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       # taz.de -- Sexismus und das Aufhalten von Türen: Alt und Arsch gesellt sich gern
       
       > Früher hielten wir Frauen ständig die Tür auf. Wenn die Kuh dann spurte,
       > schleimte man verlogen herum. Das ist typisch für sexistische Erhöhung.
       
   IMG Bild: Wenn die Kuh spurte, schleimte man verlogen herum: Türaufhalten als „positiver“ Sexismus
       
       Wer denkt, ich versuchte hier mit gruppenbezogener „Selbstironie“ oft bloß
       von meiner persönlichen Involviertheit abzulenken, … hat natürlich Recht.
       Denn wie die meisten meines Alters bin ich hoffnungslos [1][durchseucht von
       sexistischen Denkmustern]. Im Grunde bin ich die Lightversion eines
       Mischwesens aus Hitler und Weinstein, „full of shit“ auf gut
       Altprovenzalisch, oder wie mein Urologe Zbigniew den großen polnischen
       Philosophen Bogumir Rak zitiert: „Alt und Arsch gesellt sich gern.“ Me too,
       kann ich da nur sagen.
       
       So hielten wir Frauen früher ständig die Tür auf. Und wenn die Kuh dann
       spurte, was hieß: nett lächelte, schleimte man verlogen herum und
       admiradorte sie ein bisschen. Türaufhalten ist typisch für „positiven“
       Sexismus meiner Generation, eine pathologische Erhöhung, [2][hinter der
       eigentlich das Gegenteil steht]. Wenn ein Mann von sich sagt, „ich
       liebe/verehre die Frauen“, sollten bei denen schon mal sämtliche
       Alarmglocken schrillen. So einer ist auf jeden Fall ein Topkandidat für
       eine vorbeugende Sicherungsverwahrung.
       
       Dann die ersten Rückschläge in den 1980er und 1990er Jahren: Hielt man
       einer Frau, die hinter einem ging, die Kaufhaustür auf, wurde man nun
       nämlich, so munkelten empört die Enttäuschten, dafür von der sich auf
       einmal als rabiate Hexe Entpuppenden als „Macker“ zur Sau gemacht. Das tat
       oft ganz schlimm weh.
       
       Mir ist das jedoch nie passiert, und ich halte immer allen die Tür auf.
       Natürlich auch Männern, was mich in deren Augen vermutlich zum Bisexuellen
       stempelt. Ich finde Türaufhalten in der Tat ziemlich geil. Im bekannten
       Charlottenburger Swingerclub „Schwingtür“, wo kinky Gleichgesinnte aktiv
       und passiv dem Türaufhalten frönen, gehe ich quasi bis zum Orgasmus ein und
       aus.
       
       ## Lächeln als „der kleine Geschlechtsverkehr“
       
       Im realen Leben habe ich jedenfalls exakt null mal Ärger bekommen, denn ich
       drehe mich nach dem Aufhalten der Tür nie um. Wahrscheinlich liegt der
       Fehler darin, stattdessen wie ein apportierendes Hündchen auf eine
       Belohnung zu warten: Das Lächeln gilt unter Incels ja nicht umsonst als
       „der kleine Geschlechtsverkehr“.
       
       Im Verlauf meines langen Wandels vom Cis-Mann zum Cis-Moll-Mann hat sich so
       einiges geändert. Das Nicht-mehr zum-Kaffee-Einladen-Dürfen ist das neue
       Nicht-die-Tür-Aufhalten-Dürfen. Denn das darf man nun angeblich auch nicht
       mehr – da hat uns olle Weinstein aber einen feinen Bärendienst erwiesen.
       Doch natürlich darf man. Ein [3][Gefühl dafür zu gewinnen, ob es jeweils
       angebracht erscheint], wäre freilich ganz schön. Ich selbst wollte ohnehin
       nie Kaffee trinken, sondern immer nur ficken. Hat aber ebenfalls nicht
       geklappt.
       
       2 Mar 2021
       
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