URI: 
       # taz.de -- Orthodoxe Kirche in Serbien: Jungbrunnen an der Spitze
       
       > Porfirije, der 60-jährige bisherige Metropolit von Zagreb und Ljubljana,
       > wird zum Patriarchen gewählt. Er steht Staatspräsident Aleksandar Vučić
       > nahe.
       
   IMG Bild: Porfirije wird neuer Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche
       
       Belgrad taz | Der Heilige Geist hat entschieden: Der 46. Patriarch der
       serbisch-orthodoxen Kirche wird der bisherige Metropolit von Zagreb und
       Ljubljana, Porfirije (60). Die Wahl am Donnerstag in der Domkirche des
       Heiligen Sava in Belgrad brachte schneller ein Ergebnis als erwartet. Zügig
       wählten die Bischöfe mit Stimmrecht in drei Wahlrunden drei ihrer
       Geistlichen und Amtsbrüder für die „apostolische Verlosung“. Darunter waren
       außer Porfirije auch der Bischof von Bačka, Irinej (74) und der Bischof von
       Banja Luka, Jefrem (77). Dann zog ein Mönch das Kuvert mit dem Namen des
       viel jüngeren Metropoliten. Die Domglocken läuteten um 16 Uhr zum Zeichen,
       dass die orthodoxen Serben [1][einen neuen obersten Hirten] bekommen
       hatten.
       
       „Ich bitte alle, für meine Wenigkeit zu beten, dass wir alle den Weg
       einschlagen, den unsere Vorfahren geebnet haben, und des himmlischen
       Reiches würdig werden“, lauteten die ersten an die Öffentlichkeit
       gerichteten Worte des frisch gekürten Patriarchen.
       
       Das Auswahlprozedere des serbischen Kirchenoberhauptes wurde von
       Spekulationen überschattet, ob das Regime versuchen würde, die Wahl eines
       regimekritischen Kandidaten für die „apostolische Verlosung“ zu verhindern
       und dem Heiligen Geist keinen politischen Spielraum zu lassen.
       
       Eine Einigung auf bestimmte Kandidaten fand anscheinend im luxuriösen Hotel
       „Moskva“ im Zentrum Belgrads statt, wo der einflussreiche Bischof Irinej,
       der geistliche Ziehvater von Porfirije, am Vorabend der Patriarchenwahl bei
       Kaffee und Kuchen für seine Kandidaten lobbyiert hatte. Anscheinend mit
       Erfolg. Alle drei Bischöfe, die sich für die Endrunde qualifizierten,
       gehören der gleichen dem [2][serbischen allmächtigen Staatspräsidenten
       Aleksandar Vučić] nahestehenden Fraktion an.
       
       ## Gute Zusammenarbeit
       
       Einige jüngere Mitglieder der orthodoxen Kirchengemeinschaft waren
       entgeistert wegen so viel offenkundiger Politik und so wenig Geistlichkeit
       bei der Wahl des Patriarchen. Das apostolische Los sollte theoretisch
       zwischen Kandidaten entscheiden, die aufgrund ihrer geistlichen und
       menschlichen Qualitäten für das Amt geeignet sind und nicht wegen
       weltlicher politischer Sympathien gewählt werden. Regimekritische Medien
       berichten, dass Präsident Vučić sich vom neuen Patriarchen eine gute
       Zusammenarbeit erwarten könne.
       
       Porfirije, geboren als Prvoslav Perić in einem kleinen Ort in der
       Vojvodina, unterrichtete als Nachfolger des berühmten serbischen
       Psychiaters Vladeta Jerotić an der Theologischen Fakultät in Belgrad das
       Fach „Psychologie des Hirten“. Er gründete eine bürgerliche Organisation
       für die „Resozialisierung von Opfern destruktiver Sekten und Kults“ sowie
       eine Stiftung, die begabte Schüler aus armen Familien fördert.
       
       Im Jahr 2005 ernannte ihn das Parlament zum Vertreter aller
       Glaubensgemeinschaften in Serbien im Rat für die Kontrolle elektronischer
       Medien. Die Heilige Synode vertraute ihm die Aufgabe an, den Weg für die
       Einführung des Priesterdienstes in der serbischen Armee zu ebnen. Zum
       Metropoliten von Zagreb und Ljubljana wurde er 2104 ernannt.
       
       Dem Mönchsorden trat Porfirije 1985 in dem im Kosovo liegenden
       mittelalterlichen serbisch-orthodoxen Kloster Visoki Dečani, der Wiege des
       Serbentums, bei. Manche Medien behaupten, dass er in der Kosovo-Frage
       moderater sei als viele orthodoxe Würdenträger, die die Unabhängigkeit des
       Kosovo als eine vorübergehende Okkupation der heiligen serbischen Erde
       betrachten.
       
       19 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Orthodoxe-Kirche-in-Serbien/!5753016
   DIR [2] /Parlamentswahl-in-Serbien/!5696652
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrej Ivanji
       
       ## TAGS
       
   DIR Serbien
   DIR Aleksandar Vucic
   DIR Orthodoxie
   DIR Bündnis 90/Die Grünen
   DIR Bischofskonferenz
   DIR Serbien
   DIR Protest
   DIR Schwerpunkt Coronavirus
   DIR Serbien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bürgermeisterwahl in Zagreb: Grüner Tomislav Tomašević gewinnt
       
       In der kroatischen Hauptstadt ist der Kandidat der links-grünen Koalition
       zum Bürgermeister gewählt worden. Er bekam mehr als 65 Prozent der Stimmen.
       
   DIR Deutsche Bischofskonferenz: Zum ersten Mal eine Frau
       
       Die Theologin Beate Gilles wird neue Generalsekretärin der deutschen
       Bischofskonferenz. Ein „starkes Zeichen“, findet der Vorsitzende der
       Männerrunde.
       
   DIR Orthodoxe Kirche in Serbien: Von Gnaden des Heiligen Geistes
       
       Am Donnerstag wird ein neuer Patriarch gewählt. Präsident Aleksandar Vučić
       lässt für seinen Wunschkandidaten massiv lobbyieren.
       
   DIR Proteste in Serbien: Ruhe nach dem ersten Tränengas
       
       Die Kundgebungen gegen Präsident Aleksandar Vučić dauern an, sind aber
       wieder friedlich. Doch der Unmut der jungen Menschen ist unberechenbar.
       
   DIR Nach erneuter Ausgangssperre: Schwere Ausschreitungen in Belgrad
       
       Tausende Menschen protestieren in Serbien gegen einen neuen Lockdown. Den
       hatte Präsident Vučić nach überstürzten Lockerungen angekündigt.
       
   DIR Parlamentswahl in Serbien: Vučić räumt ab
       
       Die Partei des serbischen Präsidenten erhält über 60 Prozent der Stimmen.
       Eine „echte“ Opposition ist nicht mehr im Parlament vertreten.