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       # taz.de -- Gericht setzt Flüge aus: Keine Abschiebung nach Afghanistan
       
       > Ein Gericht urteilte, dass mit wenigen Ausnahmen nicht in das
       > Bürgerkriegsland abgeschoben werden darf. Durch die Coronakrise drohe
       > dort großes Elend.
       
   IMG Bild: Auch alleinstehende, gesunde Männer dürfen derzeit nicht nach Afghanistan abgeschoben werden
       
       Mannheim afp/epd | Aufgrund drohender Verelendung durch die Coronapandemie
       dürfen auch gesunde Männer im arbeitsfähigen Alter laut einer
       Gerichtsentscheidung nur unter besonderen Umständen nach Afghanistan
       abgeschoben werden. Das entschied der Verwaltungsgerichtshof des Landes
       Baden-Württemberg nach Angaben vom Mittwoch. Er gab der Klage eines
       abgelehnten Asylbewerbers recht, soweit es um den Vollzug seiner
       Abschiebung ging. (Az. A 11 S 2042/20)
       
       Laut Gericht darf auch ein arbeitsfähiger, alleinstehender und völlig
       gesunder erwachsener Mann derzeit nicht nach Afghanistan abgeschoben
       werden, „weil es ihm dort angesichts der gravierenden Verschlechterung der
       wirtschaftlichen Rahmenbedingungen infolge der Covid-19-Pandemie
       voraussichtlich nicht gelingen wird, auf legalem Wege seine elementarsten
       Bedürfnisse nach Nahrung, Unterkunft und Hygiene zu befriedigen“. Insofern
       gelte ein nationales Abschiebeverbot für den zentralasiatischen Staat.
       
       Bislang war das Gericht in seinen Entscheidungen davon ausgegangen, dass
       leistungsfähigen, erwachsenen Rückkehrern in Afghanistan keine Verelendung
       drohe. Deutschland schickt seit Ende 2016 abgelehnte Asylbewerber wieder
       nach Afghanistan zurück und hat nach einer Pause 2020 [1][inzwischen die
       Abschiebeflüge wieder aufgenommen]. Die meisten Bundesländer schieben
       vorrangig Straftäter und Gefährder ab.
       
       Nun könne es Ausnahmen nur noch bei „besonders begünstigenden Umständen“
       geben, führten die Richter am Mittwoch weiter aus. Dazu zählten Fälle, in
       denen sich abgelehnte Asylbewerber auf ein „übernahmebereites und
       tragfähiges familiäres oder soziales Netz“ stützen könnten, das ihre
       Grundversorgung garantiere. Ein aus dem westlichen Ausland zurückgekehrter
       alleinstehender Mann habe dagegen angesichts der Wirtschaftslage infolge
       der Coronapandemie „keine realistische Aussicht“, auf dem Markt für
       Tagelöhner eine Arbeit zu finden.
       
       Die Mannheimer Richter stützten ihre Entscheidung auf mehrstündige
       mündliche sowie schriftliche Auskünfte einer Sachverständigen sowie die
       „Auswertung einer Vielzahl von Erkenntnismitteln“, insbesondere zur
       [2][Lage in der Hauptstadt Kabul]. Unter Berücksichtigung der individuellen
       Situation des Klägers seien sie dabei zu der Überzeugung gelangt, dass eine
       Abschiebung nach Afghanistan in seinem Fall derzeit nicht in Frage komme.
       Die Ablehnung seines Asylantrags sei jedoch korrekt.
       
       Eine Revision ließ das Gericht nicht zu. Dagegen können die Beteiligten
       aber noch beim Bundesverwaltungsgericht vorgehen.
       
       3 Feb 2021
       
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