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       # taz.de -- Prekär Beschäftigte in der Wissenschaft: An den Unis tickt die Uhr
       
       > Prekär Beschäftigte an Bremer Hochschulen sind in der Pandemie noch
       > unsicherer aufgestellt. Die Gewerkschaft GEW fordert mehr Zeit und Geld
       > für sie.
       
   IMG Bild: Bild aus besseren Zeiten: Vor Corona durften Arbeitsplätze wie dieser gemeinsam genutzt werden
       
       Bremen taz | Wissenschaftliche Hilfskräfte, Dozent*innen,
       Assistent*innen – für befristet Beschäftigte an Hochschulen fordert die
       Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) von der Bremer Politik mehr
       Unterstützung in der Pandemie.
       
       An Studierende wurde bei den letzten Hilfspaketen schon gedacht: Mitte
       Januar hatte die Bürgerschaft ein Gesetz beschlossen, das helfen sollte,
       pandemiebedingte Studienabbrüche zu verhindern. So sollen BaföG-berechtigte
       Studierende für insgesamt zwei zusätzliche Semester eine Förderung bekommen
       können, erhalten also auch dann BAföG, wenn sie die Regelstudienzeit
       überschritten haben. Durch eine Fristverlängerung soll außerdem der
       Übergang von Bachelor- zum Masterstudium erleichtert werden.
       
       Die GEW begrüßt die Änderungen – fordert aber, dass die Politik noch einen
       Schritt weitergehen möge. „Auch für befristet Beschäftigte an Hochschulen
       wünschen wir uns mehr Unterstützung“, sagt Ralf Streibl, Sprecher der
       Fachgruppe Hochschule und Forschung der GEW.
       
       Die nämlich hätten es aktuell ebenfalls nicht gerade leicht: Durch die
       stark eingeschränkte Nutzung von beispielsweise Laboren oder Bibliotheken
       gerieten Zeitpläne durcheinander – und das hat Folgen. „Für
       Wissenschaftler*innen, die zum Beispiel zum Zweck einer Promotion befristet
       an der Uni angestellt sind und durch Drittmittel finanziert werden, können
       massive Probleme entstehen, wenn ihre Stellen nun auslaufen“, sagt Streibl.
       
       Zwar würden sich einige Drittmittelgeber durchaus bemühen, Stellen zu
       verlängern, das sei allerdings nicht die Regel. Wenn solche Verträge jetzt
       auslaufen, hätten Hochschulen kaum die Möglichkeiten, sie eigenständig zu
       verlängern, da hierfür die Finanzierung fehle. „Wir halten es für extrem
       notwendig, dass von Seiten des Landes zusätzliche Geldmittel für diese
       Fälle zur Verfügung gestellt werden“, sagt Streibl. So etwas müsse dann
       beispielsweise aus dem Bremen-Fonds finanziert werden. „In Fällen, wo keine
       andere Lösung zu finden ist, ist daher die Politik gefordert“, sagt er.
       
       Auch bei landesfinanzierten Stellen sieht Streibl Nachbesserungsbedarf.
       Zwar würden die Hochschulen in Fällen pandemiebedingter Verzögerungen auf
       Antrag versuchen, die Stellen zu verlängern; das habe aber weitergehende
       Folgen: „Wenn die Stellen jetzt länger besetzt sind, was ja für die
       Angestellten, deren Verträge verlängert werden, wünschenswert ist, dann
       verschiebt sich das Problem“, sagt Ralf Streibl. „Dann gibt es in den
       folgenden Jahren weniger freie Stellen für Absolvent*innen, die vielleicht
       normalerweise nach ihrem Abschluss eine Anstellung hätten bekommen können.“
       
       Streibl und die GEW fordern darum, dass zumindest für eine begrenzte Zeit
       mehr Stellen geschaffen werden müssten, um die verzögerten Nachwirkungen
       abzufangen. Streibl sieht darin auch Potential: „Ein positiver Effekt von
       der Schaffung solcher zusätzlichen Stellen wäre dann, dass es dann auch
       mehr Personal für die pandemiebedingt deutlich gestiegene Arbeitslast
       gibt“, sagt er.
       
       So könne auch der zusätzlich anfallende Zeitaufwand für die jetzt digital
       durchgeführte Lehre und Betreuung von Studierenden abgefangen werden. „Der
       erhöhte Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung digitaler Lehre geht
       für viele Lehrende auf Kosten ihrer eigenen Qualifikationsarbeiten und
       Forschungen, im Extremfall sogar auf Kosten der eigenen Gesundheit.“
       Deshalb müssten auch die Lehrverpflichtungen angepasst – sprich: verringert
       – werden. Bei den Studierenden werden die Forderungen der GEW positiv
       bewertet: „Wir begrüßen den Vorstoß der GEW“, sagt Dominik Lange vom AStA
       der Uni Bremen. Schließlich könnte der Dozent*innen entlasten – und
       damit würden auch Studierende von guter Lehre profitieren.
       
       Die GEW hat nun einen Beschluss gefasst, um diese weiteren Forderungen in
       die Bremer Bürgerschaft einzubringen. Man habe sich schon mit den
       Fraktionen in Verbindung gesetzt, sagt Streibl. Nun warte man auf Antwort.
       
       Janina Brünjes, Sprecherin für Wissenschaft und Forschung der SPD-Fraktion
       der Bremer Bürgerschaft, zeigt sich offen für Gespräche: „Ich freue mich,
       dass die GEW sich meldet und die Änderung für die Studierenden zunächst
       begrüßt“, sagt sie. Sie sei aber auch froh, dass die GEW auch noch einmal
       auf Probleme aufmerksam gemacht habe.
       
       So könne man gegebenenfalls noch weitere Verbesserungen für Studierende und
       für an der Uni Beschäftigte vornehmen. „Ich plane jetzt kurzfristig, auf
       die Gewerkschaft zuzugehen und das Gespräch zu suchen“, sagt Brünjes.
       Klären wolle sie dann einige konkrete Fragen: „Wichtig wäre für mich
       beispielsweise zu wissen, um wie viele Betroffene es geht“, sagt sie. „Dann
       können wir prüfen, welche Möglichkeiten da bestehen.“
       
       1 Mar 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mahé Crüsemann
       
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