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       # taz.de -- THW Kiel spielt im Corona-Akkord: Zebras im Hamsterrad
       
       > Die Handballer des THW Kiel müssen derzeit en bloc Spiele nachholen, die
       > wegen Corona verschoben worden waren. Das geht an die Substanz.
       
   IMG Bild: Erschöpft, aber auch erfolgreich: Kiels Torwart Niklas Landin am Sonntag beim Sieg gegen Berlin
       
       Hamburg taz | Auf dem Gebiet der Körperertüchtigung finden sich ja einige
       Begriffe, die nicht so sportaffine Menschen stutzen lassen. „Bogenlampe“
       und „Flügelzange“ etwa, oder „Hungerast“ und „Bananenflanke“. Nicht zu
       vergessen: die „Englische Woche“. Der Begriff geht auf die Austragung von
       drei Punktspielen innerhalb von sieben Tagen zurück. Da bis 1992 die erste
       englische Fußballliga aus 24 Teams bestand und somit auch etliche Spieltage
       unter der Woche stattfinden mussten, hat dieser knackige Rhythmus auch in
       Deutschland den Bezug zur britischen Insel bis heute beibehalten.
       
       Aktuell gäbe es aber gute Gründe, eine neue Top-Kategorie im Umgang mit
       Unbill bei der Termingestaltung zu wählen. Der deutsche
       [1][Handball-Rekordmeister THW Kiel] muss derzeit im Akkord all jene
       Partien abhaken, die in den vergangenen Monaten aufgrund der Auswirkungen
       der Coronapandemie verschoben worden waren. Dem norwegischen
       Rückraumspieler Harald Reinkind hatte schon im Spätherbst Böses geschwant:
       „Zum Glück müssen wir Spieler uns nicht um den Terminplan kümmern, aber
       vielleicht müssen wir irgendwann in einer Woche jeden Tag spielen“,
       befürchtete er.
       
       Ganz so schlimm ist es dann doch nicht gekommen – aber fast. Zu einer
       Sieben-Spiele-Hatz innerhalb von nur 13 Tagen ist die Mannschaft von
       THW-Trainer Filip Jicha von der Handball-Bundesliga (HBL) und der
       Europäischen Handball-Föderation (EHF) durch die Ansetzungen in den
       Wettbewerben um die deutsche Meisterschaft und die Champions League
       verdonnert worden.
       
       Für die „Zebras“ ist es nach einer 14-tägigen Quarantäne für das ganze Team
       ein Dasein im Hamsterrad. Sonntag, 20. Februar: Bundesliga-Heimspiel gegen
       den SC Magdeburg (24:24), Dienstag zu Hause gegen Aalborg HB (28:26),
       Donnerstag beim HBC Nantes (24:24), am vergangenen Sonntag in eigener Arena
       gegen die Füchse Berlin (32:26), am kommenden Dienstag gegen Celje
       (Slowenien), Donnerstag gegen Zagreb und am Sonnabend darauf gegen die HSG
       Nordhorn-Lingen.
       
       Grundsätzlich ist es beim THW schon seit Jahrzehnten so, dass die Spieler
       in einer Saison stets ein hartes Programm zu bewältigen haben. Schließlich
       sind die Schleswig-Holsteiner Dauergast im Europapokal, fast immer in der
       Champions League, in der es in der Hauptrunde Achtergruppen und
       entsprechend viele Spiele gibt. Das jetzige Pensum liegt aber den Umständen
       geschuldet deutlich darüber. So kurz nach der [2][WM in Ägypten], bei der
       die Nationalteams alle zwei Tage Partien spielen mussten, dürfte sich die
       jetzige Phase für einige im Team wie ein zweites Großereignis unmittelbar
       nach dem ersten anfühlen. Und im Sommer könnte das nächste folgen, wenn die
       Olympischen Spiele in Tokio am 23. Juli beginnen sollten.
       
       Dabei hatte Reinkind schon in der Partie gegen Aalborg, der zweiten der
       wilden Sieben-Stationen-Ritts, Veränderungen wahrgenommen. „Der Akku war
       schneller leer als am Sonntag. In der zweiten Halbzeit waren die Beine wie
       Gummi“, erklärte er. Viel Zeit für Training bleiben dem Team nicht. Spiel,
       Regeneration, Videostudium, Spiel – so lauten derzeit die Kernpunkte im
       THW-Takt. „Wir haben gerade nicht die Möglichkeit, im Training Abläufe zu
       proben. Deshalb müssen wir auf dem Feld noch mehr sprechen“, sagte Spieler
       Steffen Weinhold.
       
       Das Vorankommen erstaunte zuletzt auch Jicha. „Ich muss den Hut ziehen vor
       dem Willen meiner Spieler“, sagte der Tscheche nach dem 23:23 in Nantes,
       als ein Kraftakt in der Schlussphase einen Punkt einbrachte. Jicha: „Wir
       glauben daran. Wir sind vielleicht nicht spritzig genug. Wir sind
       vielleicht in den Abläufen nicht so sicher, wie es sein sollte. Aber die
       Jungs glauben an die Sache.“
       
       Und sie alle haben einen genauen Zeitpunkt im Kopf. Nächsten Sonnabend,
       22.05 Uhr. Dann dürfte das Heimspiel gegen Nordhorn-Lingen und die
       Terminhatz in 13 Tagen beendet sein. Ein bisschen Zeit zum Durchatmen –
       bevor viel zu hurtig die nächsten Termine mit Länderspielen, Meisterschaft
       und Champions League heranrücken.
       
       1 Mar 2021
       
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