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       # taz.de -- Kürzung von Landwirtschaftssubventionen: Grüne kämpfen für Großagrarier
       
       > Landwirtschaftsminister der Partei fordern eine fast wirkungslose Kürzung
       > der Agrarsubventionen für Großbetriebe. Kleinbauern sind entsetzt.
       
   IMG Bild: Wer eh schon viele (Gurken)-Felder hat, bekommt mehr Subventionen als kleine Bauern: ein mit Einlegegurken voll beladener Anhänger auf einem Acker in Brandenburg
       
       Berlin taz | Einflussreiche grüne Agrarminister*innen wollen die
       wichtigste Subventionsart für sehr große [1][Landwirtschaft]sunternehmen
       kaum begrenzen. Das geht aus aktuellen Antworten der Ministerien von
       Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt auf Anfragen der taz hervor.
       Ähnlich hatten sich auch die anderen Agrarminister der Grünen im
       vergangenen Jahr in einem [2][Brief an die EU-Kommission] positioniert.
       
       Bisher wird der größte Batzen der jährlich rund 55 Milliarden Euro
       EU-Agrarsubventionen, die Direktzahlungen, pro Hektar landwirtschaftlicher
       Fläche berechnet: Betriebe mit viel Land bekommen mehr Geld vom Staat,
       obwohl sie ökonomische Größenvorteile haben. In Deutschland kassieren rund
       [3][1.200 große Betriebe] zusammen etwa so viele Direktzahlungen wie knapp
       200.000 kleine Höfe. Deshalb wollen sowohl das Parlament der Europäischen
       Union und als auch der Rat der Mitgliedstaaten den EU-Ländern erlauben, die
       Direktzahlungen über [4][60.000 Euro] pro Betrieb zu reduzieren
       („Degression“) und den Betrag über [5][100.000 Euro] zu streichen
       („Kappung“). Bund und Länder verhandeln gerade, wie sie das umsetzen
       wollen.
       
       Sachsens Ressortchef und Vorsitzender der Agrarministerkonferenz, Wolfram
       Günther, ließ der taz mitteilen: „Insbesondere arbeitsintensive
       Betriebsformen wie zum Beispiel Milchviehbetriebe müssen, egal welcher
       Größe, die Möglichkeit erhalten, ihre Lohnaufwendungen auf eine eventuelle
       Kappungs- oder Degressionsgrenze vollständig anzurechnen.“ Das hat einen
       simplen Grund: „Eine Kappung der Basisprämie bei 100.000 Euro je Betrieb
       ohne Berücksichtigung der Arbeitskosten würde in Sachsen über 400 Betriebe
       treffen“, so das Ministerium. Fast 50 Millionen Euro pro Jahr – rund 30
       Prozent aller Direktzahlungen in Sachsen – würden dem Bundesland
       verlorengehen. Denn es hat wie ganz Ostdeutschland aus historischen Gründen
       überdurchschnittlich große Betriebe. Rund 95 Prozent des bundesweit
       gekappten Geldes fiele im Osten an, so das Ministerium in Dresden. Würden
       alle Lohnkosten angerechnet, wären „deutlich“ weniger Betriebe betroffen,
       skizziert es seinen Ausweg, „in Sachsen würde diese Zahl fast gegen null
       gehen“. Sprich: Minister Günther will eine Kappung, die so gut wie keine
       Unternehmen betrifft. Fast alle Großbetriebe würden so viel Geld bekommen
       wie bisher.
       
       Auch in Brandenburg und Sachsen-Anhalt würden die Subventionen nur weniger
       Betriebe gekappt, wie die dortigen Ministerien der taz mitteilten. Sie
       schlossen sich der sächsischen Position an.
       
       Mit der Offenheit für eine fast wirkungslose Kappung wollen sie nun die
       Forderung von Bayern und Baden-Württemberg ausbremsen, dass der Aufschlag
       für die ersten Hektare jedes Hofs („Umverteilungsprämie“) erhöht wird. „Für
       Brandenburg ist eine Kappung einer weiteren Erhöhung der Umverteilung
       vorzuziehen“, sagte Silvia Bender, die Staatssekretärin des dortigen
       Agrarministers Axel Vogel der taz. Denn da Brandenburg vor allem große
       Betriebe hat, fließen über die Umverteilungsprämie laut Bender jährlich 18
       Millionen Euro Agrarsubventionen ab in Länder mit mehr kleineren Höfen.
       
       ## CDU und CSU für mehr Umverteilung
       
       Werden dagegen Direktzahlungen über 100.000 Euro gekappt, soll das gekürzte
       Geld im jeweiligen Bundesland bleiben. Darin sind sich so gut wie alle
       Agrarminister einig. Das betroffene Land soll die gekappten Mittel für die
       von den Grünen stets favorisierte zweite Säule der Agrarsubventionen
       ausgeben dürfen, also zum Beispiel für die Förderung der Biolandwirtschaft.
       Warum fordern die grünen Minister also nicht eine möglichst konsequente
       Kappung? „Die Betriebe sind aufgrund der in Brandenburg schwierigen
       Ertragslage noch auf Direktzahlungen angewiesen“, antwortet die
       Staatssekretärin.
       
       Dabei hatten die Grünen im EU-Parlament eine viel schärfere Kappung
       beantragt. Zu solchen Einwänden sagt Bender: „Uns Grünen geht es um eine
       Ökologisierung der europäischen Agrarpolitik. Größe allein kann nicht das
       Kriterium sein.“
       
       Selbst Bundesagrarministerin Julia Klöckner will kleinere Betriebe stärker
       subventionieren als ihre grünen AmtskollegInnen in Ostdeutschland. Die
       CDU-Politikerin lehnt zwar die Kappung ab. Sie ist aber ihrer Pressestelle
       zufolge der Auffassung, dass „das Instrument der Umverteilungsprämie weiter
       ausgebaut werden sollte“.
       
       Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die bei Grünen
       viel Gehör findet, kritisiert, dass die Minister der Partei bei der Kappung
       die Lohnkosten komplett anrechnen wollen. Die EU-Agrarpolitik ringe um
       gesellschaftliche Legitimation, so Phillip Brändle, Pressesprecher des
       Verbands. „Da ist es nicht vermittelbar zu sagen: Wir können 100 Prozent
       der Arbeitskosten staatlich fördern lassen.“
       
       25 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Landwirtschaft/!t5007831
   DIR [2] https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Ministerbrief-Zukunft-GAP-Mai2020.pdf
   DIR [3] https://www.maria-heubuch.eu/fileadmin/heubuch/pdf2019/Kurz-Studie_Direktzahlungen_GAP.pdf
   DIR [4] https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20201016IPR89542/a-greener-fairer-and-more-robust-eu-farm-policy
   DIR [5] https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-12148-2020-REV-1/en/pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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