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       # taz.de -- Nach dem Putsch in Myanmar: „Autopannen“ gegen das Militär
       
       > In Myanmars größter Stadt protestieren Zehntausende am 12. Tag gegen die
       > Militärherrschaft. Sie überraschen mit einer neuen Widerstandsform.
       
   IMG Bild: Kreativer Protest: In Myanmar setzte die Bewegung zuletzt auf liegengebliebene Pkws
       
       Beobachter:innen sind sich einig: Die Zahl der Zehntausende
       Demonstrant:innen in Yangon (Rangun), die am Mittwoch gegen die neue
       Militärherrschaft in Myanmar (Birma) protestiert hat, ist die höchste, seit
       die Generäle am Sonntag erstmals zur Einschüchterung Panzer in die frühere
       Hauptstadt geschickt hatten. In der Nacht waren bereits das dritte Mal in
       Folge [1][Internet und Mobilfunk abgeschaltet] worden.
       
       Beides soll die Menschen davon abhalten, weiter gegen den Militärputsch vom
       1. Februar zu protestieren. Am Montag und Dienstag waren dann auch die
       Massendemonstrationen kleiner geworden, im zentralen Mandalay und im
       nördlichen Myitkina war das Militär brutal gegen Demonstrierende
       vorgegangen. Doch zeigte der Mittwoch jetzt, dass die Massendemonstrationen
       auch nach 12 Tagen weitergehen und die Menschen sich nicht einschüchtern
       lassen. Vielen ist klar, was droht, sollten die Generäle an der Macht
       bleiben.
       
       Die Demonstrant:innen praktizierten jetzt erstmals eine neue
       Widerstandsform: Mit „Autopannen“ verursachten in Rangun Fahrer künstliche
       Verkehrsstaus. „Zufällig“ fallen dabei bei mehreren Fahrzeugen auf der
       Zufahrt einer strategischen Kreuzung gleichzeitig die Motoren aus. Die
       Fahrzeuge bleiben stehen, die Fahrer schalten Warnblinker ein und öffnen
       die Motorhauben. Schnell stockt der Verkehr, wie Bilder in den sozialen
       Medien zeigen. Viele der eingekeilten Fahrer finden das okay und
       [2][demonstrieren an Ort und Stelle.]
       
       Die künstlichen Staus sollen das öffentliche Leben lahmlegen, wie dies die
       Bewegung des zivilen Ungehorsams anstrebt. Sie sollen aber auch einen
       befürchteten Aufmarsch des Militärs erschweren. Gerüchten zufolge plant das
       Militär, Einheiten aus den Konfliktregionen des Landes nach Yangon zu
       schicken, um gegen die Proteste vorzugehen.
       
       ## Die Manöver der Generäle empören die Menschen
       
       Größere Proteste wurden am Mittwoch auch wieder aus Mandalay und der
       Hauptstadt Naypyidaw gemeldet. Die friedliche, aber entschlossene
       CDM-Kampagne hat das Militär überrascht und hindert die Generäle an einer
       schnellen Konsolidierung ihrer Macht. Viele Staatsangestellte weigern sich
       demonstrativ, für die illegale Militärregierung zu arbeiten.
       
       In Mandalay demonstrierten uniformierte Feuerwehrleute gegen das Militär,
       in Mawlamyine (Moumein) legten sich Bahnmitarbeiter auf die Gleise vor
       einen Zug nach Yangon, dort demonstrieren Fährschiffer mit Kapitänsmützen.
       Auch Bankfilialen müssen reihenweise schließen, weil Mitarbeiter:innen
       nicht zur Arbeit erscheinen. Längst funktioniert der elektronische
       Zahlungsverkehr nicht mehr. Vor Filialen der dem Militär gehörenden
       Myawaddy-Bank bilden sich Schlangen, weil Kunden dem Militär nicht mehr
       ihr Geld anvertrauen wollen.
       
       Das Militär hat in den vergangenen Tagen die Repressionen erhöht und
       zugleich ein fingiertes Verfahren gegen die gestürzte faktische
       Regierungschefin Aung San Suu Kyi eingeleitet, um diese unter einem Vorwand
       von der Politik ausschließen zu können. Die Manöver der Generäle sind allzu
       durchsichtig und empören die Menschen, gleichzeitig scheut das Militär
       angesichts der großen Proteste noch vor allzu massiver Gewalt zurück.
       
       Nach außen hin stellt sich nicht einmal China auf seine Seite. Der
       UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews,
       warnte das Militär vor einer aus der Vergangenheit bekannten Politik von
       „Morden, dem Verschwindenlassen von Menschen und Festnahmen in großem
       Ausmaß“. Bisher wurden nach Angaben von Menschenrechtlern rund 450 Personen
       verhaftet.
       
       17 Feb 2021
       
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