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       # taz.de -- Rechte Angriffe in Berlin: Medien und Politik fördern Rassismus
       
       > „Trotz Lockdown gab es 2020 kaum weniger Angriffe“, sagt Reachout –
       > antiasiatischer Rassismus habe mit Corona zugenommen.
       
   IMG Bild: Demo gegen Polizeigewalt anlässlich des Todes von George Floyd im Juni 2020 in Berlin
       
       Berlin taz | Die Zahl rassistischer, rechter und antisemitischer Angriffe
       ist in Berlin trotz Coronapandemie nur leicht zurückgegangen. Die
       Opferberatungsstelle Reachout registrierte für das vergangene Jahr 357
       Taten (2019: 390). „Es beunruhigt uns, dass die Angriffszahlen trotz der
       Pandemie so hoch sind“, also obwohl sich deutlich weniger Menschen im
       öffentlichen Raum bewegt haben, sagte Sabine Seyb von Reachout am Dienstag
       bei der Vorstellung der jährlichen Zahlen. Die Initiative gehe davon aus,
       dass die „aufgeheizte Stimmung“, etwa bei Anticoronaprotesten, dazu
       beigetragen habe.
       
       [1][Die jährlich präsentierten Zahlen] der Beratungsstelle ergeben sich aus
       Meldungen von Betroffenen und Angehörigen, der Zusammenarbeit mit anderen
       Initiativen sowie der Auswertung von Medienberichten. Da für Reachout die
       Perspektive der Betroffenen zentral ist, seien ihre Zahlen nicht mit
       angezeigten Straftaten identisch, betonte Seyb.
       
       Mehr als die Hälfte der Angriffe im vorigen Jahr (196) waren rassistisch
       motiviert (2019: 219 von 390), 93 Taten wurden aus LGBTIQ-feindlichen
       Motiven begangen (2019: 105). Antisemitische Taten sind mit 28 nahezu
       gleich geblieben (2019: 31). Es gab zudem 18 Angriffe auf politische
       Gegner*innen (2019: 17) und 13 Bedrohungen gegen Journalist*innen.
       
       Die meisten Angriffe waren Körperverletzungen (179), gefährliche
       Körperverletzungen (118) und massive Bedrohungen (53). Die meisten Taten
       fanden in den innerstädtischen Bezirken statt.
       
       Als Beispiel nannte Seyb einen Vorfall vom 7. Januar 2020, als einem
       wohnungslosen Mann, der im Vorraum einer Bankfiliale in der Otto-Suhr-Allee
       schlief, das Hosenbein angezündet wurde. Der Mann erlitt schwere
       Brandverletzungen.
       
       ## Antiasiatischer Rassismus
       
       Auffällig war für Reachout 2020 die Zunahme von Angriffen aus
       antiasiatischem Rassismus im Zusammenhang mit der Pandemie. Dies hänge auch
       mit der Berichterstattung über Corona zusammen, „die häufig illustriert
       wurde mit Fotos von asiatisch gelesenen Menschen“, heißt es im Bericht.
       „Institutioneller Rassismus und rassistisch geprägte Debatten tragen dazu
       bei, dass täglich rassistische Gewalt geschieht.“
       
       Toan Quoc Nguyen, politischer Bildungsreferent unter anderem im Team der
       Bildungswerkstatt Migration und Gesellschaft, der als Experte geladen war,
       bestätigte dies. Äußerungen wie die von Ex-US-Präsident Donald Trump über
       den „China Virus“ seien sehr wirkungsmächtig. Menschen mit asiatischem
       Aussehen berichteten vermehrt (etwa auf der Webseite
       [2][ichbinkeinvirus.org]), dass sie im öffentlichen Nahverkehr gemieden und
       angestarrt würden, es habe auch Angriffe mit Desinfektionsmitteln gegeben.
       
       Das Phänomen sei aber nicht neu, betonte Nguyen, Vorurteile wie die „gelbe
       Gefahr“ und andererseits die „fleißigen Vorzeigemigranten“ gebe es schon
       lange. Dennoch gebe es bis heute bundesweit keine spezifische
       Beratungsstelle für Betroffene. „Das ist eine Leerstelle“, so Nguyen.
       
       Von der Politik fordert Reachout unter anderem den Stopp von
       öffentlichkeitswirksamen Razzien gegen Shisha-Bars. „Diese werden von
       Täter*innen als Hinweisreize verstanden“, sagte Seyb. Zudem müsse es
       eine Enquetekommission mit Expert*innen im Abgeordnetenhaus geben, um
       langfristige Handlungsstrategien gegen Rassismus, vor allem
       institutionellen, zu entwickeln.
       
       9 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rassistische-Uebergriffe-in-Berlin/!5667372
   DIR [2] https://www.ichbinkeinvirus.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
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