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       # taz.de -- Aktivist über Rodungen für Schokofabrik: „Ökozid ist Ökoterrorismus“
       
       > In Halle (Westfalen) will Storck einen Wald für eine Fabrikerweiterung
       > roden. Aktivist:innen haben die Bäume besetzt und einen Teilsieg
       > errungen.
       
   IMG Bild: Waldschäden: Der Klimawandel gefährdet den Wald wie hier in NRW ohnehin schon
       
       In Halle in Westfalen wird [1][gegen die Schokoladenfirma Storck
       protestiert]. Warum? 
       
       Mit etwa drei Milliarden Euro Umsatz ist Storck schon heute einer der
       weltweit größten Süßwarenproduzenten. Jetzt soll das Werk erweitert und
       dazu ein Bach verlegt werden. Dafür sollen 200 Jahre alte, gesunde Bäume
       gefällt und anschließend noch einmal 7 Hektar Wald vernichtet werden. Als
       Klimabewegung haben Gruppen wie Extinction Rebellion und Ende Gelände den
       Wald deshalb besetzt – unterstützt von Fridays for Future.
       
       Warum ist dieses Stück Wald so wichtig? 
       
       Der Klimawandel, die Trockenheit lässt Bäume weltweit sterben. Hier in
       Ostwestfalen ist der Gebirgszug des Teutoburger Walds bald nackt – das ist
       von Halle mit bloßem Auge zu sehen. Bundesweit haben wir bereits 280.000
       Hektar Wald verloren – das muss selbst SPD-Bundesumweltministerin Svenja
       Schulze einräumen. Deshalb können wir nicht hinnehmen, dass gesunde Bäume
       abgeholzt werden, um die Diabetesdichte in Deutschland zu erhöhen. Hier
       geht es um die Zukunft und die Gesundheit unserer Kinder: Die dürfen nicht
       den Interessen von Großindustriellen und Lokalpolitikern geopfert werden.
       
       Storck und die Stadt Halle, denen jeweils ein Teil des Walds gehört, haben
       am Donnerstag verkündet, zunächst auf eine gewaltsame Räumung durch die
       Polizei verzichten zu wollen. Ist das nicht ein Riesen-Erfolg für die
       Besetzer:innen? 
       
       Wir sind kurzfristig erleichtert – aber nicht so dumm zu glauben, dass der
       Wald damit langfristig gerettet ist. Die Räumung wurde verschoben, nicht
       die Rodung. Wir werden deshalb vor Ort bleiben und genau beobachten, was
       passiert – nicht nur in Halle, sondern überall in Deutschland. Der erst
       [2][am Mittwoch veröffentlichte Waldzustandsbericht der Bundesregierung]
       sagt ganz klar: So schlecht wie heute ging es der Natur noch nie. Die
       Klimakatastrophe verhandelt nicht mit uns. Deshalb wird die Klimabewegung
       immer stärker, deshalb werden immer öfter Wälder besetzt – denn Politik und
       Industrie ignorieren die Wissenschaft.
       
       Storck hat aber Ausgleich versprochen und will an anderer Stelle neue Bäume
       pflanzen. 
       
       Das funktioniert nicht. Denn in wenigen Jahren sind viele dieser Bäume
       vertrocknet. Als Ausgleich gezählt werden sie trotzdem. In Wahrheit geht es
       also um Kahlschlag ohne Ersatz. Außerdem: Ausgewachsene Buchen, wie sie
       hier in Halle gefällt werden sollen, haben bis zu 600.000 Blätter. Ein neu
       gepflanzter Baum hat zwischen 20 bis 80. Bis der also so viel Kohlendioxid
       aus der Atmosphäre zieht wie ein alter, vergehen viele Jahrzehnte. Dann ist
       die massive Erderwärmung mit ihren ungezählten Hitzetoten schon längst
       Realität.
       
       In Ostwestfalen wird bereits davor gewarnt, dass die Waldbesetzung das
       Risiko linksextremer Gewalt berge. Sind Sie ein Öko-Terrorist? 
       
       Ich bin Arzt im Ruhestand, komme aus einem gutbürgerlichen Spektrum.
       Ökozid, also die Vernichtung der Umwelt, ist Ökoterrorismus – und nicht der
       gewaltfreie Schutz der Natur. Hier vor Ort kenne ich fast alle
       Aktivist:innen. Von denen ist niemand gewalttätig. Gewaltfreiheit gehört
       zum Aktionskonsens. Wir sind friedlich – und wurden selbst als
       „Öko-Wichser“ beleidigt und angegriffen: Unbekannte haben in der Nacht
       einen Baum abgeholzt – und der hätte durchaus Waldbesetzer:innen
       treffen können. Trotzdem ermittelt die Polizei nur wegen Sachbeschädigung.
       
       Aber Sie hoffen trotzdem, den Wald vor Storck retten zu können? 
       
       Wir machen uns keine Illusionen: Das ist ein Kampf von David gegen Goliath.
       Noch wichtiger als die Rettung des Walds ist, dass wir immer mehr Menschen
       bewegen. Hier vor Ort wird die Unterstützung durch die Anwohner:innen
       immer größer, weil sie sehen, wofür wir stehen: Für unsere Zukunft, für die
       Zukunft unserer Kinder, für alle Lebewesen. Wir sind alle Teil der Natur.
       
       28 Feb 2021
       
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