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       # taz.de -- Digitales Theater für Schulen und Kitas: Die Matsch-Erforschung
       
       > Was Kinder interessiert, daran wollen Theaterpädagog*innen
       > anknüpfen. Das ist im Lockdown aber schwer, sagen zwei der Berliner
       > Schaubude.
       
   IMG Bild: Die Puppenspielerin Susanne Olbrich kommt als „Wackelzahnfee“ auf die Monitore der Laptops in den Notgruppen vieler Kitas
       
       [1][Die Theaterhäuser sind geschlossen]. Während manche Ensembles immerhin
       noch coronakonform proben, ist die Tätigkeit der [2][Jugendeinrichtungen
       der meisten Theate]r komplett heruntergefahren. In freien Institutionen wie
       etwa der Berliner Schaubude versuchen die Theaterpädagoginnen Susann
       Tamoszus und Franziska Burnay Pereira dennoch so viel Programm wie möglich
       für Kinder und Jugendlichen anzubieten.
       
       Und so erscheint die Puppenspielerin Susanne Olbrich als „Wackelzahnfee“
       auf den Monitoren der Laptops in den Notgruppen vieler Kitas sowie den
       elterlichen daheim. Olbrich tritt live in der Schaubude auf. Nur die
       Techniker*innen für Licht, Ton und Kamera sind anwesend.
       
       Theaterpädagogin Susann Tamoszus führt erst ein in den Livestream, übergibt
       dann an die Künstlerin und führt nach der Vorstellung noch ein kurzes
       Gespräch zur Inszenierung. „Unser Livestreamprogramm wird sehr gut
       angenommen. Es kommen jetzt auch Gruppen aus ganz anderen Stadtteilen“,
       erzählt Tamoszus der taz.
       
       [3][Das Format aus Livespiel] mit Einführung und Diskussion hat sich
       bewährt. Die Schaubude will das Digitalprogramm auch nach dem Lockdown
       beibehalten. Den beiden Theaterpädagoginnen sind aktuell aber auch enge
       Grenzen gesetzt. Gern würden sie bei den Künstler*innengesprächen die
       Kinder zu Wort kommen lassen.
       
       ## Das Dilemma des digitalen Pandemiealltags
       
       „Aber das geht nicht. [4][Videokonferenzplattformen wie Zoom] sind aufgrund
       von Sicherheitslücken vom Berliner Senat für Schulen und Kindergärten nicht
       zugelassen. Bei Jitsi ist die Übertragung nicht stabil. Und BigBlueButton
       bietet aufgrund der großen Nachfrage nur Slots von 60 Minuten an“,
       schildert Burnay Pereira das Dilemma. Eine Stunde sind zu wenig für
       Vorstellung und Nachgespräch. Das sind die kleinen Herausforderungen im
       digitalen Pandemiealltag.
       
       Viel härter trifft die Theaterpädagog*innen aber, dass der Kern ihrer
       Tätigkeit derzeit so gut wie nicht möglich ist. Denn der besteht eben nicht
       nur darin, Theaterbesuche zu flankieren, sondern den Kindern und
       Jugendlichen Raum für eigene ästhetische Erfahrungen zu geben. In Berlin
       existieren dafür die Programme TUSCH – Theater und Schule – sowie Tuki –
       Theater & Kita. Burnay Pereira betreut gerade eine
       Tuki-Forscher-Partnerschaft mit einer Kita in Prenzlauer Berg zum Thema
       Matsch.
       
       „Dazu bildet sich ein Forscherteam in der Gruppe. Es geht darum, was die
       Kinder interessiert. Ich gehe auf ihre Impulse ein und bereite daraus dann
       die nächsten Treffen vor. Es geht also gar nicht ohne Feedback. Genau das
       ist aber so schwierig momentan“, sagt sie. Natürlich weiß sie sich zu
       helfen, gibt Aufgaben per PDF, Audio oder Videoaufnahme. „Das ist unsere
       Forscherpost.“
       
       Mit der werden die Kinder zum Beispiel animiert, eigene Bilder vom
       Schlammspringer zu zeichnen. Das sind Fische, die im Schlamm von Flüssen
       leben, sich mit ihren besonders geformten Flossen aber auch springend am
       Ufer bewegen können.
       
       ## Von Matschforschern und Schlammspringern
       
       Die Matschforschergruppe ist zwar schon geübt in Mikrofonaufnahmen, sodass
       Burnay Pereira auf diese Art ein Feedback erhält, wie die Kinder solche
       Aufgaben fanden. Aber der gemeinsame kreative Moment lässt sich so nur
       schwer herstellen. Immerhin konnten im Herbst noch einzelne
       Schlammspringersessions im Außenbereich der Kita abgehalten werden.
       
       Bis zum Herbst kam auch Kollegin Susann Tamoszus noch in die
       Partnerschulen. „Ich hatte da Handwerkerstatus“, erzählt sie. Seit dem
       zweiten Lockdown ist aber selbst damit Schluss. Und statt gemeinsamer
       Erfahrungen wie Theaterproben oder Workshops zum Schöpfen von Papier kann
       auch sie nur Aufgaben in die Schule geben.
       
       „Da bekommen wir aber auch die Rückmeldung, dass es extrem schwierig ist.
       An den Schulen gibt es jeden Tag andere Gruppen, auch die Erzieherinnen
       wechseln. Es gibt einfach keine Kontinuität“, klagt Tamoszus. Wie Burnay
       Pereira und Tamoszus geht es vielen Kolleg*innen. Viele, die an den großen
       Häusern arbeiten, hat es noch schlimmer getroffen. Denn hier sind die AGs
       und Theaterjugendklubs komplett eingestellt. Dabei sind sie „ein
       außerschulischer Lernort“, wie Tamoszus betont.
       
       Daher setzt sich der Arbeitskreis Theaterpädagogik der Berliner Bühnen auch
       für eine Öffnungsperspektive ein. In einem Brief an die Senator*innen
       für Kultur und Bildung schlägt der Arbeitskreis vor, dass Vorstellungen für
       jeweils eine Schulklasse unter Pandemiebedingungen möglich sein sollten.
       Auch für die Aufnahme des Probebetriebs der Jugendensembles werben sie.
       
       Vorgeschlagen werden auch so sinnvolle Dinge wie ein Theaterbus, der
       Schulklassen sicher in die Theater transportieren soll sowie die
       Entwicklung einer digitalen Plattform, die von Schulen und Theater genutzt
       werden kann. Laut Tamoszus signalisierte [5][Kultursenator Lederer]
       Gesprächsbereitschaft. Bedauerlich ist allerdings, dass nicht schon längst
       vonseiten der Verwaltung Konzepte ausgearbeitet wurden, die dem
       außerschulischen Lernort Theater gerecht werden.
       
       26 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tom Mustroph
       
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