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       # taz.de -- Profisport in Zeiten der Pandemie: Vorbild Profifußball
       
       > Mitten in der Pandmie reisen Profiklubs quer durch Europa. Geht's noch?
       > Ja, das geht. Der Fußball ist alles andere als ein Pandemietreiber.
       
   IMG Bild: Business as usual? Karl-Heinz Rummenigge zeigt Nase
       
       Es war eine Woche des Wahnsinns im Profifußball. Wieder einmal. Und wieder
       einmal hatte das etwas mit dem Coronavirus und dessen Mutationen zu tun.
       Weil Mannschaften aus dem Mutationsgebiet England nicht erlaubt wurde, zu
       Europapokalspielen nach Deutschland einzureisen und Norwegen seine Grenzen
       aus Infektionsschutzgründen ganz zugemacht hat, setzte eine irrwitzige
       Reiseplanung von Fußballklubs in Europa ein.
       
       Limo Leipzig spielt sein Champions-League-Spiel gegen den FC Liverpool nun
       in Budapest aus. Auch Borussia Mönchengladbach spielt in der ungarischen
       Haupststadt gegen Manchester City. Das Europa-League-Spiel von Hoffenheim
       gegen den norwegischen Klub Molde IF findet im spanischen Villareal statt.
       Verrückt oder?
       
       Die Aufregungsmaschinerie läuft auf Hochtouren. Was der Fußball sich da
       herausnehme, wird da gefragt. Dass er gefälligst im Lande bleiben möge,
       wird gefordert. Und einige würden es am liebsten sehen, wenn der
       Spielbetrieb gleich ganz eingestellt würde. Am absurdesten ist dabei die
       immer wieder zu hörende Kritik, dass im Profifußball „business as usual“
       herrsche, während alle anderen gesellschaftlichen Bereiche sich
       einschränken müssten.
       
       Wirklich? Business as usual? Wer bei Übertragungen die leeren Ränge in den
       Arenen sieht, auf die schon lange keine Zuschauer mehr gelassen werden,
       muss schon eine arg selektive Wahrnehmung haben, wenn er von business as
       usual spricht. Und auch wenn beim Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge die
       Nase ein paar Mal zu oft unter der Maske hevorgelugt hat, so sitzt er doch
       immer recht einsam auf der Tribüne.
       
       In allen großen europäischen Ligen läuft der Spielbetrieb unter
       Ausnahmebedingungen ab. Der Fußball findet in einer Art erweiterten Blase
       statt, deren Funktionieren durch intensives Testen regelmäßig überprüft
       wird. Es gibt also Gründe genug, einem Team aus England, das im gecharteten
       Jet anreist, eine Ausnahme von bestehenden Einreisebeschränkungen zu
       gewähren. Würde Liverpool in der kommenden Woche nach Leipzig reisen, wäre
       das im Sinne des Infektionsschutzes gewiss nicht problematisch.
       
       ## Zu wenig Differenzierung
       
       Auch im großen Profisport zeigt sich, was bei der Organisation der
       Gesellschaft in Zeiten einer Pandemie oft unterbleibt. Es wird kaum
       differenziert. Die Maßnahmen sind pauschal und weitreichend. Ob sie
       wirklich zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus beitragen, wird
       viel zu selten in die Lockdownüberlegungen der Exekutive mit einbezogen.
       Dabei sollte man den Profisport, so wie er sich unter Pandemiebedingungen
       organisiert, viel genauer beobachten, um daraus Rückschlüsse für den
       Amateursport ziehen zu können.
       
       Das Milliardengeschäft des Profiifußballs, der sich aufwendige
       Hygienekonzepte leistet, kann sicher nicht der Maßstab für den Verein von
       nebenan sein. Aber gerade hat eine [1][Handball-WM in Ägypten]
       stattgefunden, die ebensowenig zum Pandemietreiber geworden ist wie die
       vielen Wintersportevents in Europa. Zu größeren Covid19-Ausbrüchen ist es
       weder im Trainings- noch im Wettkampfbetrieb gekommen. Und wenn es doch mal
       einen erwischt hat, dann wurde er isoliert. So ist es den drei gerade
       positiv getesteten Spielern des FC Bayern München ergangen. Es scheint also
       möglich zu sein, relativ virussicher Sport zu treiben.
       
       Anstatt aus den Hygienekonzepten zu lernen, den Profibetrieb als Hoffnung
       auch für den darniederliegenden Amateursport zu begreifen, mag in der
       aufgeregten und moralverseuchten Coronadebatte die Forderung, den
       Profisport einfach zuzusperren, nicht verstummen. Es gibt genug Gründe, den
       Profifußball wegen seiner Verkommenheit zu kritisieren. Dass da gerade -
       warum auch immer – von dieser Fifa ein Turnier namens [2][Klub-WM] in
       diesem [3][Katar] ausgetragen worden ist, darüber kann und sollte man sich
       ruhig aufregen. Das Agieren der Profiklubs in der Pandemie ist im Vergleich
       dazu nun wahrlich harmlos.
       
       12 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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