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       # taz.de -- Wirkstoffe gegen Coronavirus: Ein Impfstoff aus Havanna
       
       > Soberana02 heißt der in Kuba entwickelte Impfstoff gegen das Coronavirus.
       > Demnächst wird er im Iran die Testphase III durchlaufen.
       
   IMG Bild: Der Impfstoff „Soberana 02“ wird im Finlay Vaccine Institute in Havanna verpackt
       
       Hamburg taz | Dagmar García Rivera ist zuversichtlich. „Wir Kubaner werden
       Impfstoffe haben, und 2021 wird das Jahr sein, in dem unsere Impfstoffe die
       Epidemie besiegen werden“, schreibt die Direktorin der Forschungsabteilung
       des Finlay-Instituts. Das im Westen der kubanischen Hauptstadt gelegene
       Forschungszentrum ist so etwas wie das Mekka der Impfstoffentwicklung auf
       der Insel. Impfstoffe gegen Hepatitis und Meningitis wurden hier
       entwickelt, an einem HIV-Impfstoff wurde geforscht, und nun sorgen gleich
       vier vielversprechende Impfstoff-Kandidaten aus den Labors in Havanna für
       regionale Schlagzeilen.
       
       Soberana02, so viel wie Souverän02, heißt der vielversprechendste Kandidat.
       Derzeit durchläuft er die klinischen Tests der Phase II mit rund 900
       Probanden in zwei Stadtteilen Havannas mit hohen Infektionszahlen: La Lisa
       und Plaza de la Revolución. Zwei Impfungen binnen 28 Tagen sehen die Tests
       vor, und bisher sind alle Ergebnisse zu Verträglichkeit, Immunantwort und
       Effektivität des Impfstoffs positiv. Damit ist Soberana02 der erste
       lateinamerikanische Impfstoff und zugleich auch einer der ersten, die in
       einem Land des globalen Südens die Phase II erreicht haben.
       
       Die Vorbereitungen für die Phase III laufen in Havanna bereits, welche
       jedoch nicht auf Kuba stattfinden kann. Der Grund dafür ist einleuchtend:
       es gibt auf der Insel nur rund 23.000 Infizierte (Stand 27. 1.). Zu wenig
       für die geplanten Tests mit rund 150.000 Probanden, [1][die deshalb im Iran
       stattfinden] werden.
       
       Die Verträge mit den iranischen Kollegen des Pasteur-Instituts in Teheran
       wurden bereits Anfang Januar unterzeichnet. Im Iran hat sich das Virus
       deutlich stärker verbreitet, rund 1,4 Millionen Infizierte gibt es laut
       offiziellen Zahlen im Land. Dort soll eventuell schon im Februar, eher aber
       im März mit dem Impfen der Probanden in der Hauptstadt begonnen werden.
       Danach wären alle international verbindlichen Voraussetzungen erfüllt, um
       Soberana02 bei der WHO registrieren zu lassen und das Vakzin auch
       international anzumelden.
       
       ## Proteinbasierter Impfstoff
       
       Soberana02 ist ein aus Proteinen bestehender Impfstoff. Das hat einige
       Vorteile gegenüber den beiden bisher im Einsatz befindlichen
       mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna. So muss Soberana02 nicht gekühlt
       werden. Er enthalte nur Teile des Coronavirus, sei sicher und rufe keine
       Nebenwirkungen hervor, betonte Vicente Vérez auf einer Pressekonferenz
       letzte Woche in Havanna.
       
       Vérez ist Direktor des Finlay-Instituts und gerade dabei, die
       Produktionskapazitäten auf der Insel neu zu organisieren. 100 Millionen
       Impfdosen wollen Vérez und sein Team produzieren, um 2021 sowohl die eigene
       Bevölkerung zu impfen als auch die Nachfrage aus Ländern wie Venezuela,
       Iran, Pakistan, Vietnam und Indien zu decken. Laut seinem Team, zu dem auch
       die bereits erwähnte Doktorin Dagmar García Rivera gehört, ist Soberana02
       ein proteinbasierter Impfstoff, der aus zwei durch eine chemische Reaktion
       verbundenen Proteinen besteht. Ein, so die kubanischen Wissenschaftler,
       bisher noch weitgehend neues Verfahren.
       
       Das könnte zum Hoffnungsschimmer für Länder im globalen Süden werden, denn
       Kuba versteht sich traditionell als medizinisch-pharmazeutischer
       Forschungsstandort in deren Dienst, wie es Fidel Castro einst formulierte.
       Daran hat sich nichts Wesentliches geändert, wenn man den Worten des
       Direktors des Finlay-Instituts Glauben schenken darf: „Wir sind kein
       multinationaler Konzern, wo die Rendite über allem steht. Unser Ziel ist
       es, Gesundheit zu fördern“, erklärte Vérez gegenüber der argentinischen
       Tageszeitung Pagina 12. Ziel seines Teams ist es, Kuba zu einem der ersten
       Länder mit einer durch und durch immunisierten Bevölkerung zu machen.
       
       Das könnte auch die internationale Aufmerksamkeit auf die anderen drei
       Corona-Impfstoffe aus kubanischer Produktion sowie die anderen Produkte aus
       dem Finlay-Institut lenken. Für die Forscher und die kubanische Regierung
       wäre das ein durchaus gewünschter Nebeneffekt. Der könnte mit dem Wechsel
       im Weißen Haus auch wieder realistischer werden. Das [2][unter Donald Trump
       massiv verschärfte US-Embargo] ist derzeit die größte Hürde für
       internationale Kooperationen. Interesse wird nicht nur US-Unternehmen
       nachgesagt.
       
       29 Jan 2021
       
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