im Juli 1862 in sein Tagebuch, als er an dieser Stelle ankam, an welcher
       Mukuye heute steht. Er bestaunte die massiven Felsen im breiten Fluss, an
       denen sich die Wassermassen brachen, und schilderte die Szene ausführlich
       in seinem Tagebuch. Aus der weißen Gischt hüpften die Fische empor. Er sah
       Hippos und Krokodile, die sich im seichten Wasser tummelten; Rinderherden,
       die von Hirten ans Ufer getrieben wurden, um dort zu trinken; er sah
       Fischer mit ihren selbst gebauten Kanubooten, die ihre Netze auswarfen.
       
       „Ein so interessantes Bild, wie man es sich nur wünschen kann“, schrieb
       Speke. „Ich habe gesehen, wie der alte Vater Nil aus dem Victoria Nyanza
       aufsteigt, ohne jeden Zweifel, und wie ich vorausgesagt hatte, ist dieser
       See die große Quelle des heiligen Flusses.“ Dem See konnte er nur einen
       Namen geben – den seiner Königin: Victoria.
       
       ## Ein Staudamm sollte den Fluss bändigen
       
       Die Menschen, die an diesem Ufer lebten, nannten das Gewässer „Nyanza“. Sie
       gehörten zur Ethnie der Basoga, deren altes Königreich Busoga seit dem 16.
       Jahrhundert hier bestand. Sie lebten vom Fisch aber auch vom Handel. Die
       Basoga waren das Handelsvolk, das den Warenverkehr zwischen dem Inneren des
       Kontinents und den Häfen im Indischen Ozean abwickelte – vor allem die
       gefährliche Übersetzung über den gewaltigen Fluss.
       
       Speke beobachtete junge Männer, die mit einem hölzernen Floß Waren und
       Reisende über den 150 Meter breiten Strom transportierten. Vor der
       Überfahrt opferten sie den Flussgeistern, um das Wasser zu zähmen. Immer
       wieder zerschellten Boote, die von der Strömung auf die Felsen getrieben
       wurden. Die Menschen nannten den Ort in ihrer Sprache „Jinja“, übersetzt:
       Felsen.
       
       Die Basoga hatten einen traditionellen Führer, den „Budhagali“ – ein
       Medium, welches die Geister des Nils bändigen konnte. Zu ihm kamen die
       Handelsreisenden und gaben Opfer, um eine sichere Überfahrt zu
       gewährleisten.
       
       Doch die Briten hatte eine andere Vorstellung, um den Fluss zu bändigen:
       einen Staudamm. Der Bau des ersten Wasserkraftwerks 1954 ermöglichte es den
       Kolonialherren, durch Stromgewinnung auch in Ostafrika eine
       Industrialisierung einzuleiten. Am Felsen Jinja wurde ab 1948 die
       gleichnamige Stadt angelegt, seit 1956 wird an der Nilquelle das in ganz
       Ostafrika berühmte „Nile-Special“-Bier gebraut. Weitere wasserintensive
       Industrien siedelten sich dort an: Baumwollmanufakturen, Zuckerfabriken. So
       wuchs entlang der Flussmündung das heutige Industriezentrum Jinja, mit
       derzeit rund 75.000 Einwohnern Ugandas viertgrößte Stadt.
       
       Auf einem der gewaltigen Felsen inmitten des Flusses kauerte jüngst der
       29-jährige Hassan Yiga Kirunda zehn Tage lang. Er aß nichts, trank nichts,
       ging nicht aufs Klo. Um sich vor Kälte und Nässe zu schützen, bedeckte er
       sich mit den Blättern der vorbeitreibenden Wasserhyazinthen.
       
       Als er am elften Tag durch die reißende Strömung zum Ufer zurück watete,
       wurde er dort von den Ältesten der Busoga-Clans mit Trommelwirbel
       empfangen. Aus allen Ecken Ugandas und sogar aus ganz Afrika kamen die
       traditionellen Könige nach Jinja, um den frisch initiierten Volksvertreter
       zu feiern. Busoga ist bis heute einflussreich in Uganda, sein
       traditioneller Führer gilt als der Herrscher über den Fluss.
       
       „Die Flussgeister haben mich auserwählt“, berichtet Kirunda. Seinen
       Geburtsnamen hat er mittlerweile abgelegt. Er wird nun „Budhagali“ genannt,
       nach der felsigen Insel im Nil, auf der er saß. Im blau-weiß-karierten Hemd
       mit traditioneller Latzhose aus den Fasern der Borkenrinde, mit zahlreichen
       Muscheln bestickt, sitzt der junge Mann mit kurzen Rastas auf dem Kopf in
       einer kreisrunden Hütte auf einer Bastmatte auf dem Boden. Um ihn herum
       stehen traditionelle Trommeln und mit Muscheln und bunten Perlen bestickte
       Zupfinstrumente und Rasseln.
       
       In der Kultur der Basoga gilt der Budhagali als das Medium, das die
       Nil-Geister als ihren menschlichen Vertreter auserkoren haben. Zu ihm
       kommen die Leute, wenn sie Sorgen haben, krank sind oder Rat suchen. Der
       Budhagali schlägt dann am Ufer die Trommeln, um Kontakt mit den
       Flussgeistern aufzunehmen, die den Menschen helfen sollen. „Die Geister
       herrschen hier schon seit Ewigkeiten“, erzählt Kirunda. Zwischen seinen
       Zähnen kaut er auf einem Stück Miswak-Holz, der traditionellen Zahnbürste
       in Ostafrika. Der Budhagali soll die moderne Lebensweise meiden. Er darf
       nicht heiraten und keinen Sex haben.
       
       „Trotz der Bekehrung zum Christentum oder Islam glauben immer noch viele
       Menschen an die Flussgeister“, sagt er und zeigt aus der Hütte hinaus in
       Richtung Flussufer. „Wie fest ihr Glaube ist, haben wir festgestellt, als
       die Regierung hier den Damm bauen wollte. Die Geister waren dagegen und die
       Leute sind ihnen gefolgt.“
       
       Bujagali heißt heute auch der Damm, dessen Staumauer sich nur einen
       Steinwurf entfernt vom Schrein des Geisterbeschwörers in die Höhe ragt. Das
       2012 nach fünf Jahren Bauzeit fertiggestellte Wasserkraftwerk, das zu
       Hochzeiten 250 Megawatt Strom erzeugt, gilt bis heute als Projekt mit
       [3][„Modellcharakter“, wie die deutsche Entwicklungsbank KfW] urteilt. Sie
       stellte im Rahmen eines von der Weltbank geführten Bankenkonsortiums einen
       Kredit von 15 Millionen Dollar zur Verfügung, die Deutsche Investitions-
       und Entwicklungsgesellschaft, eine KfW-Tochter, weitere rund 40 Millionen
       Dollar.
       
       Insgesamt werden die Kosten des Baus auf knapp eine Milliarde Dollar
       ausgewiesen. Es war das erste privat gebaute Wasserkraftwerk in
       Subsahara-Afrika. Die KfW bezeichnete Uganda damals als „Hochrisikoland“,
       das sich in einer „Energiekrise“ befinde, aber gegen das Bujagali-Projekt
       gab es massive ökologische Bedenken.
       
       Um den Bau dennoch zu ermöglichen, ging Ugandas Regierung mit einem
       Konsortium privater Investoren unter Führung von Sithe Global aus Kenia,
       mehrheitlich im Besitz der US-Beteiligungsfirma Blackstone, eine
       öffentlich-private Partnerschaft ein: Das Geld für den Damm wurde von
       Banken geliehen und muss nun vom Betreiberkonsortium BEL, der Bujagali
       Energy Limited, zurückgezahlt werden – die sich das Geld von Ugandas
       Regierung holt, indem staatliche Stellen viel mehr für den Strom zahlen,
       als er sonst kostet. 30 Jahre nach Inbetriebnahme geht dafür das Projekt in
       Staatsbesitz über.
       
       Ugandas Regierung hat ambitionierte Pläne, die Stromversorgung in den
       nächsten 20 Jahren drastisch zu erhöhen, um die Industrialisierung weiter
       voranzutreiben. Das Land hat derzeit über 46 Millionen Einwohner, bis zur
       Mitte des Jahrhunderts dürften es 100 Millionen werden. Nur 26 Prozent der
       Bevölkerung haben Strom; 80 Prozent sollen es werden, sieht das nationale
       Entwicklungsprogramm „Vision 2040“ vor. Wie soll das gehen? Wie schon zu
       Kolonialzeiten steht die Wasserkraft am Nil ganz oben auf der Liste.
       
       Zuletzt sorgte der Vorschlag für den Bau eines Wasserkraftwerks an den
       berühmten Fällen im Murchinson-Nationalpark, 240 Kilometer nordwestlich von
       Jinja nahe der Grenze zum Kongo, für einen Aufschrei. Die Murchinson-Fälle
       sind ein weiterer Touristenmagnet in Uganda. Hier zwängen sich 300
       Kubikmeter Nilwasser pro Sekunde durch eine zehn Meter breite Enge zwischen
       den Felsen und donnern dann hinunter in die Tiefebene. Im Becken unterhalb
       der Wasserfälle lauern Hunderte Alligatoren mit offenen Mäulern, denn die
       meisten Fische überleben den Fall durch das felsige Nadelöhr nicht – ein
       Festmahl für die Reptilien, ein Spektakel für Touristen.
       
       60 Megawatt Strom versprach eine Machbarkeitsstudie von Ugandas
       Energieministerium für einen Staudamm an diesen Wasserfällen.
       Umweltschützer, Tourismusverbände und die Zivilbevölkerung gingen auf die
       Barrikaden. Immerhin: Das Parlament sprach sich schließlich dagegen aus.
       Der Grund: Der Damm sei schlecht für den Tourismus.
       
       Auch der Bujagali-Damm an der Quelle des Nils war bei der lokalen
       Bevölkerung der Basoga von vornherein umstritten. Obwohl nur wenige
       Haushalte am Flussufer umgesiedelt werden mussten, protestierten die
       Menschen massiv dagegen. Der Grund: Der Schrein am Flussufer, in welchem
       der Geisterbeschwörer lebt, musste umgesetzt werden. „Unsere Götter leben
       in diesem Wasser“, erklärt der Budhagali. „Die Regierung hätte mit den
       Geistern verhandeln und Opfer bringen müssen.“
       
       Doch die westlichen Vertreter in dem internationalen Konsortium konnten mit
       diesen Forderungen nicht umgehen. Mit Geistern um eine fast
       milliardenschwere Investition zu verhandeln, das war ihnen fremd. Ugandas
       Regierung versprach der Basoga-Bevölkerung in Jinja als Entschädigung eine
       neue, vierspurige Brücke über den Fluss, um den Verkehr zu erleichtern.
       Jinja ist ein Nadelöhr im Lastwagenverkehr zwischen dem Inneren Afrikas und
       dem Indischen Ozean.
       
       Die Bedenken der Bevölkerung wurden jedoch weitestgehend ignoriert. Im
       Schrein des Geisterbeschwörers Budhagali, der einige Kilometer weiter
       flussabwärts neu errichtet werden musste, hängt nach wie vor nicht einmal
       eine Glühbirne an der Decke. In der Stadt Jinja fällt bis heute noch immer
       regelmäßig der Strom aus. „Wir haben nichts von diesem Damm“, klagt der
       Budhagali.
       
       Als „Fehler“ bezeichnete jüngst auch Ugandas Präsident Yoweri Museveni das
       Projekt. Der Grund: Der Strom aus dem Bujagali-Damm ist aufgrund der hohen
       Rückzahlungsraten der Kredite über 30 Jahre hinweg fast doppelt so teuer
       wie der von anderen Wasserkraftwerken im Land. Das ist schlecht für Ugandas
       Wirtschaft. Die KfW sieht dies anders: „Das Projekt ist weiterhin als
       Erfolg zu bewerten, weil Uganda sonst erhebliche Einschränkungen in der
       sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung in der letzten Dekade gehabt
       hätte, mit auch hohen Kosten für mindestens doppelt so teuren Strom aus
       umweltschädlichen Dieselaggregaten“, schreibt die KfW auf Anfrage der taz
       am wochenende.
       
       „Die Staumauern haben die Touristenbranche zerstört“, klagt Coby Ludick.
       Der 25-jährige Südafrikaner kam 2017 zum ersten Mal mit seinem Kajak an den
       Nil. Damals galt der reißende Fluss mit seinen felsigen Stromschnellen
       unter den Profikajakern noch als „Weltspitze“, sagt er. Noch bis vor zwei
       Jahren traf sich jährlich die weltweite Extrem-Sport-Community mit Kajaks
       und Schlauchbooten an der Nilquelle. Es war wie ein Ritual, erzählt Ludick:
       Erst wurde auf Ostafrikas größtem Musikfestival Nyege-Nyege gefeiert,
       Nile-Bier in großen Mengen getrunken. Danach donnerten Hunderte
       adrenalinsüchtige Kajaker die felsigen Fälle hinunter. „Es waren die besten
       stehenden Wellen der Welt“, schwärmt Ludick bis heute. „Der Nil gab den
       extra Kick“, sagt er und lacht.
       
       Bis zu 100 ausländische Touristen schickte er täglich über die
       Stromschnellen den Nil hinunter – ein gutes Geschäft. Dann wurde 2019
       unterhalb des Bujagali-Damms mit Hilfe des deutschen Unternehmens Fichtner
       eine weitere Staumauer fertiggestellt: Das Isimba-Wasserkraftwerk. Seitdem
       sind die Felsen im Fluss in einem Stausee versunken. Der reißende Strom mit
       seinen gefährlichen Schnellen wurde endgültig gebändigt.
       
       Nalubale Rafting heißt Ludicks Rafting-Unternehmen, benannt nach einem der
       Geister des Wassers. Es beschäftigt 24 junge Männer und Frauen aus den
       Basoga-Gemeinden entlang des Nils, die hier jeden Felsen und jede
       Stromschnelle kennen und unkundige Touristen sicher lotsen.
       
       Der Tourismus ist eine wichtige Einkommensquelle für Ugandas Wirtschaft –
       nicht nur am Nil, auch in den Nationalparks in den Bergen an der Grenze zu
       Ruanda und Kongo mit ihren Elefanten und den vom Aussterben bedrohten
       Gorillas. Der Tourismus macht knapp acht Prozent des Bruttosozialprodukts
       aus und schafft rund 800.000 Arbeitsplätze in einem Land, das von extremer
       Arbeitslosigkeit geprägt ist. Rund 1,5 Millionen ausländische Touristen
       besuchen jährlich Uganda – normalerweise. Die meisten reisten bisher nach
       Jinja, um Kajak zu fahren und ein Foto an der Nilquelle zu schießen.
       
       Doch heute steht die Nilquelle für Wasserkraft. Und die Coronapandemie
       bedeutet wohl das endgültige Aus. Wir erreichen Tourismusunternehmer Ludick
       nun telefonisch in Malawi. Dort schaut er sich nach neuen Geschäftsideen
       um: „Wir haben in Uganda am Nil keine Kunden mehr.“
       
       7 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
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