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       # taz.de -- Brexit und Nordirland-Mechanismus: Zwist um Paragraf 16
       
       > Mögliche Kontrollen an der Grenze zu Irland haben in Nordirland
       > Verwerfungen ausgelöst. Die EU wollte damit die Ausfuhr von Impfstoff
       > verhindern.
       
   IMG Bild: Stress im Hafen: Polizeistreife im nordirischen Larne, nachdem es Drohungen von Unionisten gab
       
       DUBLIN taz | Ein Streit über Kontrollen an der Grenze zwischen der Republik
       Irland und Nordirland droht zu eskalieren. Es geht dabei um das
       Nordirlandprotokoll, das [1][Teil des Brexitvertrags] ist. Es regelt, dass
       Nordirland weiterhin Teil des EU-Binnenmarkts bleibt und sich deshalb
       [2][an die Zollregeln der EU halten muss]. Dadurch soll eine harte Grenze
       in Irland vermieden werden.
       
       Paragraf 16, ein Notfallmechanismus, ermöglicht jedoch in bestimmten Fällen
       Grenzkontrollen. Diesen Paragrafen wollte die EU-Kommission am Wochenende
       auslösen. Die Grenzkontrollen sollten die Ausfuhr von Covid-Impfstoffen aus
       der EU über die nordirische Hintertür nach Großbritannien verhindern.
       
       Die [3][beiden nordirischen Regierungschefinnen], Arlene Foster von der
       Democratic Unionist Party (DUP) und Michelle O’Neill von Sinn Féin,
       sprachen am Mittwoch in einer Videokonferenz mit dem Vizepräsidenten der
       EU-Kommission, Maroš Šefčovič, und dem britischen Kabinettsminister Michael
       Gove über die Krise in Nordirland.
       
       Foster bezeichnete das Vorgehen der EU als „absolut feindseligen Akt“. Das
       Zusatzprotokoll war Nordirlands Unionisten von Anfang an ein Dorn im Auge,
       weil es eine Grenze zwischen Großbritannien und Nordirland errichtet hat.
       Der Einfluss der Hardliner auf unionistischer Seite ist deshalb gestiegen,
       die Unterstützung für die DUP auf 19 Prozent gesunken. Um etwas Boden gut
       zu machen, drohte Foster am Dienstagabend damit, die Beziehungen zur
       Republik Irland so lange auf Eis zu legen, bis das verhasste Protokoll
       abgeschafft ist.
       
       ## „Das Vertrauen ist erschüttert“
       
       In Irland hat der Vorstoß der EU ebenso wenig Begeisterung ausgelöst.
       Außenminister Simon Coveney sagte, die Dubliner Regierung sei darüber nicht
       informiert worden. Die EU-Kommission ruderte schließlich zurück. Ihre
       Präsidentin Ursula von der Leyen versuchte, den Schaden zu begrenzen – vor
       allem für sich selbst. Grenzkontrollen seien nie geplant gewesen, sagte
       sie.
       
       Der Impfstoffstreit habe zu tiefergehenden Fragen in Bezug [4][auf das
       Nordirlandprotokoll] geführt, sagte Gove am Mittwoch. Man könne das nicht
       länger als Startschwierigkeiten abtun. „Das Vertrauen ist erschüttert,
       Schaden ist angerichtet worden, und deshalb besteht sofortiger
       Handlungsbedarf“, sagte er und drohte damit, seinerseits den Artikel 16
       auszulösen.
       
       Der erlaubt es nicht nur der EU, sondern auch Großbritannien, Teile des
       Protokolls außer Kraft zu setzen, wenn sie etwa zu „bedeutenden
       wirtschaftlichen, gesellschaftlichen oder ökologischen Schwierigkeiten“
       führten. Frieden, Fortschritt und gute Beziehungen zwischen den
       Bevölkerungsgruppen seien in den vergangenen Tagen in Gefahr geraten, sagte
       Gove.
       
       Die EU und die nordirischen Behörden mussten am Montag die Zollbeamten aus
       den Häfen in Belfast und Larne abziehen, da es „eine plötzliche Welle von
       Bedrohungen und einschüchternder Graffiti“ gegeben habe, sagte der
       stellvertretende Polizeichef Mark McEwan.
       
       3 Feb 2021
       
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