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       # taz.de -- Interne Ermittlungen bei der „Bild“: Vorwürfe gegen Julian Reichelt
       
       > Laut Medienberichten gibt es Vorwürfe gegen „Bild“-Chef Julian Reichelt.
       > Machtmissbrauch und Nötigung sollen unter anderem im Raum stehen.
       
   IMG Bild: Julian Reichelt, Chefredakteur der Bild-Zeitung
       
       Gegen den Chefredakteur der Bild-Zeitung, Julian Reichelt, sollen interne
       Ermittlungen des Axel-Springer-Verlags laufen. Das berichtete das
       Nachrichtenmagazin [1][Spiegel am Montag]. Es soll demnach Vorwürfe von
       wiederholtem Fehlverhalten gegenüber Frauen geben. Wie der Spiegel
       berichtet, sollen rund ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen Vorfälle aus den
       vergangenen Jahren bei Springer angezeigt haben. Das Branchenmagazin Meedia
       berichtet von mehr als zehn weiblichen wie männlichen Personen, die
       Reichelt beschuldigen. Der Springer-Konzern kümmere sich mit einem Team
       unter der Leitung von Chief Compliance Officer Florian von Götz um die
       Aufklärung der Sachverhalte.
       
       Das genaue Ausmaß der Vorwürfe ist noch unklar. Laut Spiegel soll es bei
       dem Compliance-Verfahren um „Machtmissbrauch und die Ausnutzung von
       Abhängigkeitsverhältnissen“ gehen. Möglich seien auch Vorwürfe von Nötigung
       und Mobbing. Für die Klärung habe der Springer-Konzern die Angelegenheit an
       die Anwaltskanzlei Freshfields übergeben.
       
       Auf Anfrage der taz wollte sich Reichelt selbst nicht äußern. Ein Sprecher
       des Springer-Unternehmens antwortete: „Zu internen Vorgängen äußern wir uns
       grundsätzlich nicht.“ Dies gelte auch für Julian Reichelt.
       
       Jan Böhmermann, Moderator der ZDF-Sendung „Neo Magazin Royale“, hatte
       bereits in der zuletzt ausgestrahlten Sendung vergangenen Freitag interne
       Ermittlungen gegen den Bild-Chef angedeutet. Auf Twitter schrieb er dazu
       ebenfalls am Freitag: „Wer nicht gerade bis zum gepuderten Näschen in einem
       unappetitlichen Compliance-Verfahren steckt, kann JETZT gerne einmal mit
       dem @zdfmagazin der Frage nachspüren“.
       
       [2][Im Februar 2017 hatte Reichelt als Nachfolger] von Kai Diekmann die
       redaktionelle Gesamtverantwortung der Bild-Zeitung übernommen. Nach dem
       Ausscheiden von Tanit Koch am 1. März 2018 übernahm Reichelt dann auch den
       Posten als Chefredakteur der Printausgabe der Bild.
       
       2018 [3][berichtete der Spiegel ] darüber, was passiert war, als eine
       Springer-Mitarbeiterin den früheren Bild-Chef Diekmann „der Vergewaltigung“
       beschuldigte. Die Frau hatte sich nach dem Vorfall an Springer gewandt.
       Externe Rechtsexperten hatten ihren Vorwurf geprüft und kein
       strafrechtliches Verhalten Diekmanns festgestellt, hieß es. Erst im
       Anschluss war der Vorfall an die Staatsanwaltschaft übergeben worden,
       schrieb der Spiegel. Diekmann hatte den Vorwurf stets bestritten.
       
       Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte das Verfahren 2017 wegen sexueller
       Belästigung damals eingestellt. Zur Begründung hieß es vonseiten der
       Anklagebehörde, es ließe sich kein hinreichender Tatverdacht begründen. Es
       stand Aussage gegen Aussage. Objektive Beweismittel fehlten.
       
       Der Vorfall soll sich im Sommer 2016 beim Baden im Rahmen einer
       Klausurtagung bei Diekmanns Haus in Potsdam zugetragen haben. Wie der
       Spiegel 2018 rekonstruierte, habe sich Diekmann nach den Vorwürfen an
       Reichelt gewandt. Dieser soll ein Gedächtnisprotokoll der Nacht angefertigt
       haben, obwohl er beim tatsächlichen Baden nicht dabei gewesen war. Außerdem
       soll er darin über seine Erfahrungen mit der Mitarbeiterin geschrieben
       haben, die „einer charakterlichen Vernichtung gleichkommt“. Der Spiegel
       schrieb über Reichelts Recherche, in die zwei weitere Mitarbeiter
       involviert waren, sie sei wie „eine ‚Bild‘-Kampagne im eigenen Haus“
       abgelaufen.
       
       Wie schnell sich der aktuelle Sachverhalt um die Vorwürfe gegen Julian
       Reichelt aufklären lässt, ist unklar. Da es sich um zahlreiche
       Beschuldigungen aus den vergangenen Jahren handeln soll, könnte sich dies
       in die Länge ziehen.
       
       Update (10. März 2021): Am Dienstag hat sich der Vorstand des
       Springer-Konzerns in einer gemeinsamen Erklärung an die
       Mitarbeiter:innen gewandt. Julian Reichelt bestreite die Vorwürfe,
       schreiben Mathias Döpfner und Jan Bayer. Dennoch versprechen die
       Führungskräfte eine zügige Aufklärung des Sachverhalts. Sie erinnerten an
       die Unschuldsvermutung.
       
       9 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/julian-reichelt-compliance-verfahren-gegen-bild-chefredakteur-a-578bd2fb-4548-4b47-aef8-01e3bb4e1354
   DIR [2] /Die-Bild-Zeitung-und-Friedrich-Merz/!5552019
   DIR [3] https://www.spiegel.de/kultur/julian-reichelt-vom-besonnen-reporter-zum-journalistischen-grenzgaenger-a-00000000-0002-0001-0000-000156942799
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erica Zingher
       
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