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       # taz.de -- Grün-Schwarz in Baden-Württemberg: Mehr bewahrt als verändert
       
       > Seit fünf Jahren arbeiten die Grünen in Baden-Württemberg mit der CDU
       > zusammen. Viele grüne Herzensprojekte blieben dabei auf der Strecke.
       
   IMG Bild: Kretschmann-Wahlplakat in Stuttgart: In dem grün-schwarzen Bündnis konnte vor allem die CDU punkten
       
       Karlsruhe taz | Wir machen mehr Klimaschutz und ein bisschen Verkehrswende
       und ihr dürft dafür die Polizei aufrüsten. So könnte man, etwas verknappt,
       das beschreiben, was Thomas Strobl und Winfried Kretschmann 2016 eine
       „Komplementär-Koalition“ getauft haben. Grün-Schwarz in Baden-Württemberg.
       Der Koalitionsvertrag der damals ungleichen Partner wirkte ein bisschen wie
       ein Stillhalteabkommen. Gemeinsame Reformprojekte suchte man vergeblich.
       
       Misst man fünf Jahr später die Erfolge der beiden Koalitionspartner auf
       ihren Gebieten, dann liegt die CDU mit ihren Lieblingsthemen wohl vorne.
       Gleich zwei Verschärfungen ließen die Grünen unter dem Eindruck von
       Terrorszenarien wie dem Anschlag auf den Breitscheidplatz in der Koalition
       passieren. Zudem erreichte Strobl eine Einstellungsoffensive, die die Zahl
       der Überstunden bei den Beamten abbauen helfen soll.
       
       Auch im [1][Wahlkampf] sieht die CDU die innere Sicherheit ungeachtet der
       niedrigen Kriminalitätsrate als Stimmenbringer an und plakatierte das oft
       parodierte Plakat: „CDU wählen, weil wir Verbrecher von heute mit der
       Ausrüstung von morgen jagen.“
       
       Die Grünen dagegen hatten einige Mühe, ihre Themen umzusetzen. Die CDU
       stellte sich bei der vereinbarten Reform des Wahlrechts am Ende quer. Wegen
       komplizierter Genehmigungsverfahren wurde die schon 2011 versprochene Quote
       von 10 Prozent Strom aus Windrädern bis heute nicht erreicht.
       
       ## Die Verkehrswende blieb aus
       
       Mit einer Solarpflicht auf Dächern von Gewerbegebäuden konnte immerhin die
       Photovoltaik entscheidend nach vorn gebracht werden. Allerdings verhinderte
       auch hier der Koalitionspartner, dass diese Pflicht auch für Privathäuser
       gilt.
       
       Immerhin ist es Kretschmann gelungen, eines der modernsten
       Artenschutzgesetze in Deutschland zu beschließen. Einen Erfolg gegen
       Pestizide und für mehr Schutzflächen für Insekten und Pflanzen, den auch
       die Umweltschutzverbände für wegweisend halten. Doch dies gelang nur, weil
       die Landesregierung durch ein Bienenvolksbegehren, das noch strengere
       Maßnahmen forderte, erheblich unter Druck stand.
       
       Wie mühsam das Reformgeschäft mit einem konservativen Koalitionspartner
       ist, hat auch der altgediente Verkehrspolitiker Winne Hermann erfahren.
       Zwar steckte er viel Geld in den Ausbau des Radwegenetzes und die Sanierung
       und Elektrifizierung von Bahnstrecken, doch eine echte Verkehrswende bleibt
       auch nach zehn Jahren grünen Regierens eine Utopie.
       
       „In der Schulpolitik sei es mit der SPD besser gelaufen als mit der CDU“,
       sagt selbst Winfried Kretschmann, der nicht als besonderer Freund der
       Sozialdemokraten gilt. Immerhin gab es damals mit der Einführung der
       Gemeinschaftsschulen ein gemeinsames Projekt. Mit denen hat die CDU zwar
       ihren Frieden gemacht, aber [2][Kultusministerin Susanne Eisenmann] hatte
       auch ohne das zeitweilige Schulchaos in der Pandemie wenige Erfolge
       vorzuweisen.
       
       ## Grüne Ernüchterung
       
       Die unbesetzten Lehrerstellen haben ihre Vorgänger zu verantworten. Auch
       die Elektronische Lehr- und Lern-Assistenz „Ella“ haben sie aufs Gleis
       gesetzt. Aber Eisenmann konnte sie nicht erfolgreich machen. Dabei wäre
       Ella als einheitliche Schulplattform mit dem Zugang zu einer zentralen
       Bibliothek und einem datengeschützten Austausch genau das richtige
       Instrument gewesen, um den Schulbetrieb in der Coronakrise
       aufrechtzuerhalten.
       
       Doch Ella konnte nie, was sie sollte, das Kultusministerium stoppte das
       Projekt und versenkte mindestens 8 Millionen Euro. Die Schulen müssen sich
       nun mit anderen Lösungen durch die Krise lavieren.
       
       Insgesamt bleibt eine gewisse Ernüchterung zurück, wenn man die Grünen nach
       der Bilanz der letzten sechs Jahre fragt. Ob die Genehmigung von Windrädern
       oder Tempolimits, die CDU sei in den vergangenen Jahren in der Klimapolitik
       ein Klotz am Bein gewesen, sagt der Chef der Landesgrünen, Oliver
       Hildenbrand.
       
       Er teilt mit Kretschmann zumindest in manchen Bereichen eine Sehnsucht nach
       den Sozialdemokraten als Regierungspartner. Ob Grün-Schwarz oder Ampel –
       die Umfragen deuten darauf hin, dass Kretschmann nach der bevorstehendes
       baden-württembergischen Landtagswahl am 14. März die Wahl hätte. Ausgang
       offen.
       
       24 Feb 2021
       
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