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       # taz.de -- Annähern auf Zehenspitzen
       
       > In den Nuklearstreit mit Iran kommt Bewegung. Die USA machen erste
       > vorsichtige Zugeständnisse. Teheran aber will mehr sehen, bevor es sich
       > wieder an den Atomdeal hält
       
   IMG Bild: Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif: „Die Sache ist ganz einfach“
       
       Von Jannis Hagmann
       
       Die Rollen haben sich umgekehrt: Nicht mehr die USA verfolgen im Streit mit
       Iran eine Politik des „maximalen Drucks“ – es ist der Iran, der seit dem
       Präsidentenwechsel in Washington Druck ausübt: Rigoros verfolgt die Führung
       in Teheran den schrittweisen Ausstieg aus dem Atomabkommen von 2015. Erst
       wenn die Biden-Regierung konkrete Schritte unternehme, um alle
       wiedereingeführten Sanktionen gegen Iran zurückzufahren, werde man die
       Verstöße gegen das Abkommen zurücknehmen, betonte Außenminister Dschawad
       Sarif am Freitag erneut. Die Sache sei „ganz einfach“.
       
       Dabei hatten sich die USA wenige Stunden zuvor bereits bewegt: In einer
       gemeinsamen Erklärung mit den E3 – Großbritannien, Frankreich und
       Deutschland – bekundete die US-Regierung schriftlich ihren Willen, „das
       nukleare Nichtverbreitungsregime zu erhalten“. Das Atomabkommen sei eine
       bedeutsame Errungenschaft der multilateralen Diplomatie, heißt es in dem
       Dokument.
       
       Dass in den USA die Zeichen auf Kehrtwende stehen, darauf weist auch eine
       weitere Entscheidung hin, die durchaus als erster konkreter Schritt
       gewertet werden kann: Washington lockerte die starke Einschränkung der
       Bewegungsfreiheit von iranischen Diplomaten bei den UN in New York. Zudem
       verkündete die US-Regierung, das sie bestimmte UN-Sanktionen, die Donald
       Trump auf umstrittene Weise hatte wieder einführen wollen, nicht als gültig
       betrachte. In einer interessanten Wortwahl hieß es: Die durch eine
       Sicherheitsratsresolution beendeten Sanktionen „bleiben beendet“.
       
       Als Nächstes könnte es nun zu einem Treffen zwischen Vertretern Irans und
       aller ursprünglichen Vertragsstaaten kommen. Dies sind neben den USA und
       den E3 die EU, die USA, China und Russland. Eine Einladung der Europäer zu
       einem solchen Treffen würde man nicht ausschlagen, hieß es aus dem
       US-Außenministerium. Iran hat vorgeschlagen, dass der EU-Außenbeauftragte
       in dem Streit vermittelt. Die USA waren 2018 aus dem Abkommen ausgetreten;
       Trump forderte Neuverhandlungen mit dem Ziel, Iran zu weitreichenden
       Zugeständnissen zu zwingen, was Teheran entschieden ablehnt.
       
       In seiner Rede am Freitag auf der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz
       verzichtete Joe Biden darauf, weitere versöhnliche Schritte seitens der USA
       anzukündigen. Damit liegt der Ball wieder in Teheran. Dort hat man für
       Dienstag angekündigt, den Zugang der internationalen Inspektoren zu den
       Atomanlagen im Land einzuschränken. Das wäre aus Sicht der E3 und der USA
       gerade jetzt, da sich „neue diplomatische Möglichkeiten“ öffneten, eine
       „gefährliche Entscheidung“. Den Schritt wieder abzublasen, wäre ein
       naheliegendes Zeichen Teherans, dass auch Iran es ernst meint mit der
       Rettung des Atomdeals.
       
       20 Feb 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Hagmann
       
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