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       # taz.de -- Außenpolitische Rede des US-Präsidenten: Bidens beredtes Schweigen
       
       > Joe Biden hat in seiner ersten außenpolitischen Rede einige der
       > wichtigsten US-Konfliktherde mit keinem Wort erwähnt. Das lässt nichts
       > Gutes ahnen.
       
   IMG Bild: Biden spricht im US-Außenministerium
       
       Die [1][erste außenpolitische Rede des neuen US-Präsidenten Joe Biden]
       entsprach in weiten Teilen den Erwartungen. Wiederherstellung der
       Allianzen, Vorrang der Diplomatie, Rückkehr der USA in multilaterale
       Beziehungen und Institutionen, Demokratie und Klimaschutz.
       
       Wirklich konkret ging Biden nur auf wenige Konfliktfelder ein: Jemen,
       Flüchtlingspolitik, US-Truppen in Deutschland. Dazu aktuell: die
       Verurteilung [2][des Putsches in Myanmar], die [3][Festnahme Nawalnys in
       Russland]. Alles bekannt. Einfache gemachte Punkte.
       
       Aber es fällt auf, wozu der Präsident nichts sagte. Afghanistan, Syrien,
       Libyen, Irak und Iran kamen in Bidens Rede nicht vor. Israel erwähnte er
       mit keinem Wort.
       
       Mit anderen Worten: Jene Länder, in denen sich die USA in den letzten zwei
       Jahrzehnten am stärksten kriegerisch engagierten, kamen genauso wenig vor
       wie der wichtigste US-Verbündete im Nahen Osten. Er wolle nicht die
       Auseinandersetzungen der Vergangenheit führen, sondern die Konflikte der
       Zukunft lösen, sagte Biden – das klingt logisch und wäre es auch, wenn die
       Vergangenheit denn vergangen wäre.
       
       Bidens außenpolitsches Team besteht zum größten Teil aus Leuten, die schon
       unter Barack Obama Verantwortung trugen. Sie haben damals keinen einzigen
       der von der Bush-Regierung übernommenen Konflikte lösen können, [4][haben
       Libyen erst militärisch in das Chaos gestürzt], in dem es jetzt noch ist,
       und die massive militärische Unterstützung der saudischen Jemen-Koalition
       erst begonnen, die Biden jetzt beenden will.
       
       Schwieriges Erbe Obamas 
       
       Obamas außenpolitischer Führungsstil gab sich multilateralistisch und
       Prinzipien verpflichtet – in Wirklichkeit handelte er oft unentschlossen,
       erratisch und der Idee verpflichtet, möglichst wenig innenpolitischen
       Kollateralschaden zu erzeugen. Dass seine Regierung in den letzten vier
       Jahren unter den Alliierten vermisst und Biden herbeigesehnt wurde, lag
       kaum an Obamas Erfolgen, sondern an Trumps Chaos.
       
       Es ist eine alte Weisheit, dass sich außenpolitische Handlungsfähigkeit und
       die Tragfähigkeit selbsterklärter Grundsätze in jenen Krisen beweisen
       müssen, die sich eine Regierung nicht aussuchen kann, sondern mit denen sie
       einfach konfrontiert wird. Und das sind eben nicht jene, in denen Biden
       dadurch glänzen kann, dass er einfach das Gegenteil von Trump unternimmt.
       
       Biden müsste zeigen, dass die Diplomatenriege, auf deren Expertise er
       zählt, auch mit neuen Ideen für die alten ungelösten Konflikte aufwarten
       kann. Sein Schweigen am Donnerstag ist dafür kein gutes Zeichen.
       
       5 Feb 2021
       
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