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       # taz.de -- Kosten für den Putsch in Myanmar: Der Peking-Faktor der Generäle
       
       > Myanmars Putschgeneräle werden China bald teuer für dessen Rückendeckung
       > auf der internationalen Ebene bezahlen müssen.
       
   IMG Bild: Myanmars Armeechef Min Aung Hlaing und Chinas Außenminister Wang Yi gut zwei Wochen vor dem Putsch
       
       Yangon taz | Mit dem [1][Militärputsch] vom 1. Februar hat in Myanmar der
       zehnjährige Übergang zu einem demokratischeren System ein abruptes Ende
       gefunden. Die US-Regierung unter dem neuen Präsidenten Joe Biden hat
       inzwischen [2][Sanktionen] gegen die Anführer des Coups verhängt. Sie hat
       unter anderem rund eine Milliarde Dollar an birmesischen Regierungsgeldern
       auf US-Konten eingefroren.
       
       Auch die EU hat Aktionen angekündigt, wobei den Europäern bewusst ist, dass
       Sanktionen die normale Bevölkerung stärker treffen als die Generäle.
       
       China hingegen, das schon immer auf der Seite des burmesischen Militärs
       stand, profitiert enorm von den Ereignissen im Nachbarland. Es gehört zu
       den bitteren Wahrheiten, dass keine Regierung Myanmars irgendeine
       politische Entscheidung zu fällen wagt, ohne zuvor China zu informieren.
       
       Der Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi in Myanmars Hauptstadt
       gut zwei Wochen vor dem Putsch deutet darauf hin, dass Peking Bescheid
       wusste und den Plan des Militärs unterstützt hat.
       
       ## Im Verhältnis zu Peking gibt es auch Spannungen
       
       Dafür werden die Militärs teuer bezahlen müssen – sogar noch mehr als in
       der Vergangenheit. In den letzten zehn Jahren kam es mehrfach zu Spannungen
       zwischen Naypyidaw und Peking. So griff Myanmars Armee zum Beispiel
       bewaffnete ethnische Gruppen im Grenzgebiet an, die von China politisch –
       und wohl auch mit Waffen – unterstützt wurden.
       
       Zudem haben Myanmars Militärs zuletzt nicht mehr ganz so eifrig
       Rüstungsgüter von den Chinesen gekauft, sondern vielmehr neue Lieferanten
       in Serbien, Israel, Pakistan und Indien gefunden. Die Chinesen waren
       darüber nicht amüsiert. Also wird Pekings Preis für die Unterstützung der
       Putschgeneräle nun höher ausfallen.
       
       Darüber hinaus dürfte Peking es fortan leichter haben, seine strategischen
       Projekte, Stichwort Neue Seidenstraße, voranzutreiben: Tiefseehäfen an
       Myanmars Küste am Golf von Bengalen, Eisenbahnlinien von Südmyanmar in die
       chinesische Provinz Yunnan und womöglich auch den Weiterbau des riesigen –
       und heftig umstrittenen – [3][Myitsone]-Staudamms am Irrawaddy in Myanmars
       nördlichem Bundesstaat Kachin.
       
       Was die demokratischen Kräfte Myanmars nun von der Welt erwarten: Die
       internationale Gemeinschaft sollte das Repräsentativkomitee der
       Abgeordneten der beiden Parlamentskammern (CRPH) anerkennen, die im
       November 2020 gewählt worden waren und die sich nach dem Putsch in diesem
       Gremium zusammengefunden haben.
       
       Für diese gewählten Abgeordneten sind der verhaftete Präsident Win Myint
       und die Staatsrätin Aung San Suu Kyi die einzigen rechtmäßigen Vertreter
       des Landes. Internationale Regierungen und Organisationen sollten den
       Wunsch der Bürger:innen Myanmars achten.
       
       ## Eine Vermittlungsrolle für Japan?
       
       Die Menschen hier wissen, dass Wirtschaftssanktionen gegen die Generäle vor
       allem die Bevölkerung selbst treffen werden. Aber einige Maßnahmen könnten
       doch helfen: Wenn etwa Personen mit engen Verbindungen zum Militär
       ausgewiesen und die Bankkonten von Armeeangehörigen und ihren
       Geschäftsfreunden geblockt werden.
       
       Als nächstes erwarten die Burmesen von der internationalen Gemeinschaft,
       die Generäle vor internationale Gerichte zu stellen.
       
       Japan, das seit dem Zweiten Weltkrieg stark mit Myanmars Militärs verbunden
       ist, kommt eine wichtige Rolle zu. So könnte Tokio womöglich versuchen, die
       Generäle und Aung San Suu Kyi an einen Tisch zu bringen, auch wenn die
       Chancen gering sind.
       
       Die Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) ist nicht mehr
       vertrauenswürdig, da die meisten ihrer Mitgliedstaaten inzwischen von
       Halbdiktatoren und politischen Mafiosi gelenkt werden. Dabei dürften
       [4][Thailands regierende Generäle] ihre Kollegen im benachbarten Myanmar
       stützen.
       
       Kurz: Die demokratischen Kräfte können nicht viel von den amtierenden
       Regierungen der asiatischen Nachbarländer erwarten, außer vielleicht
       moralische Unterstützung von Indien.
       
       Der Westen sollte also versuchen, China davon abzubringen, die Generäle zu
       stützen, und Asean sowie Japan überzeugen, sich richtig zu verhalten.
       
       19 Feb 2021
       
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   DIR Hein Tun Zhar
       
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