# taz.de -- Mehr Teilhabe mit Migrationshintergrund: Keine Quote, aber genaue Vorgaben
> Der rot-rot-grüne Senat beschließt nach einem Kompromiss zwischen
> Linkspartei und SPD den Entwurf des novellierten Partizipationsgesetzes.
IMG Bild: Sie zeigte sich auch ohne Quote mit dem Gesetzentwurf zufrieden: Sozialsenatorin Elke Breitenbach
Berlin taz | Der Senat hat am Dienstag eine Neufassung des
Partizipationsgesetzes als Entwurf für die Diskussion im Abgeordnetenhaus
beschlossen. Zentraler Punkt sind Vorgaben für die Beschäftigung von
Mitarbeitern mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst. Im
Entwurfstext taucht zwar eine zuvor zwischen SPD und ihren
Koalitionspartnern Linkspartei und Grünen umstrittene Quote von 35 Prozent
nicht mehr auf. Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei), die eine
solche Zahl gefordert hatte, sieht darin aber keine Schwächung: „Das Gesetz
hat auch ohne Quote sehr viele verbindliche Festlegungen“, sagte sie nach
der Entscheidung vor Journalisten.
Zu diesen Festlegungen im „Gesetz zur Neuregelung der Partizipation im Land
Berlin“ gehört laut Breitenbach, dass der Anteil von Beschäftigten mit
Migrationshintergrund ihrem Anteil an der gesamten Berliner Bevölkerung
entsprechen soll. Der liegt derzeit bei 35 Prozent. Insofern mochte sie
sogar Gutes daran finden, dass keine 35 Prozent festgeschrieben wurden –
„in zwei Jahren haben wir vielleicht 50 Prozent“, sagte die Senatorin.
Zur Definition verwies sie auf die Festlegung des Bundesamts für Statistik:
„Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder
mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren
wurde.“
## Führungskräfte in der Pflicht
Der korrespondierende Anteil soll nicht als Durchschnittswert für die
gesamte Mitarbeiterschaft des Landes Berlin gelten. „Das gilt für jede
Abteilung, jedes Referat, jede Ebene“, sagte die Senatorin. Die jeweiligen
Führungskräfte sind aus ihrer Sicht in der Pflicht, das aus ihrer Kenntnis
der Belegschaft anzupassen Sie selbst hat nach eigenen Worten keinen
Überblick, wie hoch der Beschäftigtenanteil mit Migrationshintergrund
derzeit ist – in Schätzungen ist von 12 Prozent die Rede. Das werde bislang
nicht erfasst, „das habe ich schon immer misslich gefunden“, sagte
Breitenbach. Nun will man das erfassen, die Beantwortung sei
„selbstverständlich freiwillig“.
Gelten sollen die vorgeschlagenen Ziele nicht nur für die Mitarbeiter der
Senats- und Bezirksverwaltungen, sondern auch für Landesbetriebe wie die
Stadtreinigung oder die BVG, für Gerichte und Staatsanwaltschaften. Die
Vorgaben sollen, so die Idee der Neuerung, schon bei der Einladung von
Bewerbern berücksichtigt werden. Die Neufassung des Partizipationsgesetzes
sieht nach Angaben der Senatorin auch erstmals einen Beirat für Sinti und
Roma vor.
Als Breitenbach im Januar ihre Forderung nach einer Quote in dem seit
Längerem diskutierten Gesetz öffentlich machte, hatte Innensenator Andreas
Geisel (SPD) ablehnend reagiert und verfassungsrechtliche Bedenken
geäußert. Die Senatorin sprach nun von einem sehr guten Kompromiss, auch
wenn sie die Quote weiter rechtlich für möglich gehalten hätte. Die
rot-rot-grüne Koalition will aus dem Entwurf noch vor der Sommerpause ein
Gesetz machen, denn am 26. September ist Abgeordnetenhauswahl.
9 Mar 2021
## AUTOREN
DIR Stefan Alberti
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überfällig.
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Dienst? Dafür ist wohl eine Änderung der Landesverfassung nötig.