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       # taz.de -- Gentrifizierung in Bremen: Amt treibt Mieten in die Höhe
       
       > Beim Bremer Amt für Soziale Dienste kommt zur Berechnung des Unterhalts
       > für Kinder ein „Mietspiegel“ zum Einsatz. Dabei gibt es keinen
       > offiziellen.
       
   IMG Bild: Hier wird das Leben teurer: Häuser im Bremer Viertel
       
       Bremen taz | „Ich möchte nicht zur Gentrifizierung beitragen.“ Holger
       Wieland ist Vater und besitzt ein Haus im Bremer Viertel. Sein Sohn lebt
       den größten Teil der Woche bei seiner Mutter. Für ihn zahlt Wieland
       Unterhalt. Vor Monaten hat er einen Brief geschrieben, denn er ist nicht
       damit einverstanden, wie das Amt für Soziale Dienste (AfSD) diesen
       Unterhalt berechnet. Das Schreiben ging unter anderem an das AfSD.
       
       Um den Unterhalt für ein Kind festzusetzen, berücksichtigt das AfSD den
       Besitz des Unterhaltszahlers, wozu auch Immobilien gehören. Die Höhe der
       Zahlungen hängt von vielen Faktoren ab. Einer davon ist der potenziell
       erreichbare Quadratmeter-Preis, den ein*e Hausbesitzer*in bei
       Vermietung einnehmen könnte.
       
       Für eine Berechnung eignet sich der sogenannte „Mietspiegel“ einer Stadt.
       Der Mietspiegel schlüsselt offiziell den durchschnittlichen Kaltmietzins
       pro Quadratmeter Wohnfläche für Wohnungen unterschiedlichster Ausstattung
       und Lage in einer Stadt auf. Er dient oft als Begründungsmittel für
       Mieterhöhungen und wird von Städten in Zusammenarbeit mit Mieter- und
       Vermieterverbänden aufgestellt. Auch zur Berechnung der Höhe von
       Unterhaltszahlungen wird er herangezogen.
       
       Für Holger Wieland stellt das allerdings ein Problem dar: In Bremen gibt es
       [1][keinen offiziellen Mietspiegel], denn es gibt für Städte und Landkreise
       keine Verpflichtung, einen aufzustellen. Um nun den Unterhalt für Wielands
       Kind festzustellen, bedient sich das AfSD der Internetseite von immowelt.de
       und übernimmt dort sowohl den dort verwendeten Begriff „Mietspiegel“ als
       auch die dort angegebene erzielbare Miete auf dem Wohnungsmarkt.
       
       ## Die Mieten werden teurer
       
       Wieland sagt, in seinem Fall setze das AfSD einen
       Quadratmeter-Kaltmietepreis von 14,12 Euro ein. Das sei so nicht haltbar.
       „Ich wohne hier in meinem Haus und vermiete nur einen Teil“, sagt er. Bei
       den Räumen, die er tatsächlich vermiete, liege der Quadratmeterpreis
       allerdings nur bei etwa 8 Euro.
       
       „Durch diese Einstufung vom AfSD sehe ich mich gezwungen, schrittweise die
       Mieten im Haus auf 14 Euro pro Quadratmeter anzuheben. Das möchte ich
       nicht“, sagt er. Das AfSD leiste der Gentrifizierung im Bremer Viertel
       dadurch bewusst Vorschub. „Die Durchmischung des Quartiers geht weiter
       verloren, das finde ich sehr bedauernswert.“
       
       „Wenn es in einer Stadt keinen offiziellen Mietspiegel gibt, dann ist es
       üblich, die Daten solcher Seiten heranzuziehen“, sagt Bernd Schneider,
       Pressesprecher der Senatorin für Soziales, Anja Stahmann (Grüne). So stehe
       es auch in den Urteilen zum Unterhaltsrecht. Für das Bremer Viertel läge
       der Quadratmeterpreis zwischen 8 und 14 Euro. „Es kommt natürlich auf die
       Lage des Hauses an“, sagt Schneider.
       
       „Aber es wird eigentlich weder der niedrigste noch der höchste Wert
       herangezogen bei unseren Berechnungen hier in Bremen.“ Die Berechnung habe
       außerdem eine ganz grundsätzliche Funktion: „Bis zum Punkt, an dem der
       Mindestunterhalt gezahlt wird, wird der Unterhaltspflichtige dazu
       aufgefordert, sein Einkommen zu erhöhen – wie auch immer er das macht“,
       sagt Schneider.
       
       ## Frieden durch Mietspiegel?
       
       Möglicherweise würde ein offizieller Mietspiegel die Gemüter beruhigen, nur
       den gibt es in Bremen bisher nicht. „Es gibt durchaus Gründe dafür, dass
       kein Mietspiegel in Bremen erhoben wurde“, sagt Jens Tittmann, Sprecher der
       Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne). Ein Mitspiegel habe so seine Vor- und
       Nachteile: „Über Jahre können sich die Mieten in einem Viertel
       hochschaukeln, wenn immer der Mietspiegel als Referenz gilt“, so Tittmann.
       
       Aber er biete auch Schutz für Mieter. Momentan werde in Workshops und
       Arbeitsgruppen geprüft, ob Bremen daher doch einen Mietspiegel bekommen
       sollte. „Momentan sind wir da in der Entscheidungsfindung“, sagt Maike
       Schaefer. „Gemeinsam mit Experten, beispielsweise vom Deutschen Städtetag,
       prüfen wir das Für und Wider.“
       
       12 Mar 2021
       
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