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       # taz.de -- Nach Verurteilung von Alexej Nawalny: Mehr als 1.300 Festnahmen
       
       > In mehreren russischen Städten haben Menschen gegen die Verurteilung des
       > Kreml-Kritikers demonstriert. Die Polizei jagte sie durch die Straßen.
       
   IMG Bild: Aufmarsch am Roten Platz: Allein in Moskau wurden über 1.000 Menschen festgenommen
       
       Moskau afp | Kurz nach der [1][Verurteilung des Kreml-Kritikers Alexej
       Nawalny zu Haft] in einem Straflager sind die russischen Sicherheitskräfte
       massiv gegen Demonstranten in mehreren Städten vorgegangen. Mehr als 1.300
       Menschen wurden am Dienstagabend bei Protesten gegen Staatschef Wladimir
       Putin festgenommen, wie die Nichtregierungsorganisation OVD-Info mitteilte.
       Zu den Demonstrationen hatten Anhänger des wichtigsten Putin-Widersachers
       unmittelbar nach der Urteilsverkündung aufgerufen.
       
       Allein in Moskau nahm die Polizei nach Angaben von OVD-Info 1.116
       Protestierende fest, in St. Petersburg gab es demnach 246 Festnahmen. Auch
       in anderen Städten fanden Proteste statt und wurden Menschen in Gewahrsam
       genommen. OVD-Info bezifferte die Gesamtzahl der Festnahmen in der Nacht
       zum Mittwoch auf 1.377. Einige Stunden zuvor hatte die Organisation noch
       eine Gesamtzahl von rund 1.170 Festnahmen genannt.
       
       Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten, wie in Moskau
       Polizisten mit Gummiknüppeln auf Demonstranten einprügelten. Von russischen
       Medien veröffentlichte Videos zeigten, wie Demonstranten von der Polizei
       durch die Straßen und auch in die U-Bahn hinein verfolgt wurden. In Videos
       war auch sehen, dass Protestierende von Polizisten aus Taxis gezerrt
       wurden.
       
       Hunderte Menschen waren am Abend in Moskau durch die Straßen marschiert. In
       Sprechchören bezeichneten sie Putin als „Dieb“. Bereits an den zwei
       vergangenen Wochenenden hatten im ganzen Land [2][zehntausende Menschen
       gegen den Staatschef demonstriert].
       
       Ein Moskauer Gericht entschied am Dienstag, dass der [3][nach einem
       Giftanschlag in Deutschland behandelte Nawalny] eine bereits verhängte
       Bewährungsstrafe nun in einer Strafkolonie ableisten muss. Von der
       dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe wurde ihm ein früherer Hausarrest
       abgezogen.
       
       ## Internationale Empörung
       
       Laut Nawalnys Anwältin Olga Michailowa läuft dies auf „ungefähr“ zwei Jahre
       und acht Monate Haft hinaus. Sie kündigte an, gegen das Urteil in Berufung
       gehen zu wollen.
       
       Das Urteil rief international Empörung hervor. Bundeskanzlerin Angela
       Merkel (CDU) forderte Nawalnys sofortige Freilassung und das „Ende der
       Gewalt gegen friedliche Demonstranten“. Das Nawalny-Urteil sei „fernab
       jeder Rechtsstaatlichkeit“, schrieb Merkels Sprecher Steffen Seibert im
       Onlinedienst Twitter. Auch US-Außenminister Antony Blinken erklärte,
       Nawalny müsse „umgehend und bedingungslos“ freikommen.
       
       Die russische Regierung wies die internationale Kritik an dem Urteil als
       „Einmischung“ zurück. Die Forderungen „westlicher Kollegen“ nach
       Freilassung Nawalnys seien „von der Realität abgekoppelt“, zitierten
       russische Nachrichtenagenturen eine Sprecherin des Außenministeriums.
       
       Nawalny hatte sich in der Gerichtsanhörung vehement gegen seine
       Verurteilung gewehrt und die Russen zum Widerstand gegen Putin aufgerufen.
       Er machte den Staatschef erneut für den auf ihn verübten Anschlag
       verantwortlich.
       
       3 Feb 2021
       
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