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       # taz.de -- Die Wahrheit: Ein Beinahbanküberfall
       
       > Wegen eines Kundenparkplatzes wäre es in der hessischen Provinz fast zu
       > einem Unglück gekommen. Auszüge aus einer Korrespondenz.
       
       Meine Freundin lebt in einem schönen Ort an der Lahn, in dem auch [1][der
       olle Goethe] einst eine Dependance besaß – aber nun ist er tot und sein
       Haus ein Museum und zurzeit geschlossen, wie auch der Freundin kleine
       Bankfiliale, weswegen sie die Hauptgeschäftsstelle aufsuchen musste und mir
       danach einen Brief schrieb:
       
       „Hallo an die Weiße Elster, bei mir alles wieder gut! Heute früh, nachdem
       ich meine Kontoauszüge gesichtet hatte, verspürte ich eine Wut – ich hätte
       ein Atom spalten und anschließend sprengen können! Nach der Arbeit fuhr ich
       in die Hauptstelle der Bank. Gebührenpflichtiger Kundenparkplatz! Maskiert
       betrat ich die Räume. Verlangte von der Dame hinter der Plexiglasscheibe
       eine Erklärung, warum mir bei jedem bargeldlosen Bezahlen eine Gebühr
       berechnet wurde. Sie sagte: ‚Ach – Sie habbe ja noch den alte Tarif, da
       bezahle Sie ja auch jedes mal Gebühr; ich stell Ihne das ma um, dann kostet
       Sie des nix mehr.‘ So schön auf Hessisch.
       
       Ich: ‚Wissen Sie was? Hier ist meine Kündigung!‘, und schob ihr ein
       Schriftstück durch. Und gleich hinterher noch die Kreditkartenkündigung.
       ‚Und weil ich schon da bin‘, sagte ich etwas lauter als sonst durch die
       doofe [2][FFP2-Maske], ‚auch meine Versicherungskündigung.‘ Sie: ‚Äh, des
       mache Sie jetzt aber net, ich zeig Ihne mal, was Sie mit einer
       Mitgliedschaft bei uns für Vorteile habbe.‘ Sie öffnete ein Programm auf
       ihrem Bildschirm, suchte und suchte … ‚Ach, hier is es ja, also wenn Sie
       mit Ihre Mitgliedskart in der Pizzeria Camillo und Pepone mal esse gehe und
       Sie unser Kart vorzeige, bekomme Sie einen Schnaps umsonst …‘ Ich: ‚Na
       super!‘
       
       Kündigen, bitte einfach kündigen! 
       
       Das Gesicht der Dame verfärbte sich rot. Der Schnösel am Nebenschalter
       spitzte die Ohren. Die Maskenträgerschlange hinter mir war beachtlich. Ich
       sagte: ‚Ich will weder Schnaps, noch brauche ich einen Rabatt-Code für ein
       Mietauto oder eine Vergünstigung für Fußmassage in einem Wellness-Tempel,
       der eh zu hat!
       
       Nur kündigen, das will ich! Und ich nenne Ihnen auch den Grund: Nicht, weil
       Sie Rabatte anbieten, die kein Mensch in Anspruch nehmen kann und will,
       sondern weil Sie Ihre Kunden nur dann informieren, wenn Sie was verkaufen
       wollen!‘
       
       Mittlerweile war es 16 Uhr, die anderen Kunden waren verschwunden. Die
       Rollos wurden heruntergelassen. Ich sagte einen letzten Satz: ‚Keinen Euro
       zahl ich für Ihren Parkplatz, und Sie schalten mir jetzt meine Parkkarte
       frei!‘ Da erhob sich die Dame in ihrer Plexiglas-Gefangenschaft und
       zwitscherte ganz freundlich und dieses Mal auf Hochdeutsch: ‚Das machen wir
       für unsere Kunden gern, aber Sie gehören nicht mehr dazu!‘
       
       Der junge Angestellte schob mich nach draußen. Fassungslos stieg ich in
       mein altes Auto, rupfte die verschwitzte Maske vom Gesicht. Startete den
       Motor und fuhr auf die Schranke zu. Gab Gas. Ein Geräusch, als würde jemand
       ein Suppenhuhn zerlegen, folgte – der Weg war frei! Das war ein
       erfolgreicher Tag. Liebe Grüße von der Lahn!“
       
       „Gut gebrüllt, du Löwin!“, schrieb ich zurück.
       
       25 Feb 2021
       
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