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       # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Minimalismus galore
       
       > Wummern, dräuen und dröhnen: Das beim Label Adagio830 veröffentlichte
       > Debütalbum des Synthwave-Duos Ostseetraum bietet 21 tolle Minuten Musik.
       
   IMG Bild: Zwei-Wort-Polemik von Zweien, die es konspirativ mögen
       
       Das Berliner Synthwave-Duo Ostseetraum kommt mit sehr reduzierten Mitteln
       aus, um zu sagen, was zu sagen ist. Das Stück „Karriere“ zum Beispiel
       basiert auf einem simplen Beat der Drum Machine, zwei Gitarrenakkorde und
       repetitiven Synthesizern, der Refrain besteht aus einer kurzen Zeile, die
       häufig wiederholt wird: „Karriere/ fleißig“.
       
       Minimalismus galore, eine Zwei-Wort-Polemik gegen die allzu Arbeitsamen.
       Auch im Song „Pack“ werden wieder und wieder wenige Wörter gesungen:
       „Dreckspack/ egomanisch/ saudumm/ eine echte Katastrophe“. Dazu ertönen
       softe Klickerbeats, ein feiner Gitarrenlauf.
       
       Das selbst betitelte [1][Debütalbum] von Ostseetraum ist eigentlich bereits
       im Sommer 2020 als Tape erschienen, erfreulicherweise veröffentlicht das
       Label Adagio830 diese tollen 21 Minuten Musik nun nochmals als LP. Die
       beiden Musiker stammen aus der Allee-der-Kosmonauten-Crew und mögen es
       konspirativ, sie nennen ihre Namen nicht, ihre Köpfe sind auf dem Bandfoto
       verhüllt.
       
       Die Musik der Band ist geschult am Minimal-/Cold-Wave-Sound der frühen
       Achtziger, sie referiert auf Bands wie Autumn, The Normal (Daniel Miller)
       oder Liaisons Dangereuses. Immer dann, wenn Bass und Gitarre etwas lauter
       wummern, dräuen und dröhnen, können einem auch die Noiserock-Helden Mutter
       in den Sinn kommen („Kolonie“).
       
       Inhaltlich geht es neben dem Karrierestreben um trügerische
       kleinbürgerliche Idyllen („Große wilde Träume am Gartenzaun/ da staunen
       alle Männer, da staunen alle Frau’n“) und um das „Scheitern“, manchmal
       werden auch einfach sehr deutungsoffene Texte in den Raum geworfen
       („Träume“, „Freilich“). Im Song „Krankheit“ dürften sich viele dagegen
       aktuell wiederkennen: „Die Krankheit kommt und geht nicht weg/ um mich
       herum“.
       
       Wer sich für die Musik der jüngeren Postpunk-Generation interessiert,
       dürfte bei Adagio830 ohnehin fündig werden, auf dem Friedrichshainer Label
       erschienen Platten von Levitations, Cold Leather und Future Punx.
       Ostseetraum fügen sich da sehr gut ins Programm.
       
       11 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://adagio830-records.bandcamp.com/album/ostseetraum
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Uthoff
       
       ## TAGS
       
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